Mechanical Turk: Arbeitskräfte per Klick beauftragen

Amazon bietet nicht nur Server, Speicherplatz und Datenbanken in der Cloud an, sondern mit „Mechanical Turk“ auch eine Plattform für die Vermittlung von günstigen Arbeitskräften aus aller Welt. Hier können Firmen Minijobs beauftragen – ohne Verpflichtungen eingehen zu müssen.

Aber wie funktionieren Angebote wie Mechanical Turk eigentlich? Die angesehene Journalistin Laura Meschede wollte es genau wissen und hat wochenlang als „Clickworkerin“ bei Mechanical Turk gearbeitet.

Mechanical Turk ist ein Onlineportal, auf dem Firmen Aufgaben einstellen (Microjobs), die sich innerhalb weniger Minuten erledigen lassen. Zum Beispiel Kassenzettel abtippen: Für jeden erfolgreich abgetippten Kassenzettel bekommen die Clickworker/innen 0,03 Dollar.

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Aufgaben erledigen, für die Computer zu dumm sind

Laura Meschede braucht keinen schlecht bezahlten Nebenjob, sondern sie wollte herausfinden, wie das bei Amazons Jobvermittlung eigentlich funktioniert. Normalerweise kann man bei Amazon Server, Speicherplatz oder Datenbanken buchen. Über Mechanical Turk Arbeitskräfte. Rund 500.000 Menschen sollen weltweit für Mechanical Turk arbeiten. Sie stehen in Konkurrenz zueinander, denn je mehr bereit sind, die Aufgabe zu erledigen, desto günstiger wird es für die Auftraggeber.

Erledigt werden Aufgaben, für die Computer zu dumm sind – oder deren technische Umsetzung zu aufwändig wäre. Im Grunde simuliert Mechanical Turk Künstliche Intelligenz, Das Abtippen von Kassenzetteln oder Texten ist so eine Aufgabe. Gezahlt wird 1 Cent bis 3 Dollar, je nach Schweregrad. Unabhängig davon, wie lange die Arbeiter dafür tatsächlich gebraucht haben.

Komplette Entfremdung: Was mache ich da eigentlich?

Eine andere typische Aufgabe, die auch Laura bewältigt hat: Sie sieht ein Video, aus einem fahrenden Auto aufgenommen. Der Blick nach vorne gerichtet, auf die Straße. Die Clickworkerin soll das Video stoppen, wenn sich eine Person auf die Straße bewegt und so zum Hindernis für das Auto zu werden droht.

Doch wozu das alles? Welchem Zweck dient es? Die Clickworkerin weiß es nicht, Vermutlich wird hier ein KI-System für autonome Fahrzeuge trainiert. Vielleicht aber auch ein Killer-Automat fürs Militär.

Eine extrem entfremdete Arbeit, weil die Arbeiterinnen und Arbeiter noch nicht einmal wissen, was sie da machen. Ganz zu schweigen von den Arbeitsbedingungen: Bei einer Entlohnung von 1 Cent bis 3 Dollar pro Arbeitseinheit wird man wohl kaum reich.

Eine moderne Form der Ausbeutung. Die Arbeiter sind außerdem keine Mitarbeiter. Werden sie krank – ihr Problem. Urlaub? Unbezahlt. Gibt es ein technisches Problem und nach einer Stunde Arbeit bricht alles zusammen – ihr Problem.

„Elastic Workforce“ nennt Amazon das im hochpolierten Marketing-Englisch. Faktisch ist es so: Bei Amazon kann man Server mieten, so groß, so schnell und so leistungsfähig, wie man sie eben braucht. Auf Stundenbasis. Nach demselben Prinzip wird die „Workforce“ Hunderttausender Menschen – vor allem aus Asien – verhökert. Sie dürfen schuften, haben aber keine Rechte. Ein abstoßendes Konzept.

 

 

 

 

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