Der US-Präsident behauptet im Fernsehen und online, er hätte die Wahl gewonnen – und gleichzeitig, die Demokraten hätten „die Wahl gestohlen“. Gefährliche Äußerungen, die einer Demokratie schaden können – aber in den Sozialen Netzwerken dennoch auftauchen und verteilt werden. Wir brauchen dringend verbindliche Regeön für alle Akteure, da jeder Anstand abhanden gekommen ist.
Zum Zeitpunkt, als dieser Blogpost geschrieben wurde, stand noch nicht fest, ob Donald Trump oder Joe Biden nächster US-Präsident wird. Es waren noch nicht alle US-Bundesstaaten mit der Auszählung fertig. Was Donald Trump aber nicht davon abgehalten hat, sich vor Kameras und Mikrofone zu stellen und seinen Wahlsieg zu proklamieren.
US-Präsident Trump feiert sich als Sieger – auf Twitter
Das habe ich nicht nur im Fernsehen gesehen, sondern auch im Livestream auf Twitter. 10:24 Minuten lang feierte sich der Präsident selbst – und seine Wähler. Das machen alle Politiker. Die meisten allerdings erst, nachdem das Wahlergebnis feststeht. Nicht so Donald Trump. Und mehr als das: Donald Trump behauptete abermals, sollte er am Ende nicht als Wahlsieger dastehen, könne das nur an Manipulation und Diebstahl liegen.
Der Livestream ist ohne einordnenden Hinweis der Plattform. Auch nachdem er nicht mehr live ist, sondern nur noch ein Video. Einen ähnlich lautenden Text-Tweet von Trump hat Twitter immerhin mit einer Warnung versehen. Nur was bringt es: Wer drauf klickt, kann Trumps Nachricht ans Universum lesen: „They are trying to STEAL the election“. Sie versuchen, die Wahl zu STEHLEN.
„Soziale Medien“ erneut Sprengstoff für die Gesellschaft
Na, wenn das kein Sprengstoff ist. Denn „sie“ – das können ja nur die anderen sein. Die Bösen. Klar, dass Trump-Anhänger durch solche Tweets aufgeheizt werden. Der sogenannten Lügenpresse glaubt doch sowieso niemand, sollte die im Anschluss daran das tatsächliche Wahlergebnis verkünden. Dann gibt’s halt den Beleg: Die haben die Wahl gestohlen.
Wir müssen nicht darüber diskutieren, dass das Verhalten Donald Trumps alles andere als staatsmännisch, sondern verantwortungslos ist. Mit diesem Verhalten ist er allerdings in den sogenannten „Sozialen Medien“ nicht alleine. Denn wenn Donald Trump das kann, warum nicht auch alle anderen?
Eine Kennzeichnung ist weitgehend wirkungslos
Es ist begrüßenswert, dass Twitter problematische Tweets kennzeichnet. Wirklich wirkungsvoll ist das aber nicht. Denn erstens werden Livestreams nicht gekennzeichnet. Und zweitens: Welche Wirkung entfaltet ein Warnhinweis? Trump-Anhänger lachen sie darüber kaputt – und die Hassbotschaften können ihre schädliche Wirkung entfalten.
Donald Trump nutzt Twitter wie eine Art Fernbedienung. Er weiß, welche Knöpfe er drücken muss, um das Programm zu bekommen, das er sehen will. Und weil Twitter und Co. das zulassen, klappt es auch.
Ich denke, es braucht weltweit strenge Regeln für Plattformen – zumindest für die Tage oder Wochen vor einer wichtigen politischen Wahl. Und an diese Regeln müssen sich dann alle halten, insbesondere die politischen Parteien und Akteure. Etwa:
- Keine persönliche Diffamierung
- Kein Aufruf zur Gewalt
- Keine bewusst falschen Unterstellungen oder Behauptungen über den politischen Gegner
- Kein Aufruf zum Wahlbetrug
Wenn schon der Anstand verloren gegangen ist, muss das die Vernunft regeln.
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