Die Digitalisierung scheint nicht mehr aufzuhalten. Sie dringt in praktisch alle Bereiche unseres Lebens vor und ein. Und sie verändert auch die Art und Weise, wie wir uns informieren. Wie wir an Nachrichten kommen. Aber eben auch, wie wir uns eine Meinung bilden. Früher war das ein Monopol von Sendern, Verlagen, Medienhäusern. Heute kann jeder mit der Öffentlichkeit in Kontakt treten – und die Sozialen Netzwerke sind die Verteilstationen. Eine Folge der Digitalisierung.
Noch nie war es so einfach, sich zu informieren. Rechner anschalten oder Handy schnappen. Suchmaschine aufrufen. Suchbegriff eingeben. Voilà: Zig Fundstellen, kaum ein Thema mit dem sich nicht Dutzende oder hunderte Privatmenschen, Blogs, Youtuber und Foren beschäftigen.
Wenn es unbedingt Artikel sein müssen, hilft noch ein Klick auf „News“ weiter, damit wirklich nur Nachrichten und Blogposts angezeigt werden. Andere recherchieren auf Twitter, bemühen einen News-Feed oder schauen bei Facebook nach.
Infos in Massen, nie war es leichter und schneller möglichen Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Nur: Welche Antworten sind richtig? Welche Informationen gehören ins Köpfchen und welche in den digitalen Mülleimer? Wer kann schon immer so genau beurteilen, ob die Quelle der Nachrichten seriös ist, ob die Informationen stimmen?
Praktisch unbegrenzte Verteilung von Verschwörungstheorien
Das ist zum Beispiel in Zeiten von Corona durchaus riskant. Es geistern Verschwörungstheorien durchs Netz, die behaupten, frisch aufgestellte 5G-Masten seien für Corona verantwortlich. Die Regierungen wollten die Bevölkerung dezimieren. Andere geben Tipps, dass der Konsum von Knoblauch vor Corona schütze. Auf dem Videoportal TikTok sind Straßen mit lauter angeblichen Corona-Toten zu sehen.
Extrem schädlich, panikmachende, irre Beiträge, die nur Verwirrung stiften und Menschen gefährden können. Und die stehen gleichwertig wirkend neben mühsam recherchierten journalistisch aufgearbeiteten Beiträgen. Unsinn und Falschmeldungen werden leider nicht durch die Nutzer abgestraft, sondern mitunter sogar besonders viel geklickt. Gewinnt in der digitalen Welt die Meinungsmache vor den Fakten?
Was ist seriös, was verlässlich?
Im Netz muss man ständig auf der Hut sein. Selbst bei vermeintlich seriösen Quellen. So hat der US-Präsident gerade ein Video geteilt, das Präsidentschaftskandidat Joe Biden zeigt, der angeblich sagt: „Wir müssen Donald Trump wiederwählen“.
Eine widerwärtige Manipulation, weil eine Rede entsprechend geschnitten und gestutzt und dann vom US-Präsidenten selbst verteilt wurde. Millionen Nutzer sehen sie innerhalb von Minuten. Die Technologie, die so etwas ermöglicht, erfordert einen disziplinierten Umgang, starke moralische Werte und viel Verantwortungsgefühl. Oder man missbraucht sie eben mit ein paar Klicks und einer Wischgeste für die eigenen Zwecke.
Meinungsfreiheit wird häufig missverstanden
Die sogenannten „Sozialen Medien“, die alles andere als sozial sind und deshalb besser Online-Plattformen genannt werden sollen, entziehen sich jeder Verantwortung. Sie geben vor, die Meinungsfreiheit schützen zu wollen.
Meinungsfreiheit: Darunter verstehen viele auch Hass, Hetze, Lügen, Manipulation, Desinformation, Aggression… Hat es immer gegeben. Natürlich. Aber in der Vergangenheit hat man damit nicht immer gleich die ganze Welt erreicht.
Natürlich: Die Möglichkeiten von Internet und Online-Plattformen sind bemerkenswert. Das Wissen der Welt in der Hosentasche und ein Sprachrohr, das mich mit jedem verbindet oder eben der Spion, der mich aushorcht, mit Lügen füttert und manipuliert. Die Digitalisierung sie löst große Probleme, schafft aber auch ganz neue.