Kann eine EU-Cloud Gaia-X was werden?

von | 29.10.2019 | Internet

Oft wird darüber gesprochen, was gemacht werden könnte, um die Abhängigkeit von US-Konzernen zu reduzieren – und mehr Kompetenz in Europa zu haben. Egal ob Künstliche Intelligenz (KI), Cyber-Abwehr oder Cloud-Computing. Doch konkrete Vorschläge gibt es selten. Nun ist ein Konzept auf dem Tisch: Gaia-X – als EU-Lösung für Cloud-Dienste. Kann das was werden?

Wer wollte noch ernsthaft bestreiten, dass die Cloud ein Erfolgsmodell ist. Egal ob Unternehmen, Behörden oder Privatleute: Daten in der Cloud abzulegen und dort auch Apps zu starten, hat einfach jede Menge Vorteile. Man kann überall und jederzeit auf die Daten zugreifen, die Apps sind grundsätzlich up to date. Wunderbar.

Die ebenfalls existierenden Nachteile – und davon gibt es reichlich – blenden wir angesichts des Komfortgewinns nur zu gerne aus. Und die sind unter anderem: Abhängigkeit, mangelnder Datenschutz und auch Klimaaspekte.

Abhängigkeit von US-Konzernen verringern

Ganz ehrlich: Die Abhängigkeit von US-Konzernen ist brandgefährlich. Niemand kann wissen, was Cloud-Dienste wie Amazon, Microsoft oder Google mit den Daten anstellen. Seit Edward Snowden wissen wir doch, wie ungeniert US-Behörden spionieren. Anstand, Ehre oder Verträge interessieren die NSA nicht. Und einige US-Konzerne nehmen es mit dem Datenschutz bekanntlich auch nicht so genau.

Deshalb ist es eine äußerst gute Idee, sich davon möglichst unabhängig zu machen – zum Beispiel mit eigenen Cloud-Diensten in Europa. Genau das hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier nun auf dem Digitalgipfel in Dortmund angeregt: Projekt Gaia-X. Mit europäischem Datenschutz. Ohne das Risiko, dass US-Geheimdienste überall ihre Nase reinstecken, US-Gerichte die Herausgabe von Daten anordnen oder US-Präsidenten Teile der Cloud abschalten, wie kürzlich erst (indirekt) geschehen. In Venezuela ist die Adobe Cloud nicht mehr erreichbar.

Wir brauchen mehr Kompetenz in Europa

Klar, dass Manager von US-Konzernen – so wie Sabine Bendiek von Microsoft – diese Idee gar nicht gut finden. Sie torpedieren den Gedanken für europäische Cloud-Lösungen. Man setzt auf „Partnerschaft“. Nur: Was nützt eine Partnerschaft, wenn am Ende das durchaus ernstzunehmende Risiko einer Abschaltung oder Belauschung durch US-Dienste besteht?

Es ist sehr viel sinnvoller, Kompetenz in Europa aufzubauen. Technisch. Logistisch. In jeder Hinsicht. Denn dann lassen sich endlich europäische Datenschutzwerte direkt umsetzen, ohne sich von US-Diensten anhören zu müssen, für sie gelte EU-Recht nicht. Auch Klimaziele lassen sich leichter und besser erreichen.

Klar, gerne können die US-Konzerne als Partner mitmachen. Aber diesmal dann vielleicht nicht als Chorleiter, sondern als Mitglied im Chor. Mal was völlig anderes.

Noch ist Gaia X nur ein Konzept – aber auch ein Ziel. Konkrete Umsetzung steht nicht unmittelbar bevor. Aber immerhin gibt es mal ein Ziel. Und ein Konzept. Und das ist schon eine ganze Menge wert.