Deutschland muss sich besser schützen gegen Cyberangriffe jeder Art

„Team Jorge“: Wahlmanipulation und Fake News auf Bestellung aus Israel

Eine Recherchekooperation von „Forbidden Stories“ hat das Geschäft mit Desinformation und Wahlmanipulation durchleuchtet. Ein wichtiger Akteur sitzt offenbar in Israel.

Wer Wahlen gewinnen will, der muss heute auf Social Media aktiv sein. Doch es gibt auch finstere Kräfte, die Wahlen dort manipulieren. Wir wissen von russischen Trollfabriken, die im großen Stil Social Media Kanäle beackern und Unwahrheiten verbreiten.

Doch was jetzt ans Licht gekommen ist, sprengt jeden Rahmen: Ein israelisches Unternehmen manipuliert im Netz auf Bestellung die öffentliche Meinung, gegen Geld, streut Fake News – und hackt sogar Politiker-Handys, wenn es sein muss. Und das alles mit dem Ziel, Wahlen zu beeinflussen. Wer genug bezahlt, bekommt die Stimmen. Das ist der Deal – und das Ergebnis einer intensiven Undercover-Recherche einiger westlichen Medien.

Ein Kollektiv internationaler Journalisten hat den Fall aufgedeckt und unter „Forbidden Stories“ veröffentlicht und dokumentiert.

In 27 Ländern Wahlen manipuliert

Nach Recherchen der investigativ arbeitenden Journalisten, an denen unter anderem auch Kollegen von Spiegel, ZDF und ZEIT beteiligt sind, hat eine israelische Firma in der Vergangenheit weltweit Wahlen manipuliert. Dutzende. Vor allem auf Social Media. „Team Jorge“ nennt sich das Unternehmen, das Kunden aus Wirtschaft und Politik gegen entsprechende Bezahlung hilft und in Wahlen eingreift. Laut Recherche „Familienunternehmen aus Ex-Geheimdienstleisten“.

Für Preise zwischen 6 und 15 Millionen US-Dollar verspreche die Firma etwa, Wahlen zu manipulieren Um ihre Ziele zu erreichen, verbreiten die ehemaligen Militärs und Agenten laut Recherche im großen Stil Fake News, etwa über den politischen Gegner.

Team Jorge hat nach eigenen Angaben bislang in 33 nationale Wahlkämpfe und Abstimmungen eingegriffen, unter anderem in Kenia und Nigeria. In 27 Fällen sollen die Manipulatoren erfolgreich gewesen sein. Selbst die Smartphones von Politikern werden gehackt.

Generalstabsmäßig Fake News verbreitet

Mehrere Millionen Dollar pro Kampagne: Das ist eine Menge Geld.

Das Team scheint exzellent organisiert. Sie können regelrecht fabrikartig Fake-Accounts auf Social Media erzeugen – das wurde den verdeckt arbeitenden Journalisten gezeigt. Sie erstellen auf Knopfdruck Tausende von Fake-Accounts auf Social Media. Ihnen stehen dazu 30.000 Avatare, also Bilder mit Biografien für diese Fake-Accounts zur Verfügung.

Selbst die Zwei-Faktor-Authentifizierung über Smartphone, die heute beim Einrichten neuer Accounts üblich ist, können die Experten wohl aushebeln. Es ist beängstigend.

Über diese Fake Accounts lassen sich dann Falschnachrichten oder Gerüchte verbreiten. Darüber hinaus brechen die Experten aber auch in Smartphones von Politikern ein, etwa um kompromittierendes Material abzugreifen. Laut investigativer Recherche können sie Telegram-Accounts kapern und vieles andere mehr.

Aufgrund ihrer Geheimdiensterfahrung scheint nichts unmöglich. Die Truppe lehnt lediglich Aktionen in Israel ab, wollen sich ebenso wenig in US-Regierungspolitik einmischen und nichts gegen Putins Russland unternehmen. Alles andere scheint denkbar.

Forbidden Stories: Hier werden Geschichten investigativ nachrecherchiert
Forbidden Stories: Hier werden Geschichten investigativ nachrecherchiert

Anstrengungen gegen Fake News müssen erhöht werden

Aber was machen wir jetzt mit der Erkenntnis, dass es ein Unternehmen gibt, das für Geld – offenbar erfolgreich – Wahlen manipuliert?

Ganz einfach: Ein Beleg dafür, dass die Aussage stimmt: Soziale Medien gefährden konkret die Demokratie. Nicht nur durch die Algorithmen, die Inhalte nach Gutdünken bevorzugen und die Gesellschaft durch Bubble-Bildung spaltet, sondern auch dadurch, dass gezielte Manipulation möglich ist – und stattfindet.

Die tiefen Recherchen lassen auch Rückschlüsse zu, wie es in anderen Manipulations-Fabriken zugeht, etwa in Russland. Man darf sich keine Illusion machen, dass von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht wird. Auch bei uns hier in Europa, auch bei Wahlen in Europa. Meiner Ansicht nach müssen wir die Anstrengungen enorm erhöhen, so etwas einzudämmen und zu ahnden.

Die Sozialen Netzwerke müssen mitarbeiten und mehr Daten herausgeben, damit Forscher und Ermittler untersuchen können, wer ggf. hinter Fake-News-Kampagnen steckt. Es braucht deutlich mehr Anstrengung.

Der-Newstest: Finde heraus, ob Du Fake News erkennst
Der-Newstest: Finde heraus, ob Du Fake News erkennst

Macht doch selbst mal einen Test

Wenn man das alles hört, denkt man ja: Meine Güte – wie oft bin ich vielleicht selbst auch schon reingefallen… Was empfiehlst Du uns denn: Was kann man machen, um besser gerüstet zu sein?

Wichtig zu verstehen ist: Wer etwas liket oder verteilt ist Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Deshalb ist es so wichtig, nicht reflexartig alles zu teilen oder liken, was einen erst mal anspricht. Es ist wichtig, ein wenig innezuhalten – und zu prüfen: Kann das stimmen? Stimmt das wirklich? Im Zweifel mal googeln, ob es weitere Berichte zum Thema gibt.

Oder bei Fakten-Checkern wie dem wunderbaren Dienst mimikama.at vorbeischauen: Hier werden viral gehende Geschichten, Fotos und Videos nachrecherchiert. Mimikama verrät, ob wahr oder unwahr – oder wie viel davon wahr ist.

Last not least empfehle ich noch, sich etwas Zeit zu nehmen und unter www.der-newstest.de mal einen ausführlichen Selbsttest zu machen. Das Angebot kommt von der „Stiftung neue Verantwortung“.

Eine Art Online-Selbsttest: Man bekomme Meldungen gezeigt, die auf Twitter oder TikTok oder im Web auftauchen können – und man muss entscheiden: Echt, Werbung, Spam oder Desinformation. Anschließend wird erklärt, worum es sich wirklich handelt, und man erfährt, worauf man achten muss. Das schult ungemein!

 

 

 

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