Telegram ist ein Messenger, die viele Vorteile bietet: Anonymität und verschlüsselte Kommunikation. Der ideale „Ort“, um sich halb-öffentlich zu treffen und zu äußern. Hier wird nicht zensiert, geblockt oder verfolgt.
So wie Macht lässt sich auch jedes Instrument oder Werkzeug gebrauchen und missbrauchen. Ob jeweils das eine oder das andere vorliegt, ob also Gebrauch oder Missbrauch, liegt allerdings oft im Auge des Betrachters. Zumindest beim Messenger-Dienst Telegram ist das so: Anfangs wurde Telegram gelobt, weil Dissidenten in Russland damit geschützt (weil abhörsicher und nicht öffentlich) ihre Regierung kritisieren können. Bei den Unruhen in Hongkong dasselbe.
Darum ist Telegram bei Rechtspopulisten so beliebt
Doch schon länger setzen auch bei uns rechtspopulistische Gruppen erfolgreich Telegram ein – um sich virtuell zu treffen und auszutauschen. Das alles vollkommen anonym, diskret und abhörsicher. Denn bei Telegram ist alles verschlüsselt. Weil die Kommunikation über den Messenger nicht öffentlich ist, sondern in Gruppen abläuft, kann auch nichts gelöscht, gesperrt oder blockiert werden.
Das allein macht Telegram verständlicherweise schon beliebt. Einer, der Telegram bis zum Anschlag nutzt, ist Attila Hildmann, der sich schon als den nächsten Reichskanzler sieht. Hildmann bietet über Telegram einen Newsletter an – über 67.000 Personen haben den abonniert.
Geschlossene Gruppe – daher keine Einschränkungen
Wer wissen will, was drinsteht, muss sich der Gruppe anschließen. Aber weil es eine geschlossene Gruppe ist, gelten die Beiträge und Posts nichts als öffentlich. Sie lassen sich nicht lesen, korrigieren oder einschränken – selbst wenn sie strafrechtlich relevant sein sollten.
Aussagen wie „Die Weltbank wird regiert von den Rothschilds, und das sind nun mal die Zionisten“ (Hildmann) sind nicht nur verstörend und abstoßend, sondern vor allem antisemitisch. Doch auf/in Telegram geht das: Wo kein Kläger, da kein Richter. Auch werden die schon so oft gehörten Gates-Verschwörungen hier quasi in Schleife ventiliert. Und selbstverständich auch und vor allem Corona-Verschwörungen jeder Art. Verbunden mit den entsprechenden politischen Aufrufen.
Auf Telegram lässt sich vortrefflich hetzen, Hass verbreiten, zu Straftaten aufrufen oder sogar der Holocaust leugnen – ohne dass irgend etwas gelöscht oder relativer wird. Geschweige, dass strafrechtliche Konsequenzen drohen.
Telegram: Ein gutes oder ein schädliches Werkzeug?
Für Ermittler eine schwierige Situation. Wer mitbekommen möchte, was auf Telegram los ist, muss schon Mitglied in den Gruppen sein. In einige kommt man ganz leicht hinein – in andere nur per Empfehlung. Das macht Telegram-Gruppen faktisch zu einem rechtsfreien Raum, da nicht öffentlich und schwierig zu kontrollieren.
Was also ist Telegram nun: Ein heilsbringendes Instrument, weil Dissidenten sich dort verstecken können (was den meisten im Westen gefällt) – oder Teufelszeug, weil sich auch zu Extremismus neigende Gruppen hier in Deutschland dort verstecken können (was den meisten wohl eher nicht gefällt)?
Es muss überlegt werden: Sind Gruppen mit 67.000 Mitgliedern nicht doch auch irgendwie öffentlich? Wie umgehen mit solchen neuen Werkzeugen?
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