Immer mehr Deutsche glauben an Verschwörungserzählungen: Die Corona-Krise verschärft das Problem. Es sind vor allem die Sozialen Netzwerke (Plattformen), die es Verschwörungen und Falschbehauptungen leicht machen, sich wie ein Lauffeuer zu verbreiten. Telegram spielt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Denn hier gibt es keinerlei Kontrolle oder Regeln – wie am Stammtisch.
Eine aktuelle Studie der Universität Leipzig lässt aufhorchen: Danach glauben mittlerweile 30,4 Prozent der Deutschen mehr oder weniger an Verschwörungen. An Mächte, die unsere Geschicke lenken.
Gut 38 Prozent glauben sogar, es gebe „geheime Organisationen, die großen Einfluss auf politische Entscheidungen haben“. Politiker seien nur „Marionetten der dahinterstehenden Mächte“.
Viele Verschwörungen im Kern antisemitisch
Geheime Organisationen – nicht etwa Konzerne oder Lobbyisten. Und: Viele Verschwörungserzählungen sind im Kern antisemitisch, so auch die der QAnon-Anhänger. Die Internet-Plattformen sind zwar nicht der Grund dafür, aber doch ein Turbolader bei der Verbreitung.
Facebooks Algorithmen präsentieren seit zwei Jahren bevorzugt Meldungen von Freunden und Bekannten, zum Nachteil von seriösen Quellen. So erreichen emotional aufgeladene „Nachrichten“ noch schneller mehr Menschen als ohnehin schon. Fake News verbreiten sich generell in allen Kanälen sechs Mal schneller und erreichen deutlich mehr Menschen als seriöse, wahre Nachrichten. Warum? – Weil sie emotionaler sind. Ein Leckerbissen für die aufmerksamkeitsgetriebenen und auf Umsatzoptimierung zugeschnittenen Algorithmen von Facebook, Youtube, Instagram und Co.
Telegram ist schrankenlos – und besonders gefährlich
Der Messenger-Dienst Telegram ist in vielerlei Hinsicht eine Ausnahme. Denn hier gibt es keine Algorithmen, die Content zum Zwecke der Umsatzoptimierung bevorzugen oder benachteiligen. Telegram ist – sozusagen – „echt“. Hier machen die User alles untereinander aus.
Ein zunehmendes Problem. Denn jeder kann auf Telegram einen öffentlichen Kanal öffnen, dem dann jeder folgen kann. Es gibt keine Begrenzung der Teilnehmerzahl.
Es gibt Kanäle wie „Qanon Change“, die 120.000 und mehr Mitglieder haben. Die Betreiber der Kanäle erreichen also sehr viele Menschen – ohne nur die geringste Möglichkeit zur Kontrolle. Auf Facebook, Twitter und Co. gibt es wenigstens ein Minimum an Kontrolle, auch Hinweise auf Falschmeldungen und die Möglichkeit, Posts zu entfernen. Auf Telegram fehlt das völlig.
Der größte Stammtisch der Welt
Telegram ist sozusagen der größte Stammtisch der Welt. Doch es macht eben einen enormen Unterschied, ob 10 oder 20 Leute am Stammtisch sitzen und sich ihre Sorgen von der Leber reden – oder ob einige wenige zu 120.000 oder mehr Menschen sprechen. Sie manipulieren, mit falschen Infos versorgen, ihre Zeit rauben, aufwiegeln und aufstacheln. Telegram ist damit zum effektiven Manipulationsinstrument geworden – und das auch noch kostenlos.
Stellt sich die Frage: Wie können wir den Geist wieder in die Flasche kriegen?
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Verschwörungserzählungen haben es auf den Plattformen besonders leicht