Facebook und seine Mini-Einschränkungen beim Live-Streaming

Jeder darf live streamen – nicht nur bei Facebook. Das führt immer wieder zu Problemen. Etwa dann, wenn Terroristen ihre Taten live im Stream zur Schau stellen. Wie zuletzt im neuseeländischen Christchurch. Welche Konsequenzen ziehen wir daraus? Facebook macht Vorschläge, die man nicht wirklich ernst nehmen kann – und in erster Linie eins sind: Nebelkerzen.

Die schrecklichen Attentate im neuseeländischen Christchurch vor gut zwei Monaten haben mal wieder eine Schwäche der sogenannten „Sozialen Medien“ ans Tageslicht gezerrt: Videoaufnahmen selbst der abscheulichsten Taten lassen sich mühelos über die Sozialen Medien verteilen.

Die Täter in Christchurch haben auf Facebook einen Live-Videostream gestartet, um das Massaker zu dokumentieren. Das geht, weil bei Facebook jeder live streamen darf. Es gibt praktisch keine Beschränkungen. Jeder darf streamen – und zwar alles. Das soll sich nun ändern. Aber nur ein bisschen.

Von wegen „verschärfen“: Eine Mini-Einschränkung

Facebook hat angekündigt, die Regeln für Live-Videos zu „verschärfen“, wie auch die Kollegen von tagesschau.de schreiben. Künftig würden User von der Funktion des Live-Streams ausgeschlossen, wenn sie gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook verstoßen (nicht etwa, wenn sie gegen Gesetze verstoßen oder den Behörden auffallen).

Ein möglicher Grund, um von Facebook ein „Sperrchen“ zu bekommen: Wenn jemand ohne Einordnung einen Link auf eine Terrorgruppe postet. Dann gehen für eine bestimmte Zeit keine Video-Streams mehr, sagt Facebook. Die Rede ist von 30 Tagen.

Drakonische Maßnahmen, oder? Was bitte soll das bringen? Angesichts dieser wirklich nahezu albernen Maßnahme von einer „Verschärfung“ zu sprechen, ist Hohn. Denn das ist keine Verschärfung. Das ist der ungenierte Versuch von Facebook, öffentlich den Eindruck zu erwecken, man hätte etwas unternommen. In Wahrheit unternimmt Facebook praktisch gar nichts. Der Vorschlag ist eine Frechheit – und keine Verschärfung.

Bringen wird es außerdem nichts. Denn wie schwierig ist es, nach der – man stelle sich vor! – Sperrung eines Terroristen-Accounts einfach einen anderen Account zum Streamen zu nehmen? Richtig: Es ist kinderleicht. Zwar haben nur 200 Menschen den Live-Stream damals gesehen.

Anschließend 400 User den Mitschnitt. Der wurde dann allerdings binnen 24 Stunden 1,5 Millionen Mal erneut hochgeladen – und von Facebook in den meisten Fällen gelöscht. Trotzdem: Das Video geistert im Netz herum. Wie viele Menschen am Ende das Video gesehen haben, weiß keiner.

Nicht jeder sollte streamen dürfen

Das Problem ist meiner Ansicht nach zu ernst, als dass man Facebook seine absolut albernen Vorschläge durchgehen lassen darf. Facebook tut so, als wäre es eine Leistung, nun 7,5 Millionen Dollar zu investieren, um Terrrorvideos wie das von Christchurch durch Algorithmen besser zu erkennen – auch nach Veränderungen an Bild und Ton -, und so an der rasanten Verbreitung zu hindern.

Es ist doch beschämend, dass so etwas überhaupt geht. Die Tatsache an sich, dass die Täter sich in „Sozialen Medien“ mit ihrer Tat brüsten können, ist Teil ihrer Motivation.

Das Problem muss viel ernsthafter diskutiert werden. Ich habe hier schon mal gefragt: Warum darf eigentlich jeder live streamen? Es braucht taugliche Gegenmittel. Deshalb ist es gut, dass sich die Politik nun in Paris des Themas annimmt. Ob etwas dabei herauskommt, ist fraglich. Aber möglich.

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