NetzDG hat keine abschreckende Wirkung

von | 05.10.2018 | Internet

Ein Jahr Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) – und man hört keinen einzigen Politiker jubeln, keinen Verband schimpfen. Kein gutes Zeichen. Eher ein Zeichen dafür, dass man gut auf das NetzDG hätte verzichten können. Aber was denkt Netzaktivist und re:publica-Gründer Markus Beckedahl über die Auswirkungen des Gesetz? Ich habe mit ihm gesprochen.

Seit einem Jahr gibt es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Facebook und Co. müssen sich mehr anstrengen, zeitnah „offensichtlich gesetzwidrige“ Kommentare etwa mit Hass und Hetze aus dem Netz zu entfernen. Aber gelingt das auch? Da keine offiziellen Statistiken erhoben werden, ist das schwer zu sagen. Die Sozialen Netzwerke sind nach wie vor kein besonders angenehmer Ort.

Weniger legale Inhalte entfernt als befürchtet

Aber wie bewerte Netzaktivisten das Gesetz und die Entwicklung? Ich habe deshalb ein Gespräch mit Markus Beckedahl geführt (das ganze Gespräch unten im Video), der mit der re:publica eine der wichtigsten Plattformen für solche Themen gegründet hat. Markus meint: Die Befürchtungen, dass durch das NetzDG massenweise legale Inhalte geblockt, gesperrt oder gelöscht würden, hat sich nicht bewahrheitet. Hier waren viele wohl doch eher zu pessimistisch.

Klar, Fälle wie das geblockte Facebook-Konto von Barbara hat es gegeben. Aber das waren Einzelfälle. Problematischer findet Markus, dass nicht Gerichte entscheiden, was aus dem Netz entfernt gehört, sondern private Unternehmen – und hier deren Mitarbeiter. „Es fehlt völlig an Transparenz“, empört sich Markus Beckedahl. Wenn etwas gesperrt wird, erfährt man es nicht. Es gibt auch keinen offiziellen Beschwerdeweg.

Markus Beckedahl im Gespräch: Unternehmen wir genug gegen Hass, Hetze und Fake-News?

Beckedahl: Mehr Täter vor Gericht bringen

Das ist schon bedenklich. Doch dann spricht Markus noch einen wichtigen Aspekt an: Es gibt keine abschreckende Wirkung. Wenn das Schlimmste, das jemand befürchten muss, der Hass und Hetze in Sozialen Netzwerken verbreitet, ist, dass ein Content Manager bei Facebook seinen Post sperrt, dann hat er nichts zu befürchten. Das ist doch eher eine Einladung, die Grenzen auszutesten.

Markus Beckedahl schlägt vor, jeden einzelnen Fall zur Anzeige und somit vor Gericht zu bringen. In einer idealen Welt wäre das sicher wünschenswert – und es hätte zweifellso abschreckende Wirkung. Allerdings dürfte das Polizei, Behörden und Justiz hoffnungslos überlasten. Sie sind jetzt schon überlastet. Gendau das dürfte der Grund sein, wieso es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gibt.

 

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