Cell Broadcast: Was Ihr über DE-Alert und Warntag wissen solltet

von | 06.12.2022 | Digital

Lange hat es gedauert, bis auch Deutschland den weltweit bewährten Warndienst „Cell Broadcast“ fürs Handy eingeführt hat. Jetzt ist es so weit – und am 8. Dezember wird/wurde getestet. Hier Antworten auf die wichtigsten Fragen zu diesem wichtigen Thema.

Bei der großen Flutkatastrophe in 2021 gab es noch kein Cell Broadcast – und das hat sich bitter gerächt. Mit dem bewährten System hätten sich viele Menschen rechtzeitig warnen lassen, die so vollkommen unvorbereitet auf das Natureignis waren.

Ein politisches Versagen, das vermutlich – wie meist – keine Konsequenzen haben wird.

Jetzt aber ist auch in Deutschland endlich CellBroadcast eingeführt. Es ging nicht anders: Bereits in 2018 hatte die Europäische Union (EU) festgelegt, dass alle Mitgliedsstaaten ein Mobilfunk-Warnsystem einführen müssen. Ein System also, das über Mobilfunk die Bevölkerung warnt. Die Behörden legen fest, in welcher Region und wie die Warnung samt Aufforderung lauten soll – und die Mobilfunkanbieter müssen sicherstellen, dass alle Personen in der betroffenen Region die Nachricht erhalten.

Das ist – kurz gesprochen – Cell Broadcast.

Bundesweiter Warntag

Bundesweiter Warntag am 8.12.2022

Cell Broadcast in deutschen Mobilfunknetzen

Am 8. Dezember wird/wurde (je nachdem, wann Ihr diesen Text lest) das System in Deutschland zum ersten Mal getestet: Um 11 Uhr heulen die Sirenen – und in bestimmten Gebieten werden auch die Smartphones Geräusche von sich geben. Ganz ohne App, die extra installiert werden müsste (wie bislang). Es wird ein unangenehmer Ton zu hören sein. Und das sogar in dem Fall, dass das Handy auf „lautlos“ gestellt wurde. Denn Cell-Broadcast-Warnungen sind immer zu hören.

Eine Entwarnung wird es nach Angaben des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) geschätzt um 11:45 Uhr geben.

Alle Mobilfunkanbieter in Deutschland – also vor allem Vodafone, Telekom und Telefonica (O2) – haben den Dienst nach den offiziellen Vorbereitungen installiert und ihre Kundschaft im November 2022 darüber informiert, dass ein Warntag bevorsteht. Die meisten Menschen sind also gewarnt, dass sie gewarnt werden…

Die Cell-Broadcast-Nachricht wird mit der Warnstufe 1 verschickt. Das ist die höchste Warnstufe (#Message ID 4370), die nicht unterdrückt werden kann. Andere Warnstufen können unterdrückt werden – doch dazu später mehr.

So funktioniert Cell Broadcast

Was aber genau steckt dahinter und wie funktioniert’s?

Cell Broadcast ist ein System im Mobilfunk zum gleichzeitigen Versand unidirektionaler Warnnachrichten (also nur in eine Richtung, nicht zurück) an große Mengen von Empfängern. Wenn es sein muss, auch an Millionen – und das ohne die Mobilfunknetze zu überlasten. Die Behörden können bestimmen, ob eine Nachricht an das gesamte Netz (bundesweit), regional beschränkt oder auch nur an bestimmte Mobilfunkzellen geschickt werden.

Es handelt sich dabei nicht um eine Massen-SMS, wie immer wieder zu hören und zu lesen ist. Denn anders als bei der SMS wird Cell Broadcast an ausnahmslos und unterschiedlos alle(!) empfangsbereiten Mobilgeräte in den bestimmten Funkzellen übermittelt. Auf diese Weise lassen sich Millionen Menschen zeitnah warnen, etwa vor einem Unwetter oder Erdbeben.

Cell Broadcast: Alle Menschen auf einmal informieren

Nachricht in Cell Broadcast bis zu 1395 Zeichen lang

Die Behörden (etwa das Amt für Katastrophenschutz) legen fest, welche Regionen die Warnung erhalten. In Abhängigkeit der gewählten Warnstufe ertönt auf den Mobilgeräten auch im lautlosen Modus ein deutlich wahrnehmbarer Warnton. Die Warntexte können bis zu 1395 Zeichen lang sein: Dazu werden maximal 15 CB-Nachrichten à 93 Zeichen verknüpft. Das geschieht in allen Netzen, denn die Provider sind gesetzlich zum Versenden der SMS-CB verpflichtet.

Es ist sogar möglich, Nachrichten in unterschiedlichen Sprachen zu versenden – dann erhält jeder Empfänger eine Nachricht in seiner ausgewählten Landessprache. Auf diese Weise lassen sich auch Touristen und Fremdsprachler ansprechen.

Eine Warnung wird nicht nur einmal versendet, sondern mehrfach – um sicherzustellen, dass auch nachträglich eingeschaltete Geräte die Nachricht empfangen. Ebenso Personen, die in eine Zelle/Region hineinfahren, die mit einer Warnung versorgt wird.

In den technischen Richtlinien von DE-Alert (der offiziellen Spezifikation) ist festgelegt, dass Warnmeldungen in den betroffenen Funkzellen dazu alle zwei Minuten und das bis zu sechs Mal ausgesendet werden müssen. Es sei denn, das modulare Warnsystem des Bundes (MoWaS) stoppt die Aussendung mit einer entsprechenden Meldung.

Wo erscheint die Nachricht von Cell Broadcast?

Eine eingehende CB-Nachricht lässt sich nur schwer verpassen, denn die Warnung wird durch ein akustisches Signal begleitet. Das ist kein kommoder Klingelton wie heute üblich, sondern es handelt sich um das raschen Alternieren zwischen zwei vergleichsweise unangenehmen Tönen.

Sollte eine Nachricht zu Testzwecken versandt werden – wie am Warntag -, erscheint ein entsprechender Hinweis auf die Testsituation, damit die Empfänger nicht ernsthaft beunruhigt sind. Die Testwarnung ist also eindeutig gekennzeichnet, etwa: „Dies ist ein Test für Cell Broadcast.“ Die Nachrichten erhalten meist eine genaue Beschreibung der Situation und können auch Handlungsempfehlungen enthalten – ebenso Links, die sich anklicken lassen.

Ein Signal für die Entwarnung gibt es auch: Wie bei Sirenen handelt es sich hier um einen Dauerton.

Cell Broadcast: Bewährtes Warnsystem nun auch in Deutschland

Cell Broadcast: Bewährtes Warnsystem nun auch in Deutschland

Was muss mein Smartphone für Cell Broadcast können?

Stellt sich die Frage: Auf welchen Handys und Smartphones erreichen einen Warnmeldungen eigentlich, die per Cell Broadcast ausgesandt werden?

Prinzipiell wären auch sehr alte Handys dazu fähig, die Warnmeldungen anzuzeigen – wenn man sich in Deutschland eher dazu entschlossen hätte, diesen Dienst auch bei uns zu implementieren. Denn in USA, Kanada, Neuseeland, Japan und vielen anderen Ländern gibt es das System schon lange – und es ist deswegen auch prinzipiell in den Geräten vorgesehen. War aber bei Geräten, die in Deutschland ausgeliefert wurden, aufgrund der fehlenden Unterstützung deaktiviert.

Aktuelle Modelle kommen mit Cell Broadcast klar. Ein Android-Smartphone mit mindestens Android Version 11 und allen aktuellen Updates ist startklar und empfangsbereit. Das gilt prinzipiell auch für Apples iPhones: Sie erhalten die notwendigen technischen Daten per Mobilfunk von Apple (Profile). Modelle ab iPhone 6s mit aktuellem iOS können Cell Broadcast empfangen und anzeigen.

Wichtig: Das Gerät muss eingeschaltet und im Mobilnetz eingebucht sein. Es darf sich nicht im Flugmodus befinden.

Da Cell Broadcast bereits seit Ende der Neunziger Teil des weltweiten Standards für Mobilfunk ist, können grundsätzlich auch viele ältere Handys die Nachrichten empfangen. Allerdings unterstützen sie möglicherweise nicht die von EU-Alert vorgeschriebenen vierstelligen IDs (Kennziffern), sie kommen nur mit 3-stelligen Kennziffern klar. Aus diesem Grund verwendet wurde nachträglich die dreistellige Message ID 919 für alle kritischen Warnungen hinzugefügt. Eine Forderung der von mir sehr geschätzten AG Kritis.

Wer wissen will, welche Geräte Cell Broadcast ganz konkret unterstützen:
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bietet hier eine Liste aller Cell-Broadcast-fähigen Geräte.

Cell Broaadcast: In iOS aktivieren oder deaktivieren

Kann ich die Cell Broadcast Warnungen abschalten?

Eine letzte Frage bleibt: Manch einer fragt sich womöglich, ob die Warnmeldungen auch abgeschaltet werden können.

Warnungen der höchsten Warnstufe 1 lassen sich generell nicht abschalten.

Auf modernen Smartphones sind die nötigen Einstellungen oft (wie gewohnt) in den tief verschachtelten Menüs versteckt. Man muss schon wissen, wo man nachschaut. Auf betagteren Android-Geräten etwa in den „Einstellungen“ unter „Benachrichtigungen“ nachschauen und dort dann auf „Notfallbenachrichtigungen für Mobilgeräte“ auswählen. Hier lässt sich einstellen, wie sich das Gerät bei Warnmeldungen verhalten soll.

Auf Geräten von Hersteller Samsung finden sich die Optionen in den „Einstellungen“ im „Notfallbenachrichtigungsverlauf“. Anschließend unter den weiteren Optionen die „Einstellungen“ auswählen und abschließend den Schieberegler „Notfallbenachrichtigungen zulassen“ betätigen. Ganz ähnlich funktioniert es bei Sony, Xiaomi und anderen Herstellern.

Aber auch dazu gibt es ausführliche Informationen vom Bundesamt für Bevölkerungshilfe und Katastrophenschutz (BKK).

Auf iPhones finden sich die passenden Optionen unter „Einstellungen“ und dann „Mitteilungen“: Hier bis zum Ende scrollen. Dort lassen sich Optionen zu den „Cell Broadcast Alerts“ finden – und Einstellungen vornehmen. Wer mag, kann Testwarnungen zum Beispiel abbestellen.