Apple gibt nach: Live-Übersetzung für AirPods kommt endlich in die EU

von | 04.11.2025 | iOS

Monatelang hat Apple die Live-Übersetzung für AirPods in Europa blockiert – und Nutzer in der EU mussten zuschauen, wie Menschen in den USA und anderen Regionen bereits fleißig ihre Ohrstöpsel als Simultandolmetscher nutzten. Jetzt die Kehrtwende: Im Dezember kommt das Feature auch zu uns. Was dahintersteckt und warum es so lange gedauert hat.

Der persönliche Babelfisch verzögert sich

Als Apple im September 2025 auf dem „Awe Dropping“-Event die neuen AirPods Pro 3 präsentierte, war die Live-Übersetzung das Highlight schlechthin. Stellt euch vor: Ihr sitzt im Café in Rom, euer Gegenüber spricht Italienisch, ihr versteht Bahnhof – aber dank der AirPods hört ihr alles auf Deutsch.

Eure Antwort wird automatisch ins Italienische übersetzt und auf eurem iPhone-Display angezeigt. Wenn beide Gesprächspartner AirPods tragen, läuft die Übersetzung sogar in beide Richtungen direkt ins Ohr. Quasi der Babelfisch aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ – nur echt.

Doch die Ernüchterung folgte schnell. In einem versteckten Support-Dokument stellte Apple klar: „Die Live-Übersetzung mit AirPods ist nicht verfügbar, wenn Sie sich in der EU befinden und das Land oder die Region Ihres Apple-Kontos ebenfalls in der EU liegt.“

Während Nutzer in Nordamerika und Asien die Funktion bereits ausprobieren konnten, blieben europäische Apple-Fans außen vor. Und das ausgerechnet in der EU, wo die Sprachenvielfalt diese Funktion besonders nützlich machen würde.

Frau trainiert mit Gewichten in einem Fitnessstudio.

Digital Markets Act als Stolperstein

Apple schwieg zunächst zu den Gründen. Schnell machten Spekulationen die Runde: Datenschutz? Der AI Act? Tatsächlich ist es der Digital Markets Act (DMA), der Apple Probleme bereitet hat. Die EU-Verordnung verlangt von großen Plattformen wie Apple, ihre Systeme für Wettbewerber zu öffnen.

Konkret bedeutet das: Wenn Apple eine Funktion anbietet, die auf bestimmte technische Schnittstellen zugreift, müssen auch Drittanbieter diese Schnittstellen nutzen können – unter gleichen Bedingungen.

Bei der Live-Übersetzung mit AirPods geht es um komplexes Audio-Routing. Die Funktion muss gleichzeitig mehrere Audiopfade verwalten: die Sprache des Gegenübers aufnehmen, die Übersetzung abspielen, die eigene Stimme aufzeichnen und so weiter.

Apple musste diese Audio-Schnittstellen so umbauen, dass auch Apps und Geräte von Drittanbietern sie nutzen können – ohne Nachteile gegenüber Apples eigener Lösung.

Der Konzern spricht von „erheblichem zusätzlichem Entwicklungsaufwand“. Das klingt nach Ausrede, ist aber durchaus nachvollziehbar. Schnittstellen zu öffnen, ohne dabei Sicherheit und Datenschutz zu gefährden, ist technisch anspruchsvoll. Google zeigt übrigens, dass es geht: Die Pixel Buds bieten eine ähnliche Live-Übersetzung schon länger auch in der EU an.

Weiße AirPods mit Ladecase im Hintergrund

So funktioniert die Live-Übersetzung

Die Technik dahinter ist clever: Die eigentliche Rechenarbeit erledigt nicht die AirPods, sondern das iPhone. Die Ohrhörer mit Apples H2-Chip – also AirPods Pro 2, AirPods Pro 3 und AirPods 4 mit aktiver Geräuschunterdrückung – nehmen das Gesprochene auf und leiten es ans gekoppelte iPhone weiter.

Dort läuft die Übersetzung komplett lokal über Apple Intelligence, ohne dass Daten in die Cloud wandern. Das ist ein wichtiger Unterschied zu vielen Konkurrenzlösungen.

Zum Start unterstützt die Live-Übersetzung Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Im Laufe der Zeit sollen Italienisch, Japanisch, Koreanisch und Chinesisch (Mandarin) hinzukommen. Für die Nutzung braucht ihr mindestens ein iPhone 15 Pro oder neuer – also ein Gerät, das Apple Intelligence unterstützt und auf dem iOS 26 oder neuer läuft.

Workarounds funktionieren schon jetzt

Findige Nutzer haben die Sperre längst umgangen. Mit einem US-amerikanischen Apple-Account ließ sich die Funktion auch hierzulande aktivieren. Für die meisten ist das aber keine praktikable Lösung, zumal dabei andere Probleme entstehen können – etwa beim App-Kauf oder bei regionalen Diensten.

Ab Dezember wird der Workaround überflüssig. Entwickler, die am Apple Beta Software-Programm teilnehmen, können die Live-Übersetzung bereits ab dem 4. November testen. Eine öffentliche Beta soll kurz darauf folgen. EU-iPhones benötigen für die Aktivierung ein spezielles iOS-Update, da die Anpassungen für den DMA zusätzliche Änderungen am System erfordern.

Andere Apple-Intelligence-Features bleiben verfügbar

Wichtig: Die Live-Übersetzung in den Apps Nachrichten, FaceTime und Telefon funktioniert auch ohne AirPods und war nie von der EU-Sperre betroffen. Dort könnt ihr bereits jetzt Gespräche in Echtzeit übersetzen lassen – nur eben ohne den Komfort, die Übersetzung direkt ins Ohr zu bekommen. Diese Funktionen laufen ebenfalls komplett auf dem Gerät und übertragen keine Daten in die Cloud.

Apple Intelligence ist in der EU mittlerweile in vielen Sprachen verfügbar, darunter auch Deutsch. Die anfängliche Zurückhaltung bei der Einführung hat sich also relativiert. Nur bei einigen Spezialfunktionen wie dem iPhone-Mirroring – der Fernsteuerung des iPhones über den Mac – bleibt Europa weiterhin außen vor. Auch hier dürften regulatorische Bedenken eine Rolle spielen.

Fazit: Besser spät als nie

Die Verzögerung bei der Live-Übersetzung zeigt exemplarisch, wie EU-Regulierung und Tech-Giganten miteinander ringen. Einerseits sind Vorschriften wie der DMA wichtig, um Monopolstellungen aufzubrechen und fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Andererseits führen sie zu Verzögerungen, die am Ende die Nutzer ausbaden müssen.

Dass Apple die Funktion nun doch bringt, ist ein gutes Zeichen. Offenbar hat der Konzern einen Weg gefunden, die DMA-Anforderungen zu erfüllen, ohne Abstriche bei Sicherheit und Datenschutz zu machen. Für alle, die viel international unterwegs sind oder regelmäßig mit Menschen anderer Sprachen kommunizieren, ist die Live-Übersetzung ein echter Mehrwert. Gerade in der mehrsprachigen EU könnte sie sich als Killerfeature entpuppen.

Wer seine AirPods Pro 2 oder AirPods 4 mit ANC schon im Schrank liegen hat, darf sich freuen: Ein Firmware-Update genügt, und die Ohrhörer verwandeln sich in Simultandolmetscher.

Die AirPods Pro 3 sind seit September erhältlich, bieten aber bei der Live-Übersetzung keinen Vorteil gegenüber den Vorgängern. Das Feature wird identisch funktionieren. Also: Ab Dezember heißt es dann auch für uns in der EU – reden, zuhören, verstehen. In jeder Sprache.