Photoshop kennt fast jeder, zumindest vom Namen her. Photoshop hat zweifellos die Welt verändert. Mit Photoshop lassen sich Fotos retuschieren und auch ganz neue Aufnahmen arrangieren – und wir merken es kaum oder gar nicht. Aber nicht nur Fotos können manipuliert werden, sondern auch Videos – oder Audios. Berühmten Politikern irgendwas in den Mund legen? So etwas geht.
Er sieht aus wie Barack Obama. Er spricht wie Barack Obama. Und es ist auch Ex-Präsident Barack Obama. Das Problem ist nur: Das Video ist eine komplette Fälschung. Lippenbewegung und Mimik sind durch Software erzeugt worden. Das was wir hören, hat Obama selbst gesagt – allerdings vor 25 Jahren. Da sah er noch so aus. Das Video erweckt jedoch den Eindruck, als hätte er es gerade erst gesagt.
Software erzeugte Videos
Da kommt was auf uns zu: Die mit Hilfe der Software erzeugten Videos sehen täuschend echt aus. Entwickelt wurde diese Methode an der Universität Washington. Wissenschaftler haben dort ein Tool entwickelt, eine Software, die in der Lage ist, jemanden so ziemlich alles in den Mund zu legen was man möchte.
Alles, was man dazu braucht, ist Audiomaterial – also das, was gesagt werden soll. Und ein Video von der Person, der man die Worte in den Mund legen will. Die Software sorgt dafür, dass die Mund- und Lippenbewegungen zum Gesagten passen. Eine Art Photoshop für Videos.
Audio als Quelle, Videos als Ergebnis
Wie gut das bereits funktioniert, zeigt dieses Beispiel: In diesem Video sehen wir Barack Obama gleich vier Mal, in völlig unterschiedlichen Situationen. Anderer Hintergrund, andere Lichtverhältnisse. Doch er hält vier Mal dieselbe Rede. Sagt dasselbe. In Wahrheit ist keins der vier Minivideos echt. Sie sind alle im Computer entstanden.
Wenn man einen Stimmenimitator sprechen lässt, kann man einer Person tatsächlich alles in den Mund legen. Alles. Selbst Dinge, die er selbst gar nicht gesagt hat – und kaum jemand wird es merken.
Künftig braucht man nicht mal einen Imitator. Denn die Firma Adobe entwickelt an einer Software, mit der man mit der Stimme von Fremden sprechen kann.
VoCo: Photoshop für Audios
Mit VoCo lässt sich jeder beliebige Text mit der Stimme einer beliebigen Person sprechen. Damit das geht, braucht es 20 Minuten gesprochenen Text. Quasi als Grundlage. Das reicht, um die Art des Sprechens einer Person kennenzulernen und perfekt zu imitieren. Von Politikern und Promis 20 Minuten Material zusammenzubekommen, ist natürlich ganz einfach.
Daraus ergeben sich zweifellos faszinierende Möglichkeiten. Wir werden schon bald Stimmen photoshoppen können – ohne Tontechniker sein zu müssen. Das ruft nach Missbrauch. Deshalb betont Adobe bei der Präsentation dann auch, dass Möglichkeiten vorgesehen werden, damit wir echte von unechten Soundschnipseln unterscheiden können. Mit Hilfe sogenannter digitaler Wasserzeichen.
Achtung: MIsstrauen empfohlen
Stimmenimitation mit VoCo plus Videomanipulation ergibt: Täuschend echt aussehende Videos mit täuschend echt klingender Sprache. Man ist also wirklich gut beraten, nicht alles zu glauben, was man liest, hört und sieht. Ganz besonders nicht im Internet.
Und wer jetzt von sich behauptet: Mich kann man doch nicht austricksen. Ich erkenne gefälschte Fotos und erst Recht gefälschte Audios oder Videos, dem sei gesagt: Nicht zu voreilig.
Der.Onlinetest: Erkennst Du die Fake-Fotos?
Forscher an der Universität Warwick haben gerade herausgefunden, dass wir nur extrem wenige Fake-Fotos erkennen. Die Trefferquote ist nur geringfügig höher als würden wir raten. Dieser Online-Test hat es in sich!
Bedeutet: Die meisten von uns erkennen Manipulationen schlichtweg nicht. Wer er selbst mal ausprobieren möchte: Auf der Webseite der Uni Warwick kann man den Test machen. Zehn Fotos zum Anschauen. Und man muss sagen: Echt oder manipuliert? Und wenn manipuliert: Wo? Ich bin bei dem Test total durchgefallen.
Mach den Test doch auch mal.
Manipulation per App
Es gibt natürlich Bereiche, da sind Manipulationen willkommen. Etwa, wenn wir Falten wegretuschieren – oder einfach nur Spaß haben. Mit Apps.
Tja, das bin ich als Astronaut. Oder als Superheld. Als Football-Star. Oder als Actionheld mit Superkräften. Als gereifter älterer Herr oder, oder, oder. Es gibt unzählige Effekte, die man bei der kostenlosen App MQSRD live anwenden kann. Das klappt wirklich erstaunlich gut – man kann sich sogar dabei bewegen. Und die Videos speichern oder auf Facebook und Co. verteilen.
Mit Apps wie Photoshop Fix, FaceApp oder SnapSeed lassen sich Porträtaufnahmen mit wenigen Handgriffen manipulieren. Keine Zeit für ein Lächeln gehabt? Lässt sich nachträglich einbauen. Oder man macht sich jünger – oder älter. Kein Problem. Moderne Apps können eine Menge. Für den Privatbedarf eine witzige Sache. Aber es ebnet eben auch den Weg zum Missbrauch.
Wir sollten also besser nicht alles glauben, was wir sehen oder hören.