EU-Kommission will Datenschutz lockern: Was der „Digitale Omnibus“ für uns bedeutet

von | 20.11.2025 | Digital

Die EU-Kommission plant eine umfassende Lockerung des Datenschutzes – und das, obwohl die DSGVO gerade erst seit wenigen Jahren in Kraft ist. Der sogenannte „Digitale Omnibus“ soll zahlreiche Regelungen vereinfachen und Unternehmen entlasten. Doch was steckt wirklich dahinter, und was bedeutet das für uns als Nutzer?

Ein ganzes Paket voller Änderungen

Der Begriff „Omnibus“ ist im EU-Jargon durchaus gebräuchlich: Es handelt sich um ein Gesetzespaket, das gleich mehrere Regelungen auf einmal ändert. Der Digitale Omnibus nimmt sich insgesamt 17 verschiedene EU-Verordnungen vor – von der DSGVO über den Digital Services Act bis hin zum AI Act. Ein ziemlich großer Wurf also.

Die Kommission argumentiert, dass europäische Unternehmen – besonders kleine und mittlere – unter der aktuellen Regelungsdichte leiden. Die Bürokratie sei zu komplex, die Anforderungen zu hoch. Mit den Lockerungen will Brüssel die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft stärken. Ein nachvollziehbares Anliegen, keine Frage.

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Was sich konkret ändern soll

Bei der DSGVO geht es vor allem um Vereinfachungen für kleinere Unternehmen. Wer weniger als 250 Mitarbeiter hat, soll künftig von einigen Dokumentationspflichten befreit werden. Das klingt erstmal vernünftig – schließlich kann es für einen Handwerksbetrieb tatsächlich unverhältnismäßig aufwendig sein, sämtliche DSGVO-Anforderungen detailliert zu erfüllen.

Kritisch wird es aber bei den Details: Die Kommission möchte auch die Regelungen für „berechtigtes Interesse“ aufweichen. Das berechtigte Interesse ist eine der Rechtsgrundlagen, auf die sich Unternehmen berufen können, um Daten zu verarbeiten – auch ohne explizite Einwilligung der Nutzer. Wenn diese Hürde niedriger wird, könnten Unternehmen künftig deutlich freier mit unseren Daten umgehen.

Der Datenschutz als Innovationsbremse?

Die Kommission argumentiert, dass strenge Datenschutzregeln Innovation behindern. Gerade im Bereich Künstliche Intelligenz brauche man Zugang zu großen Datenmengen. Die europäische KI-Entwicklung dürfe nicht hinter die USA oder China zurückfallen.

Das ist ein Argument, das wir in den letzten Jahren immer wieder hören. Aber ist es wirklich so? Datenschutz und Innovation müssen sich nicht ausschließen. Im Gegenteil: Viele erfolgreiche europäische Tech-Unternehmen haben gerade ihre Datenschutz-Compliance als Verkaufsargument genutzt. Privacy by Design ist kein Hindernis, sondern kann ein echter Wettbewerbsvorteil sein.

Cookies werden auf der Festplatte, aber auch im Speicher von Mobilgeräten gespeichert (Symbolhaft)
Cookies werden auf der Festplatte, aber auch im Speicher von Mobilgeräten gespeichert (Symbolhaft)

Kritik von Datenschützern

Datenschutzorganisationen wie noyb, die Gruppe um Max Schrems, laufen bereits Sturm gegen die Pläne. Ihre Sorge: Die DSGVO wird ausgehöhlt, bevor sie überhaupt richtig Wirkung entfalten konnte. Und tatsächlich – erst in den letzten Jahren haben wir gesehen, wie die DSGVO langsam ihre Zähne zeigt. Milliardenstrafen gegen Meta, Google und Co. haben gezeigt, dass die Verordnung durchaus Wirkung hat.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Lockerungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem wir eigentlich mehr Datenschutz bräuchten, nicht weniger. KI-Systeme werden immer mächtiger, die Datensammelwut großer Konzerne nimmt nicht ab. Gerade jetzt sollten wir unsere Rechte stärken, nicht schwächen.

Was bedeutet das für uns?

Wenn der Digitale Omnibus so durchkommt, könnten wir als Nutzer durchaus Nachteile spüren. Unternehmen hätten mehr Spielraum bei der Datenverarbeitung. Die Frage „Darf die Firma das mit meinen Daten machen?“ würde häufiger mit „Ja“ beantwortet werden können.

Gleichzeitig ist nicht alles schwarz-weiß. Wenn kleine Unternehmen tatsächlich weniger Bürokratie bewältigen müssen, könnte das durchaus positive Effekte haben. Ein lokaler Online-Shop sollte nicht an den gleichen Anforderungen scheitern wie ein Datenkonzern.

Der politische Prozess läuft

Wichtig zu wissen: Die Pläne der Kommission sind erstmal nur Vorschläge. Jetzt beginnt der übliche EU-Prozess: Parlament und Rat müssen zustimmen, es wird Debatten, Änderungen und Kompromisse geben. Das kann dauern – und das ist auch gut so.

Wir sollten die Entwicklung kritisch begleiten. Datenschutz ist ein Grundrecht, kein Luxus. Die Balance zwischen Innovation und Datenschutz zu finden ist wichtig, aber sie darf nicht einseitig zulasten unserer Privatsphäre gehen.

Was wir tun können

Als Bürger können wir uns einmischen. Schreibt euren Europaabgeordneten, macht euch kundig, diskutiert mit. Der Digitale Omnibus wird kommen – aber wie er am Ende aussieht, ist noch nicht in Stein gemeißelt.

Eines ist klar: Nach Jahren des Aufbaus eines europäischen Datenschutz-Frameworks sollten wir nicht vorschnell den Rückwärtsgang einlegen. Datenschutz ist keine Bremse für Innovation, sondern eine Grundlage für Vertrauen in digitale Technologien. Und dieses Vertrauen brauchen wir mehr denn je.