Facebook und sein „Oversight Board“: Kein schlechter Ansatz

von | 30.06.2019 | Social Networks

Nach welchen Regeln soll Facebook Inhalte blockieren und löschen? Manchmal wird zu wenig gelöscht, manchmal zu viel. Einfach ist die Aufgabe ganz sicher nicht – was daran liegt, dass Facebook Plattform und Mediunm zugleich ist. Jetzt will Facebook ein „Oversight Board“ rinführen. Eine Art Entscheidungsgremium für Zweifelsfälle – reicht das?
Man kann Facebook überflüssig finden, genial, banal, schädlich – aber eins steht fest: Einfach ist es nicht, Facebook zu sein. Vor allem wenn es darum geht, schädliche von nützlichen, echte von falschen oder legitime von illegalen Inhalten zu unterscheiden. Denn überall in der Welt herrschen andere Regeln und Gesetze. Jeder kann alles unkontrolliert und anonym hochladen.

Ganz zu schweigen, dass sich nur schwer klären lässt, was eine Lüge ist – oder ob ein Foto oder Video manipuliert wurde.

Facebook ist ein Medium

Doch auch wenn es schwierig ist: Das entlässt Facebook nicht aus der Verantwortung – was Mark Zuckerberg am liebsten hätte. Immer wieder betont er, dass Facebook kein Medium sei. Was Unsinn ist: Natürlich ist Facebook – auch! – ein Medium. Laut Definition ist ein Medium „eine Einrichtung, organisatorischer und technischer Apparat für die Vermittlung von Meinungen, Informationen, Kulturgütern“. Das trifft auf Facebook ohne Abstriche zu.

Aber Facebook drückt sich – immer wieder. Vor einigen Tagen kursierte ein manipuliertes Video der US-Demokratin Nancy Pelosi im Netz. Das boshafte Video erweckt den Eindruck, die Sprecherin des Repräsentantenhauses wäre high oder betrunken. Eindeutig mit dem Ziel in Umlauf gebracht, der Politikerin zu schaden. Youtube hat das Video schnell wieder aus dem Netz genommen – Facebook nicht. Erst sehr spät wurde das Video als bedenklich markiert. Aber gelöscht wurde es nicht.

Das „Oberste Gericht“ für die Facebook-Welt

So etwas macht Facebook immer wieder – nur nach den eigenen Regeln spielen. Deshalb hat das Unternehmen jetzt ein „Oversight Board“ eingerichtet. Eine Art „Oberstes Gericht“ für das Facebook-Imperium. Die Moderatoren haben etwas gelöscht, was sie nicht löschen sollen? Oder fragwürdige Inhalte wurden nicht schnell genug oder gar nicht gelöscht? Künftig können Betroffene da das Oversight Board ansprechen.

40 Spezialisten aus der ganzen Welten – keine mit Facebook-Vergangenheit und keine Politiker – werden anfangs in diesem Gremium sitzen. In Vollzeit. Mit eigenen Mitarbeitern. Das Gremium soll bindende Entscheidungen fällen können. Wünschenswert wäre, dass dieses Gremium auch die Nutzungsbedingungen von Facebook abändern könnte – aber das ist noch umstritten. Leider. Die Mitglieder des Gremiums sollen maximal unabhängig sein.

Insgesamt erst mal eine gute Entwicklung. So ein Gremium wird nicht alle Probleme lösen können, aber doch mehr Bewegung in die Sache bringen. Allerdings entlastet das die Politik nicht: Auch die befindet sich bekanntlich im Tiefschlaf, wenn es um Digitalsierung geht (wie in unserem Podcast diskutiert) und sollte eigene Regeln entwickeln, um zu regulieren. Das darf nicht an ein Oversight Board delegiert werden.

 

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