Vom russischen Startup zum globalen Kommunikations-Giganten: Wie Telegram die Messaging-Welt auf den Kopf stellt.
Stell dir vor, du entwickelst eine App, die dir plötzlich richtig Ärger mit dem russischen Geheimdienst einbringt. Was machst du? Klar, du packst deine Koffer und haust ab! So oder so ähnlich beginnt die turbulente Geschichte von Telegram, dem Messenger, der die Tech-Welt spaltet wie kaum ein anderer. Aber von vorne:
Vom Wunderkind zum Digital-Nomaden: Die Durow-Saga
Es war einmal in Russland… Nee, keine Sorge, das wird jetzt kein Märchen. Aber die Story von Pavel Durow liest sich fast wie eins. Der Typ war mit 22 schon Millionär, nachdem er das „russische Facebook“ VKontakte gegründet hatte. Doch 2011 wurde es ihm in der Heimat zu heiß – die Behörden wollten Nutzerdaten, Durow wollte sie nicht rausrücken. Also tat er das einzig Logische: Er gründete mit seinem Bruder Nikolai einen neuen, noch sichereren Messenger. Telegram war geboren!
Aber die russischen Behörden ließen nicht locker. 2014 musste Durow endgültig die Biege machen. Seitdem tingelt er als eine Art Digital-Nomade um die Welt und entwickelt Telegram von wechselnden Standorten aus weiter. Das Hauptquartier? Irgendwo im Nirgendwo. Oder überall. Je nachdem, wen du fragst.
Was Telegram anders macht: Mehr als nur chatten
Klar, mit Telegram kannst du Nachrichten verschicken. Aber das können WhatsApp und Co. ja auch. Was also macht Telegram so besonders? Nun, da wären zum einen die Kanäle. Stell dir vor, du könntest einen eigenen Fernsehsender betreiben, nur eben als Textnachrichten. Genau das sind Telegram-Kanäle: Einseitige Broadcast-Möglichkeiten für alles von News bis Katzenvideos.
Dann wären da noch die Supergruppen. Bis zu 200.000 Mitglieder können hier quatschen. Das ist wie ein Fußballstadion, nur digital und mit weniger „Der Schiri ist blind!“-Rufen. Obwohl… in manchen Gruppen geht’s auch nicht gesitteter zu.
Und nicht zu vergessen: Die Bots. Diese kleinen Helfer können alles Mögliche: Vom Wetter-Update bis zum automatischen Übersetzer ist alles dabei. Es ist, als hätte jeder User seine eigene kleine Armee digitaler Butlers.
Die dunkle Seite der Macht: Warum Kriminelle auf Telegram stehen
Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Und bei Telegram ist der Schatten ziemlich groß. Der Messenger ist bei Kriminellen und rechten Gruppen so beliebt wie ein Freibier-Stand auf einem Festival. Aber warum?
Zum einen ist da die Verschlüsselung. Telegram prahlt gerne damit, dass seine „geheimen Chats“ sicherer sind als Fort Knox. Ob das stimmt? Keine Ahnung, ich bin kein Hacker. Aber das Image reicht schon, um zwielichtige Gestalten anzulocken.
Dann wäre da noch die laxe Moderation. Während Facebook & Co. mittlerweile ganze Armeen von Content-Moderatoren beschäftigen, lässt Telegram seinen Nutzern oft freie Hand. Das Motto scheint zu sein: Solange niemand direkt stirbt, ist alles cool. Nicht gerade beruhigend, oder?
Behörden vs. Telegram: Das ewige Katz-und-Maus-Spiel
Logisch, dass das den Behörden weltweit nicht schmeckt. In Deutschland zum Beispiel gab’s schon mehrfach Zoff, weil Telegram sich weigerte, strafbare Inhalte zu löschen. Die Antwort des Unternehmens? Meist Schweigen. Oder ein knappes „Nö“.
In anderen Ländern sieht’s nicht besser aus. Russland hat Telegram zeitweise komplett geblockt (mit mäßigem Erfolg). Iran versucht’s immer wieder. Und selbst in der EU steht Telegram unter Beobachtung.
Aber Durow und sein Team bleiben stur. Ihre Argumentation: Privatsphäre geht über alles. Auch über Gesetze? Tja, darüber lässt sich streiten.
Verschlüsselung: Ist Telegram wirklich so sicher?
Kommen wir zum Techie-Teil: Wie sicher ist Telegram wirklich? Die Antwort ist… kompliziert.
Die normalen Chats? Nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das heißt, theoretisch könnte Telegram mitlesen. Die geheimen Chats? Die sind schon besser geschützt. Aber Telegram nutzt sein eigenes Verschlüsselungsprotokoll namens MTProto. Und da wird’s haarig.
Kryptografie-Experten sind sich einig: Ein selbstgebasteltes Protokoll ist so eine Sache. Es kann super sein – oder voller Lücken. Und weil Telegram den Code nicht komplett offenlegt, lässt sich das schwer überprüfen.
Im Vergleich dazu nutzt WhatsApp das Signal-Protokoll, das als Goldstandard gilt. Auch Signal selbst und Threema gelten als sicherer. Aber hey, dafür hat Telegram cooler animierte Sticker!
Fazit: Umstrittener Rebell oder notwendiges Übel?
Am Ende bleibt Telegram das, was es immer war: Ein kontroverser Player im Messaging-Game. Für die einen ist es der letzte Hort der freien Kommunikation. Für andere eine Brutstätte des Bösen.
Die Wahrheit? Liegt wohl irgendwo dazwischen. Telegram bietet Funktionen, die andere Messenger nicht haben. Es gibt Dissidenten eine Stimme in Ländern, wo freie Meinungsäußerung Mangelware ist. Aber es bietet eben auch Kriminellen und Extremisten eine Plattform.
Ob Telegram sein Image aufpolieren kann (oder will)? Die Zukunft wird’s zeigen. Bis dahin bleibt der Messenger das, was er am besten kann: Ein Stachel im Fleisch der Tech-Giganten und Regierungen weltweit. Und wenn wir ehrlich sind: Ein bisschen Rebellion tut der Branche vielleicht ganz gut. Auch wenn’s manchmal wehtut.
Telegram: Freiheit oder Gefahr? Der umstrittene Messenger und die Verhaftung seines Gründers.
Ein russischer Milliardär wird in Frankreich verhaftet, Millionen Nutzer weltweit sind beunruhigt, und Regierungen stehen vor einem Dilemma. Die Geschichte von Telegram ist mehr als nur die eines Messengers – sie ist ein Kampf um Privatsphäre, Sicherheit und die Grenzen der digitalen Freiheit.
Warum Telegram sowohl von Dissidenten als auch von Kriminellen geschätzt wird und welche Rolle sein enigmatischer Gründer Pawel Durow dabei spielt.
Die Magie von Telegram
Telegram: Ein Messenger, den nicht nur in Russland rund 35 Millionen Menschen nutzen, da wo Telegram entwickelt wurde, sondern überall auf der Welt. Der Messenger gilt als Symbolbild für Freiheit und Widerstand, weil der Entwickler und Chef von Telegram, Parel Durow, vergangenen Samstag überraschend bei seiner Einreise in Frankreich festgenommen wurde.
Die französischen Behörden werfen dem 39-Jährigen unter anderem Beihilfe zu Straftaten vor, aber auch und besonders mangelnde Moderation auf seinem Messenger Telegram. Die Verhaftung lässt uns alle genauer hinschauen, was Telegram eigentlich ist, was den Messenger von anderen unterscheidet und warum der Erfinder des Messengers nun in Haft sitzt.
Wer ist Parel Durow?
Pawel Durow ist ein 39-jähriger russisch-französischer Tech-Unternehmer und Milliardär, der als Gründer des beliebten Messengerdienstes Telegram bekannt ist. Geboren in Leningrad, heute Sankt Petersburg, verbrachte er einen Teil seiner Jugend in Italien und studierte später in Russland. Bevor Durow Telegram gründete, schuf er das soziale Netzwerk VKontakte, man kann sagen das russische Pendant zu Facebook. Damit ist er sehr reich geworden, senn VKontakte ist in Russland ähnlich beliebt wie Facebook hier.
Durow gilt als äußerste umstrittene Figur, die sich in Russland für Datenschutz und Verschlüsselung einsetzt, was Telegram zu einer beliebten, aber auch kontroversen Plattform macht. Seine Verhaftung in Frankreich hängt mit Vorwürfen zusammen, die sich auf die mangelnde Moderation und Kooperation mit Behörden bei Telegram beziehen, was laut den Vorwürfen der Behörden kriminelle Aktivitäten begünstigt hat.
Telegram kommt aus Russland
Telegram kommt aus Russland. Interessant ist ja, dass die russische Regierung es mehrmals verbieten wollte, es dann aber nie durchgezogen haben, weil russische Politiker es selbst benutzt haben.
Eine interessante Ironie bei Telegram. Der russische Staat hat mehrfach versucht, den Messenger zu blockieren, insbesondere im Jahr 2018, als Telegram sich weigerte, den Behörden Zugang zu verschlüsselten Nachrichten zu gewähren. Die Blockade erwies sich jedoch als technisch schwierig und letztlich ineffektiv.
Gleichzeitig nutzten viele russische Politiker und sogar offizielle Stellen Telegram weiterhin für ihre Kommunikation. Selbst der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gab 2017 zu, dass Telegram für die interne Kommunikation im Kreml verwendet wurde.
Diese Doppelmoral zeigt, wie sehr russische Beamte die Sicherheit und Funktionalität von Telegram schätzen, während sie gleichzeitig versuchen, die Kontrolle über die Plattform zu gewinnen. Letztendlich wurde die Blockade 2020 aufgehoben, nachdem Telegram einer begrenzten Kooperation bei der Untersuchung extremistischer Aktivitäten zugestimmt hatte. Heute ist Telegram mit etwa 30 Millionen Nutzern in Russland sehr populär und wird von beiden Seiten im Ukraine-Konflikt für Mitteilungen genutzt.
Telegramm mittlerweile weltweit beliebt
Telegram hat weltweit 800 bis 900 Millionen monatliche Benutzer. Zum einen, weil die Betreiber des Messengers gezeigt haben, dass sie selbst den russischen Behörden keine Daten liefern, aber auch, weil der Messenger schon sehr früh die Möglichkeit eingerichtet hat, sehr große Gruppen-Chats und auch Kanäle einzurichten.
Über Gruppen-Chats lassen sich auf Telegram bis zu 200.000 Menschen erreichen, über Kanäle sogar unbegrenzt viele Menschen; Telegram ist also kein Messenger, sondern ein Massenmedium. Außerdem können auch große Dateien bis zu 1,5 GByte über Telegram verteilt werden.
Was die Kooperation mit deutschen oder französischen Behörden anbelangt: Telegram hat seinen Firmensitz nach Dubai verlegt, um strengeren Regulierungen in Europa zu entgehen. Das Unternehmen kooperiert kaum mit Behörden und weigert sich oft, Nutzerdaten herauszugeben oder illegale Inhalte zu löschen.
In Deutschland und Frankreich wird erwartet, dass Messaging-Dienste bei der Bekämpfung von Kriminalität und Extremismus mitwirken, etwa durch die Herausgabe von Nutzerdaten bei richterlichem Beschluss oder die Löschung illegaler Inhalte. Macht Telegram aber nicht. Genau das macht Telegram insbesondere in extremen Kreisen links und rechts und bei Kriminellen so beliebt.
Telegram müsste Ansprechpartner für Behörden benennen, auf Anfragen reagieren und bei Ermittlungen kooperieren. Bisher lehnt das Unternehmen dies weitgehend ab und beruft sich auf den Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer. Genau diese Haltung führt zu wachsendem Druck durch europäische Regierungen, wie die jüngste Verhaftung des Telegram-Gründers in Frankreich zeigt.
Wie gut ist die Verschlüsselung von Telegram?
Abgesehen davon: Wie sicher ist Telegram aber wirklich im Vergleich zu anderen Messengern, wie gut wird verschlüsselt?
Telegram bietet insgesamt ein zweifellos ordentliches Sicherheitsniveau, liegt aber hinter Messengern wie Signal zurück. Der Hauptgrund dafür ist die Art der Verschlüsselung: Telegram verwendet standardmäßig nur eine Client-Server-Verschlüsselung.
Das bedeutet, Nachrichten werden zwar beim Versand verschlüsselt, aber auf Telegram-Servern gespeichert, wenn auch verschlüsselt. Der Betreiber kann die Nachrichten lesen. Das ist bei WhatsApp und vor allem Signal anders: Hier kommt Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zum Einsatz, die als extrem sicher gilt. Niemand kann mitlesen.
Wer Telegram benutzt und maximale Sicherheit benutzt, muss aktiv „Geheime Chats“ mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung starten.
Auch relevant: Telegram speichert Nachrichten zentral, also auf Servern. Das erlaubt unter anderem, Telegram von verschiedenen Geräten aus zu benutzen. Pluspunkt sind selbstzerstörende Nachrichten.
Telegram eine Gefahr für die Allgemeinheit?
Redefreiheit und Privatsphäre sind ein extrem hohes Gut bei uns – zu Recht. Und sie werden durch Grundgesetz und dem Verfassungsgericht auch sehr gut geschützt.
Doch kann sich eine Gesellschaft wohl kaum leisten, dass ein massenhaft verfügbares Kommunikationsmittel ununterbrochen gegen geltendes Recht verstößt – und das tut Telegram – und nicht bei der Aufklärung schwerster Straftaten hilft.
Das kann man von den Telegram-Betreibern erwarten, insbesondere eine Moderation, weil durch Kanäle und Gruppen-Chats unzählige Menschen erreicht werden. Das ist kein Eingriff in die Privatsphäre, wo sich ein paar Menschen unterhalten. Telegram ist (auch) ein Massenmedium.
Ein Staat, und der Staat sind am Ende wir alle, kann es sich wohl kaum gefallen lassen, dass geltendes Recht ignoriert wird. Ich finde es daher richtig, dass versucht wird, dem ein Ende zu setzen.
Peinlicher geht es nicht: In einer Nachricht wird ein Name falsch geschrieben, ein unfeines Wort hat sich hineingeschlichen oder ein dummer Tippfehler. Wusstet ihr, dass ihr das bei WhatsApp und Signal auch nachträglich korrigieren könnt?
Whatsapp kennt jetzt auch Kanäle (Channels): Darüber können Unternehmen, Dienstleider oder auch Nachrichtenportale wie Tagesschau die Menschen mit Infos und News versorgen. So funktioniert’s.
Mal werden Sperrungen eingefordert, mal sind sie „Zensur“. Wir erleben viele solcher Double Standards. Telegram zum Beispiel stand in Deutschland kurz vor einem Verbot. Doch jetzt hilft Telegram im Krieg gegen Russland – und die Kritik verstummt.
Russen können keine iPhones mehr kaufen: Apple hat in Russland den Verkauf vollständig eingestellt. Es gibt nach dem Aufruf von Ukraines Vize Fedorov auf Twitter jede Menge Solidarität, öffentliche Proteste und auch gezielte Aktionen gegen Russland im Netz. Nicht alle sind ungefährlich.
Das Bundeskriminalamt (BKA) richtet eine Task-Force zur Strafverfolgung von Straftaten auf Telegram ein. Der Messenger entwickle sich nach Einschätzung der Behörden zu einem „Medium der Radikalisierung“.