Kommentar: Unseren täglichen Daten-Skandal gib uns heute

von | 01.09.2013 | Tipps

Geheimdienste spionieren. Das war schon immer so. Aber dass Geheimdienste auch ganz normale Bürger ausschnüffeln, also Menschen wie du und ich, die gar nichts verbrochen haben, das ist neu. Und ständig enthüllt Whistleblower Edward Snowden neue schockierende Details.

Prism. Tempora. XKeyScore. Die Dimension der Schnüffelprogramme hinter den eher harmlos klingenden Projektnamen ist enorm. Für die Geheimdienste ist jeder potenziell verdächtig – jeder wird abgehört, belauscht, beobachtet. Im ganz großen Stil. Zwischen Freund und Feind wird da nicht unterschieden. Man muss es klar sagen: Das, was sich amerikanische und britische Geheimdienste da herausnehmen, ist unerhört. Eine Frechheit. Sie geben uns jeden Grund für Empörung und Protest.

Doch was macht die Bundesregierung, was macht die Politik? Duckt sich weg. Die Regierung versucht das Problem kleinzureden. Bundesinnenminister Friedrich verteidigt die Praktiken der Amerikaner. Ronald Profalla, der Bundesminister für besondere Aufgaben, erklärt die NSA-Affäre schlicht für beendet. Einfach so. Obwohl praktisch nichts aufgeklärt ist.

Ein Akt der Hilflosigkeit. Der Verzweiflung. Amerikaner und Briten mauern, sind nicht gerade auskunftsfreudig. Natürlich. Doch die Bundesregierung macht es ihnen auch leicht. Sie protestiert kaum hörbar. Den meisten in der Politik ist die Dimension des Skandals gar nicht klar. Es fehlt ihnen jedes Vorstellungsvermögen, worum es bei dem Datenskandal eigentlich geht.

Man kann Daten halt weder hören, noch sehen oder riechen. Datenspionage geschieht unsichtbar. Es gibt auch keine dramatischen Bilder: Die Journalisten zeigen Luftaufnahmen von den Bürogebäuden der Geheimdienste und bestenfalls mal ein paar blinkende Computerlampen. Mehr ist aber nicht möglich. Ohne Bilder, still oder bewegt, fehlt es den meisten an der nötigen Vorstellungskraft, was da eigentlich vor sich geht.

Bei den Bürgern ist das ähnlich. Die Sorge ist groß, nun im Internet ständig angehört und überwacht zu werden. Aber es ändert sich nicht viel – und nur die wenigsten protestieren, setzen Politik und Anbieter unter Druck. Nur wenige verschlüsseln ihre Daten, die meisten bleiben den amerikanischen Onlinediensten treu. Trotz allem. „Ich habe nichts zu verbergen“, hört man immer wieder. Eine fatale Fehleinschätzung der Situation, da durch die ungenierten Schnüffeleien im großen Stil Grundrechte verletzt werden. Und wer weiß, dass er ständig beobachtet wird, verhält sich anders. Das darf nicht sein. Und deshalb ist Nichtstun genau das Falsche.

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