In Zeitungsredaktionen rund um den Globus zermartert man sich das Hirn, wie der allgemeine Auflagen- und Anzeigenschwund durch einen gelungenen Webauftritt wettgemacht werden kann. Es gibt zweifellos keine Zeitung, die nicht mittlerweile im Netz vertreten ist. Besonders fortschrittliche Redaktionen verfolgen längst das Prinzip „online first“. Neuigkeiten müssen sofort raus, zuerst im Netz, da ist Tempo wichtig.
Gerade hat man sich so einigermaßen an den Gedanken gewöhnt, dass das Internet den Ton angibt – doch dann das: Unter www.theprintedblog.com rührt eine neue Zeitung die Werbetrommel. Hier wird genau in die umgekehrte Richtung gedacht und gearbeitet: Web to Print. Das Internet auf Zeitungspapier.
„The Printed Blog“ soll die erste gedruckte(!) Zeitung sein, die von der ersten bis zur letzten Seite mit Webinhalten bestückt ist: Artikel, Fotos, Umfragen, Statistiken, Grafiken – kommt alles aus dem Web. Die Zeitung erscheint zwei Mal am Tag und wird kostenlos in Chicago verteilt. Die erste Ausgabe soll am 27. Januar erscheinen und an drei wichtigen Plätzen in Chicago verteilt werden.
Sechs Seiten, komplett vierfarbig – so geht’s los. Schwerpunkt sind regionale Inhalte, etwa mit Beiträgen von lokalen Bloggern. Ein mehrköpfiges Team stellt das Blatt zusammen. Irgendwann soll das automatisch gehen.
Doch nicht alle Blogger sind begeistert von der Idee. Einige haben dem Verleger wohl die Erlaubnis verweigert, ihre Inhalte auf Papier zu drucken. Denn natürlich wird die Zeitung durch Werbung finanziert – so etwas lehnen viele Blogger ab.
Ich bin gespannt, wie das Projekt laufen wird. Allerdings halte ich „The Printed Blog“ für eine Schnapsidee. Denn eine gute Zeitung ist mehr als eine plumpe Ansammlung von Texten. Wenn niemand mehr für einen gesunden Themenmix sorgt, wenn keiner Plausibilität und Verlässlichkeit prüft oder ein Minimum an sprachlichen Standards eingehalten wird, dann ist das keine Zeitung, sondern nur bedrucktes Papier.
Aber vielleicht bin ich auch nur „old school“, was das anbelangt. 😉