Wer ein WLAN betreibt, der musste bislang für möglichen Missbrauch haften. „Störerhaftung“ sagen die Juristen dazu. Über die Abschaffung wird schon länger gesprochen. Seit Mittwoch ist es soweit – die Störerhaftung in Deutschland ist abgeschafft. Mit welchen Folgen?
Sind die Menschen in Deutschland wirklich anders im Netz unterwegs – überall freies WLAN?
Ganz so schnell geht es leider nicht. Ich bin mal durch den Hafen in Düsseldorf gelaufen: Da sind die meisten WLANs immer noch geschützt, man braucht ein Passwort, das man an der Theke bekommt oder man kommt gar nicht rein. Das ist die Erblast der Störerhaftung: Keiner traut sich, sein WLAN wirklich zu öffnen. Ich habe nur eins entdeckt, wo man sich bereits offen gezeigt hat.
Für alle, die sich mit juristischen Begriffen nicht so auskennen: Was ist die Störerhaftung ganz genau?
Bislang hat jeder, der ein offenes WLAN betreibt, also seinen Internet-Router nicht absicherte, für eventuellen Missbrauch gehaftet, egal ob man ein privates WLAN zu Hause für die Nachbarn öffnet oder als Café-Betreiber ein WLAN für seine Gäste betreibt. Werden zum Beispiel im WLAN illegal Musikdateien ausgetauscht, Hackangriffe gestartet oder Kinderpornos hoch (oder runter) geladen, konnte das bislang erhebliche Konsequenzen haben, auch strafrechtlich.
So etwas gibt es wie eine Störerhaftung gibt es sonst nirgendwo in der Welt. Und hat natürlich dazu geführt, dass die meisten ihre WLAN nicht gerne öffnen, egal ob für Fremde, Nachbarn oder Gäste. Das Risiko war einfach zu hoch. Denn Egal, wer in dem WLAN die Rechtsverstöße begangen hat: Der Betreiber der WLAN haftete im Zweifel. Bis vorgestern.
Jetzt ist die Störerhaftung weg. Seit Mittwoch. Was ist jetzt anders?
Der Gesetzgeber hat die Störerhaftung gestrichen. Ersatzlos. Ab sofort gilt auch für WLAN-Betreiber das so genannte Provider-Privileg. (Steht für….) Für uns alle bedeutet das vereinfacht gesagt, Man haftet eben nicht einfach so und ohne weiteres für das, was andere im WLAN anstellen. Das ist ein Durchbruch für die Kommunikationsgesellschaft und war längst überfällig.
Wirklich ein Durchbruch – bisher ja nur eine Gesetzesänderung, mehr offene Netze haben Sie ja bisher noch nicht gefunden, oder?
(ganz kurz aufnehmen) Weil es das Haftungsrisiko deutlich verringert und so mehr Menschen motiviert, ihr WLAN für andere zu öffnen. Wer keine Haftung befürchten muss, keine Abmahnungen, keine Kosten, der ist eher bereit, sein WLAN zu öffnen. Genau das ist das Ziel des neuen Gesetzes: Man will erreichen, dass es auch in Deutschland mehr offene WLANs gibt.
Sind jetzt wirklich keine Abmahnungen mehr möglich, also dass Musikvertreiber zum Beispiel mich angehen, weil jemand über mein WLAN was getauscht hat?
Der Gesetzgeber hat leider versäumt, das im Gesetz ausdrücklich auszuschließen. Kritiker haben im Vorfeld und auch bei den Anhörungen im Bundesrat darauf hingewiesen, dass es eine Lücke gibt, die Juristen ausnutzen könnten. Gut möglich, dass auch in Zukunft noch Abmahnungen verschickt werden, die übrigens recht teuer werden können, dass Betreiber von WLANs für Missbrauch haften sollen. Dann wird man sehen, wie die Gerichte entscheiden. Das Risiko ist deutlich geringer geworden, aber es ist eben leider nicht Null. Dazu hätte man den Gesetzestext eindeutig formulieren müssen. Hat man aber versäumt.
Wenn die Störerhaftung wegfällt, ist das nicht ein Fiasko für Strafverfolgungsbehörden? Sie können ja niemanden mehr dingfest machen.
Sie müssen sich mehr Mühe geben, die tatsächlichen Täter zu ermitteln. Außerdem bedeutet Provider-Privileg nicht, dass alles erlaubt ist. Sobald man als Betreiber eines WLANs in Kenntnis gesetzt wird, dass strafrechtlich relevante Dinge passieren, muss man aktiv werden und verhindern, dass sich das wiederholt oder fortsetzt.
Wenn ich jetzt mein WLAN für andere öffne, muss ich dann mein Netzwerk besser absichern, damit niemand an meine Daten kommt?
Das ist ratsam, denn es gibt genügend Leute, die gerne Lücken ausnutzen und anderen Schaden zufügen. Deshalb sollte man sich schützen. Moderne Router bieten die Möglichkeit, einen Gast-Zugang einzurichten. Der ist dann vom Netzwerk abgetrennt. Manche Router haben sogar zwei komplett voneinander getrennte WLAN-Zugänge. Wenn man sich also entschließt, sein eigenes WLAN zu öffnen, sollte man sich mit den technischen Möglichkeiten des eigenen Routers vertraut machen und auch die Sicherheitseinstellungen überprüfen, damit man am Ende nicht der Dumme ist.
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