Seit 2021 kreisen Elon Musks Starlink-Satelliten auch über Deutschland und versprechen schnelles Internet aus dem All – überall verfügbar, ohne Kabel, ohne Warten auf den Techniker. Klingt verlockend, oder? Doch eine aktuelle Studie der Technischen Hochschule Mittelhessen zeigt: Die Realität sieht anders aus. Satelliten-Internet bleibt eine Nischenlösung. Wir schauen uns an, wann Starlink Sinn macht und wo Glasfaser die Nase vorn hat.
Das Versprechen: Internet aus dem Orbit
Die Idee hinter Starlink fasziniert: Über 6.700 Satelliten umkreisen die Erde in niedrigen Umlaufbahnen und funken Internet nach unten. Du brauchst nur eine Satellitenschüssel mit freier Sicht zum Himmel, Strom – und schon bist du online. Keine Abhängigkeit von Mobilfunkmasten oder Kabeln im Boden. SpaceX plant sogar, das Netz auf bis zu 42.000 Satelliten auszubauen, obwohl die US-Behörden bisher nur 12.000 genehmigt haben.
Die Installation ist tatsächlich kinderleicht: Schüssel aufstellen, einstecken, fertig. Ein Elektromotor richtet die Antenne automatisch aus, und nach wenigen Minuten steht die Verbindung. Keine komplizierten Login-Daten, kein stundenlanges Warten auf den Installateur. Für Nutzer in Gebieten ohne DSL oder Glasfaser klingt das wie ein Traum.

Die Praxis: Wo Starlink glänzt
In Tests erreicht Starlink beachtliche Werte: Download-Geschwindigkeiten zwischen 100 und 240 Mbit/s sind möglich, im Upload schafft das System 10 bis 21 Mbit/s. Für Satelliteninternet sind das hervorragende Zahlen – deutlich besser als die 15 Mbit/s, die im deutschen Durchschnitt ankommen. Die Latenz liegt bei 40 bis 50 Millisekunden, was für die meisten Anwendungen völlig ausreichend ist. Videokonferenzen laufen flüssig, Streaming funktioniert problemlos.
Kostenmäßig bewegt sich Starlink im normalen Rahmen: Die monatliche Gebühr liegt zwischen 29 und 50 Euro für Privathaushalte – vergleichbar mit klassischen Festnetzangeboten. Der Haken: Die Hardware kostet einmalig 349 Euro plus 20 Euro Versand. Immerhin gibt es eine 30-tägige Testphase mit Geld-zurück-Garantie, falls die Verbindung am eigenen Standort nicht überzeugt.
Die Grenzen: Warum Glasfaser gewinnt
Die vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) in Auftrag gegebene Studie rechnet vor: Mit der aktuellen Satellitenzahl kann Starlink in Deutschland gerade mal 200.000 Haushalte mit 100 Mbit/s versorgen – oder nur 20.000 Haushalte mit 1 Gbit/s. Selbst im optimistischen Endausbau mit 42.000 Satelliten würden nur 13 Millionen Haushalte mit 100 Mbit/s auskommen. Deutschland hat aber über 41 Millionen Haushalte. Die Kapazität reicht schlicht nicht für eine flächendeckende Versorgung.
Beim direkten Vergleich zeigt sich: Glasfaser schlägt Satelliten-Internet in fast jeder Kategorie. Die Latenz beträgt bei Glasfaser nur 2 bis 10 Millisekunden statt 40 bis 50. Das macht sich beim Gaming oder bei zeitkritischen Anwendungen bemerkbar. Die Stabilität ist ein weiterer Knackpunkt: Bäume, Gebäude oder schlechtes Wetter können das Starlink-Signal stören. Glasfaser läuft dagegen konstant zuverlässig – egal bei welchem Wetter.
Der Stromfresser am Dach
Ein oft übersehener Aspekt ist der Energiehunger: Die Starlink-Antenne zieht permanent 50 bis 100 Watt aus der Steckdose. Ein Glasfasermodem begnügt sich mit 2,3 bis 3 Watt, selbst mit aktivem WLAN sind es nur 9 bis 10 Watt. Hochgerechnet bedeutet das: Aus 50 Euro monatlicher Grundgebühr werden schnell 65 Euro, wenn du den Stromverbrauch einrechnest. Bei steigenden Energiepreisen fällt dieser Unterschied immer mehr ins Gewicht.
Hinzu kommt die Installation: Während ihr in Mietwohnungen oder Mehrfamilienhäusern für eine Satellitenschüssel auf dem Dach die Zustimmung des Vermieters oder der Eigentümergemeinschaft braucht, ist ein Glasfaseranschluss meist unkomplizierter zu realisieren. Die meisten Deutschen wohnen in Mehrfamilienhäusern – für die ist Starlink praktisch keine Option.

Wann Starlink trotzdem Sinn macht
Professor Kristof Obermann, der die Studie leitete, bringt es auf den Punkt: „Internet per Satellit ist aktuell keine echte Konkurrenz zu Glasfaser und 5G. In der Fläche führt kein Weg am Glasfaserausbau vorbei.“ Aber – und das ist entscheidend – es gibt Ausnahmen.
In wirklich abgelegenen Regionen, wo Glasfaser wirtschaftlich kaum zu verlegen ist und LTE nur im Schneckentempo funktioniert, spielt Starlink seine Stärken aus. Für ein Ferienhaus im Wald, ein Gartengrundstück ohne Anschluss oder Gegenden, wo der Glasfaserausbau noch Jahre entfernt ist, bietet die Satellitenlösung echte digitale Teilhabe. Auch für Camper oder mobile Anwendungen ist das System praktisch – schließlich lässt sich die Schüssel überallhin mitnehmen.
Ausblick: Direct-to-Cell als Game Changer?
Interessant wird es bei Starlinks „Direct-to-Cell“-Technologie: Künftig sollen normale Smartphones direkt über Satelliten ins Netz kommen – ohne spezielle Hardware. Die Datenraten bleiben zwar begrenzt, aber für Funklöcher auf dem Land oder in Notfällen könnte diese Technik tatsächlich eine Basisversorgung sicherstellen. Eine Kooperation mit T-Mobile und Apple läuft bereits.
Fazit: Ergänzung statt Ersatz
Starlink ist kein Glasfaser-Killer. Die Technik funktioniert zuverlässig und bietet beeindruckende Geschwindigkeiten – für Satelliteninternet. Aber sie bleibt eine Übergangslösung für Sonderfälle. Wo Glasfaser verfügbar ist oder in absehbarer Zeit kommt, führt kein Weg daran vorbei: schneller, stabiler, sparsamer, zukunftssicherer.
Die Zahlen sprechen für sich: Glasfaser schafft Multi-Gigabit-Geschwindigkeiten bei minimaler Latenz und Energieverbrauch. Starlink kann maximal einige hunderttausend Haushalte mit vernünftigen Geschwindigkeiten versorgen. Für die breite Masse ist das System schlicht zu begrenzt.
Aber für die digitale Teilhabe in wirklich unterversorgten Gebieten leistet Starlink einen wertvollen Dienst. Wer seit Jahren auf schnelles Internet wartet und keine Alternative hat, findet hier eine funktionierende Lösung. Nur sollte man sich bewusst sein: Es ist Plan B, nicht Plan A. Sobald die Glasfaser vor der Tür liegt, lohnt der Wechsel – auch finanziell.