Mit welcher Hysterie selbst ansonsten seriöse Medien wie Frankfurter Allgemeine oder Spiegel (Online) mit dem Thema GEZ umgehen, erschreckt mich immer wieder. Bei einer BILD überrascht einen plumpe Agitation nicht, doch bei seriösen Medien erwarte ich eine kritische Distanz – und die ist beim Thema GEZ-Gebühren allzu oft nicht gegeben.
Die Zeitungen und Zeitschriften schreiben ja selbst: Sie fühlen sich bedroht durch die Ausbreitung der öffentlich-rechtlichen Medien im Internet. Aber wenn man sich selbst bedroht fühlt, kann man dann noch kritisch, distanziert und objektiv berichten? Wohl kaum – und leider gelingt das auch nur den Wenigsten.
Die künstliche Aufregung um die Tagesschau-App ist wohl das beste Beispiel. Allein die Ankündigung dieser an sich unbedeutenden Software wird zum Anlass genommen, den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören.
Da ist zum Beispiel von der Verschwednung von Gebührengeldern die Rede.
Verschwendung von Gebührengeldern? Lächerlich! Eine App wie die geplante Tagesschau App zu entwickeln kostet vielleicht 4’000€, wenn es hoch kommt. Das sind 0,0000555% des Gesamtetats der öffentlich-rechtlichen Sender. Hintergrund: Rund 7,2 Milliarden Euro stehen den Sendern jährlich an GEZ-Gebühren zur Verfügung. Wenn davon 4’000€ für die umstrittene Application ausgegeben werden, kann das wohl kaum als Verschwendung von GEZ-Gebühren bezeichnet werden – im Gegenteil, denn durch die App werden ohnehin vorhandene Inhalte kostengünstig weiter aufbereitet.
Ich finde: Die künstliche Aufregung ist eine Verschwendung intellektueller Ressourcen, die durchschaubare Argumentation ein Armutszeugnis, zumindest was das Argument der angeblichen Gebührenverschwendung anbelangt. Lächerlich. Ein einziger gut gemachter Kulturbeitrag im Fernsehen ist teurer als die Tagesschau App. Dass sich Gremien damit beschäftigen müssen, dass sich Redakteure bei Zeitungen und Zeitschriften damit beschäftigen, ist angesichts dieser Kosten einfach nur lächerlich.
Interessanter ist die Frage, ob es überhaupt eine Application geben darf, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender Software entwickeln und anbieten darf, um auf ohnehin vorhandene Inhalte bequemer zuzugreifen. Das ist die einzig intelligente Frage in diesem Zusammenhang, die man aber auch respektvoll stellen darf (und sollte) – ohne jede Hysterie und Propaganda.
Ich denke: So eine Applikcation darf es nicht nur geben, es muss sie sogar geben. Denn natürlich müssen die öffentlich-rechtlichen Sender mit der Zeit gehen (tun sie es nicht, wird ihnen das auch wieder vorgeworfen). Durch die App werden keine zusätzlichen Inhalte zur Verffügung gestellt, sondern nur die ohnehin kostenlos im Web zur Verfügung gestellten Inhalte neu aufbereitet präsentiert, eben wie auf iPhone, iPod und iPad üblich. Das ist eine folgerichtige und logische Entscheidung und ganz sicher im Interesse der Gebührenzahler – und nur darum kann es ja gehen.
Natürlich, Zeitungen und Zeitschriften müssen sich stärker anstrengen, um neben der Tagesschau App zu bestehen. Aber warum diese Herausforderung nicht annehmen? Warum so wenig Selbstbewusstsein? Abgesehen davon hat die Tagesschau einen eng umrissenen Themenkatalog, seriöse Nachrichten aus Deutschland, Europa und der Welt, ein bisschen Service, das war’s.
Wichtig zu wissen: Ich arbeite als freier Journalist für öffentlich-rechtliche Sender, vor allem für den WDR (und gelegentlich auch für die Tagesschau). Ich weiß die professionelle Arbeit der Kollegen zu schätzen – auch als Nachrichtenkonsument.