Der Spion im Wohnzimmer: Indiskrete Smart-TVs

von | 01.02.2014 | Tipps

Sie stehen in immer mehr Wohnzimmern: Smart-TVs. Fernsehgeräte, die online gehen können, etwa um Programminformationen abzurufen oder Webinhalte anzuzeigen. Eigentlich eine praktische Sache, wenn man nicht extra zum Tablet oder Notebook greifen muss, wenn man auf der Fernsehcouch sitzend mal kurz ins Internet will. Neben ganz anderen Vorteilen, etwa dass man auf dem Fernseher auch Webinhalte anzeigen oder E-Mails checken kann. Doch jetzt haben Fachleute entdeckt, dass viele Smart-TVs äußerst indiskret sind. Sie versorgen Hersteller, Onlinedienste und Sender mit Daten, ohne dass die Fernsehzuschauer etwas davon wissen oder merken.

  • Die Fachzeitschrift c’t wirft Herstellern von Smart-TVs in der aktuellen Ausgabe vor, die Fernsehzuschauer auszuspionieren. Worum geht’s genau?

Die Experten bei der Fachzeitschrift haben mehrere Smart-TV-Modelle von allen großen Herstellern in einem Labor unter die Lupe genommen und genau untersucht, welche Daten die Fernsehgeräte übertragen – und zu welchen Anlässen. Das ist möglich, weil Smart-TVs per Kabel oder WLAN mit dem Internet verbunden werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen haben die Experten erstaunt, weil die Smart-TV-Geräte nicht nur dann online gehen und Daten ins Netz übertragen, wenn der Fernsehzuschauer aktiv das Internet nutzt – da kann man das erwarten –, sondern mitunter auch während man fernsieht, also ohne dass das Internet genutzt wird.

Und das macht natürlich skeptisch, da fragt man sich ja: Welche Daten werden da eigentlich ausgetauscht? Einige Geräte haben sogar im Ruhezustand Daten an die Hersteller übertragen. Welche Daten dort genau übertragen werden, können die Fachleute nicht sagen, nur dass Daten übertragen werden. Und das wirft natürlich Fragen auf. Übrigens haben das alle analysierten Geräte gemacht, von allen Herstellern. Hier werden die Hersteller erklären müssen, was denn da übertragen wird. Und warum.

  • Merkt der Fernsehnutzer etwas davon?

Nein, das ist das Tückische: Die Datenübertragung erfolgt lautlos, ohne dass man es bemerkt. Es wird auch nicht um Erlaubnis gefragt. Wenn das Smart-TV mit dem Internet verbunden wird, passiert es.

 

 

  • Konkret kritisiert wird vor allem die HbbTV-Funktion im Smart-TV. Wieso?

Bei HbbTV können Fernsehzuschauer sich parallel zum Programm Informationen des jeweiligen Senders anzeigen lassen, so ähnlich wie bei Videotext, nur sehr viel komfortabler, auch mit Bildern und Multimedia-Inhalten. Viele Mediatheken, auch der ARD, lassen sich so nutzen. Die Daten kommen aus dem Internet, so ähnlich wie beim Surfen im Web.

Jetzt das Interessante: Fernsehsender können im digitalen Fernsehsignal angeben, welche Webseite das Fernsehgerät aufrufen soll, sobald der Zuschauer das jeweilige Programm anwählt. Das Smart-TV überträgt also schon beim Zappen einige Daten an den Server des jeweiligen Senders, neben der IP-Adresse zum Beispiel auch den Zeitpunkt des Programmwechsels. Diese Daten erlauben es ohne weiteres, den Fernsehzuschauer wiederzuerkennen, sofern die Sender die IP-Adresse nicht verkürzt speichern.

 

  • Das provoziert natürlich die Frage: Ist das denn erlaubt?

Schon das Übertragen der Daten ohne konkretes Einverständnis halten Datenschützer für bedenklich, eben weil die Zustimmung dafür fehlt und die Daten ausreichen könnten, um einen Zuschauer konkret zu identifizieren. Das gilt erst recht für den Fall, wenn ein Sender auch noch Cookies im Smart-TV erstellt, um das Tracking zu verbessern, also den Zuschauer besser überwachen zu können. Einige private Fernsehsender nutzen sogar den Analysedienst Google Analytics, um den Zuschauer zu tracken. Das bedeutet, dass neben dem Hersteller des Geräts und dem Sender auch noch Google mit Daten über das Sehverhalten versorgt wird. Das kritisieren die Experten ausdrücklich.

 

  • Kann man denn etwas dagegen unternehmen?

Die Experten der c’t raten, die HbbTV-Erweiterung im Gerät abzuschalten, denn dann findet die automatische Versorgung der Sender mit Daten nicht mehr statt. Man kann aber trotzdem die Funktionen von HbbTV nutzen. Die c’t hat extra eine Portalseite für Smart-TV-Nutzer erstellt, die speichert man als Bookmark im SmartTV und erreicht darüber die HbbTV-Angebote der Sender, ohne dass die beim normalen Fernsehen mit Infos versorgt werden. Eine gute Lösung für den Moment.

 

  • Darüber hinaus kritisieren die Experten aber auch noch Sicherheitslecks. Welche Probleme können da entstehen?

In der Tat: Die Verschlüsselung lässt in vielen Smart-TV-Geräten zu wünschen übrig. Sie ist schlecht gelöst. Mit wenig Aufwand lassen sich sensible Daten mitlesen, etwa Zugangsdaten zu Filmportalen wie Lovefilm oder Maxdome. Mit diesen Zugangsdaten könnte man dann auf anderen Geräten kostenlos Filme aus dem Netz laden. Bei Lovefilm ist es noch krasser: Hier werden oft dieselben Zugangsdaten verwendet wie beim Amazon-Konto.

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