Was Streamingdienste über uns wissen

von | 05.12.2025 | Internet

Spotify Wrapped, YouTube Recap, Apple Music Replay – im Dezember zeigen uns die Streaming-Dienste in bunten Grafiken, was wir das ganze Jahr gehört und geschaut haben. Nett anzusehen, aber was bedeutet es eigentlich, wenn diese Konzerne so viel über uns wissen?

Spotify, Apple Music, Youtube und Co

Spotify, Apple Music, YouTube – sie kriegen genau mit, wie viel Zeit wir mit ihnen verbringen. Ob wir einen Song immer wieder hören. Zu welcher Tageszeit wir welche Musik brauchen. Wann wir traurig sind, wann euphorisch. Wie wir ticken.

Das hat ja auch sein Gutes, könnte man sagen. Die Algorithmen lernen unseren Geschmack kennen. Wir kriegen Vorschläge, die uns gefallen. Musik, die passt. Serien und Podcasts, die uns fesseln. Schöne neue Welt der Inspiration, oder?

Nein! Keineswegs,.Die Anbieter wollen uns keinen Gefallen tun. Sie wollen uns im System halten. So lange wie möglich. Jeden Tag. Jede Stunde zählt. Denn je mehr wir hören, je mehr wir schauen, desto wertvoller werden wir als Nutzer. Für Werbung. Für Abos. Für Aktionäre.

Amazon sammelt viele Daten

Das größere Problem beginnt da, wo verschiedene Dienste zusammenkommen. Nehmen wir Amazon. Es gibt Amazon Music. Amazon Prime Video. Amazon Shopping. Amazon Alexa. Alles aus einer Hand. Wenn die mitbekommen, ob wir gerade schräg drauf sind, melancholisch, depressiv, euphorisch – dann wird das ausgeschlachtet. Knallhart.

Ohne dass wir merken warum, kann uns Amazon Produkte vorschlagen, die perfekt passen. Komisch, oder? Gerade deprimiert? Hier, kauf dir was. Das macht dich glücklich. Gerade euphorisch? Perfekt, gönn dir was. Du hast’s verdient.

Solche Konzerne legen Profile an. Können sie zumindest. Amazon hat Patente darauf. Patente, die beschreiben, wie Alexa anhand der Stimme die Stimmung erkennt. Ob wir erkältet sind. Ob wir weinen. Ob wir gestresst sind. Das steht schwarz auf weiß in den Patentschriften. US10096319B1, wer’s nachlesen will.

Und dann? Dann kriegen wir passende Werbung. Hustenbonbons, wenn wir kränklich klingen. Entspannungsmusik, wenn wir gestresst sind. Dating-Apps, wenn wir einsam klingen.

Das ist keine Science-Fiction. Das ist heute schon technisch machbar. Die Frage ist nur: Wird es gemacht? Und wenn nicht jetzt – wann dann?

Nicht die Daten an sich sind das Problem. Sondern wer sie hat. Und was sich damit realistischerweise machen lässt.

Apple Music bieter das ganze Jahr über Statistiken
Apple Music bieter das ganze Jahr über Statistiken

Machen wir uns das Risiko bewusst

Ein unabhängiger Streaming-Dienst, der nur Musik empfiehlt – geschenkt. Aber ein Multikonzern, der gleichzeitig unsere Einkäufe kennt, unsere Suchanfragen, unsere Gesundheitsdaten aus Fitness-Apps, unsere Stimmung aus der Sprachanalyse? Der uns dann gezielt in Momenten der Schwäche anspricht? Das ist manipulativ. Und das ist gefährlich.

Die bunten Jahresrückblicke sind nett. Aber sie sollten uns auch eines zeigen: Wir sind gläsern geworden. Vermessen. Kategorisiert. Nicht als Menschen, sondern als Datenpunkte. Als Zielgruppen. Als Umsatzpotenzial.

Und das Perfide ist: Wir merken es kaum. Weil es so bequem ist. Weil die Empfehlungen oft passen. Weil wir uns verstanden fühlen.

Dabei ist es keine Empathie. Es ist Mathematik. Es ist Geschäft. Es ist Kalkül.

Wir sollten uns das bewusst machen. Nicht um in Panik zu verfallen. Aber um wachsam zu bleiben. Um zu verstehen, dass jeder Klick, jeder Song, jedes Video Teil eines Profils wird. Eines Profils, das über uns entscheidet. Was wir sehen. Was wir kaufen. Vielleicht irgendwann: Was wir denken.

Das ist keine Verschwörungstheorie. Das ist Geschäftsmodell.