Anti Social: Was passiert, wenn man nirgendwo online ist

von | 23.11.2017 | Kurios

Der soziale Druck nimmt erkennbar zu, in Sozialen Netzwerken präsemt zu sein. Ganz ohne WhatsApp, Facebook, Twitter oder Instagram? Das kann heutzutage zu Missrtrauen führen, wie ein satirisches Video deutlich macht. Doch die Satire hat einen sehr wahren Kern.

Frau trifft Mann. Die beiden unterhalten sich. Verstehen sich. Scherzen. Lachen. Da greift die junge Blondine routiniert zum Smartphone: Das wohl unvermeidliche Selfie muss her. Denn was nicht fotografisch festgehalten ist, hat nicht stattgefunden. „Ich tagge Dich!“, sagt sie – und sucht nach ihrem neuen Freund in Facebook. Findet ihn aber nicht.

„Ich bin nicht bei Facebook“, sagt der Mann, zückt sein Uralt-Handy aus der Tasche und zeigt es her. „Ich meide Social Networks“, murmelt er ernst. Die Frau ist schockstarr, schlägt ängstlich das Handy weg, als wäre es vergiftet. Ein Albtraum beginnt – auf wen hat sie sich da nur eingelassen?

Von wegen Satire: In Wirklichkeit schlimmer

Eine gelungene Satire, dieses Kurzvideo „Anti Social“ von Comic Relief auf YouTube. Doch leider ist die Satire nicht sonderlich übertrieben. „Wem soll ich denn davon erzählen, wenn ich einen Gedanken habe, eine Idee, eine Meinung?“, fragt die durch und durch verunsicherte junge Frau ihren neuen Freund. „Einfach der Dir am nächsten stehenden Person“, antwortet der Freund. Hysterische Aufregung im Freundinnenkreis, weil es über jemanden nichts, aber auch rein gar nichts im Netz zu finden gibt.

So weit sind wir heute tatsächlich: Wer keine Spuren im Netz hinterlässt, ist ein Geist. Existiert nicht. Aus einer anfangs verrückten Besonderheit, nämlich seine Befindlichkeiten in Sozialen Netzwerken zu posten, ist heute fast schon erste Bürgerpflicht geworden.

Wer sich nicht in Sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, Pinterest und Co. tummelt, dort nicht präsent ist, macht sich sogar verdächtig. Mitunter werden Menschen, die bewusst auf Facebook und Co. verzichten, bereits als Sozial-Phobiker eingestuft. Als Phobiker. Unfassbar.

Wer sich versteckt, macht sich verdächtig

Mehr als zwei Milliarden Menschen sind mittlerweile bei Facebook aktiv. Wäre Facebook ein Land, wäre es das mit Abstand bevölkerungsreichste Land der Welt. Obwohl es so viele Menschen sind, die hier „leben“, kennt der Obermonarch Mark Zuckerberg jeden einzelnen seiner Untertanen besser als ihn seine Freunde und Verwandten kennen.

So ist das in Sozialen Netzwerken. Man teilt. Und wer nicht teilt, der stört – oder hat etwas zu verbergen. Das erinnert ein bisschen an den Roman The Circle. Aber selbst diese Dystopie ist von der Gegenwart nahezu eingeholt, wenn nicht sogar bereits übertroffen worden.

Wir sind gut beraten, das Kurzvideo auf uns wirken zu lassen. Die Macht der Sozialen Netzwerke nimmt immer weiter zu. Die Betreiber wissen fast alles über uns – und können darüber hinaus auch alles bestimmen: Sie entscheiden, was sichtbar ist und was nicht, was die Filterblase nach oben spült und was in den Orkus zieht. Die Betreiber haben enormen Einfluss darauf, wie wir die Welt sehen – und verdienen auch noch kräftig daran.

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