Studie: Was Google mit journalistischem Content verdient

von | 04.07.2019 | Digital

Eine aktuelle Studie belegt: Google verdient nur extrem wenig an journalistischen Inhalten. Denn lediglich 0,25% der bezahlten Keywords/Suchbegriffe haben eine journalistische Relevanz.

Als vor einigen Wochen so leidenschaftlich über die EU-Urheberrechtsreform diskutiert wurde, ging es vor allem um die befürchteten Upload-Filter. Dabei hat die EU-Reform noch etwas Anderes gebracht: das Leistungsschutzrecht für ganz Europa. Google und andere Suchmaschinen sollen dafür bezahlen, wenn sie in Suchergebnissen Überschriften oder kurze Teaser präsentieren.

Auch dieses Leistungsschutzrecht ist äußerst umstritten. Unser Netzdenker Jörg Schieb ist nun auf eine interessante Studie gestoßen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Die Studie räumt auf mit der ständig wiederholten Behauptung, Google würde mit journalistischen Inhalten viel Geld verdienen.

Was soll das Leistungsschutztrecht?

Das Leistungsschutzrecht soll das geistige Eigentum von Autoren und Verlagen besser schützen. Das Argument: Suchmaschinen wie Google würden Unsummen damit verdienen, dass sie verlegerische Inhalte im Netz indexieren und in Suchergebnissen präsentieren, also nutzen – ohne die Verlage an den Einnahmen zu beteiligen.

In der Tat erscheinen bei einer Suche bei Google natürlich auch aktuelle Artikel. Das Leistungsschutzrecht schränkt das ein: Suchmaschinen dürfen nur noch einzelne Wörter präsentieren, anderenfalls müssen sie eine Abgabe zahlen. In Spanien und Deutschland gibt es das Leistungsschutzrecht schon – allerdings ohne dass Geld an die Verlage gezahlt wird. Wegen Sondervereinbarungen.

Wie viel verdienen Suchmaschinen an journalistischen Inhalten?

Konkret kann das nur Google beantworten. Aber Unsummen dürften es eher nicht sein. Denn Google News – der Suchbereich von Google, in dem man ausschließlich redaktionelle Texte präsentiert bekommt –, gibt es gar keine Werbung. Hier sucht man werbefrei – also ohne Umsatz. In der regulären Suche gibt es Werbung – aber eben nicht nur redaktionelle Inhalte.

Das Bonner Unternehmen Sistrix ist spezialisiert darauf, genau zu untersuchen, was im Web los ist: Welche Webseiten laufen gut, nach welchen Begriffen wird gesucht, was klicken die Leute an, wie wertvoll sind einzelne „Keywords“ in den Suchmaschinen? So etwas weiß Sistrix besser als nahezu jedes andere Unternehmen in der Welt.

Die Firma bietet Werkzeuge für SEO an (Search Engine Optimization = Suchmaschinenoptimierung). Da ist es extrem wichtig, so etwas zu wissen. Sistrix hat konkret untersucht, welche Relevanz journalistische Inhalte eigentlichim Netz  haben: Wie oft wird danach gesucht, wie oft tauchen journalistische Inhalte in Suchergebnissen auf – und was kann Google damit verdienen.

Die Rolle journalistischer Inhalte

Knapp 8% aller Suchtreffer bei Google verweisen auf journalistische Domains – also auf die Angebote von Zeitungen, Sendern, Magazinen, Blogs. Das ist gar nicht wenig. Doch lediglich 4,6% der eingetippten Suchbegriffe sind journalistisch geprägt. Das ist schon wenig. Nur jede 25. Anfrage bei Google hat also im weitesten Sinne etwas mit Inhalten zu tun, mit denen sich Redaktionen und journalistische Inhalte beschäftigen.

Doch nun kommt der wirklich erstaunliche Information: Nur 0,25% aller Suchbegriff sind kommerziell relevant. Bedeutet: Nur bei einer von 400 Anfragen kann Google bezahlte Anzeigen präsentieren. Auf Keywords/Schlüselwörter mit redaktioneller Relevanz wird nicht geboten. Anzeigenkunden bezahlen dafür nicht.

Aber wenn ich „Angela Merkel“ eingebe oder „EU-Ratspräsident“, dann bekomme ich doch Tausende von Artikel gezeigt.

Keine Frage: Das ist so. Aber: Man wird dort keine bezahlten Anzeigen finden. Denn wer will darauf bieten? Was will man verkaufen, wenn man nach „Angela Merkel“ sucht? Es gibt ja nicht mal ein Buch von ihr… Die Suchseite ist komplett werbefrei. Man müsste schon „Angela Merkel T-Shirt“ eingeben, wenn man ein Fan-T-Shirt haben will – dann erscheinen Anzeigen von T-Shirt-Shops. Aber nicht wegen des Schlüsselworts „Merkel“, sondern wegen „T-Shirt“.

Was bedeutet das nun für das Leistungsschutzrecht?

Das bedeutet: Die Verlage überschätzen in diesem Punkt ihre Bedeutung hemmungslos. Google verdient viel Geld, aber ganz sicher nicht wegen redaktioneller Inhalte. Google könnte auf diese 0,25% Umsatz mühelos verzichten.

Wenn man bei Google einen Hebel umlegt und alle journalistischen Inhalte bei Google verschwinden, kostet das Google praktisch Null Umsatz. Die redaktionellen Webseiten hingegen würden deutlich weniger Besucher bekommen. Das macht eindrucksvoll deutlich, was für ein Popanz da aufgebaut wurde. Das Leistungsschutzrecht ist überflüssig wie ein Kropf und vollkommen sinnlos.