Dorothee Bär will definitiv keine Klarnamenpflicht

von | 19.01.2020 | Digital

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat jetzt – nicht zum ersten Mal – eine Klarnamenpflicht im Netz gefordert. Jeder soll sich mit seinem richtigen Namen im Netz aufhalten. Das Ziel: Weniger Drohungen, Hass und Hetze im Netz. Das Problem ist allerdings: Es würde nichts bringen. Die Staatsministerin für Digitialisierung Dorothee Bär ist deshalb entschieden dagegen.

Von einer angenehmen Gesprächskultur kann „im Netz“ nur selten die Rede sein. Soziale Netzwerke fördern bekanntlich Erregung – und das funktioniert hervorragend. Viele User empören sich bis zum Äußersten.

Nicht wenige lassen jeden Anstand vermissen. Sie pöbeln, beleidigen, hetzen oder drohen – in machen Fälle mit dem Tode. Eine bedrückende Verrohung. Natürlich nicht nur im Netz, aber hier wird Hetze sichtbar.

Manche halten die vermeintliche Anonymität im Netz für die Ursache. Oder zumindest für einen Brandbeschleuniger. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat deshalb vor einigen Tagen erneut eine Klarnamenpflicht gefordert.

Die Hoffnung: Wenn alle sich mit Klarnamen im Netz bewegen, steigt die Hemmung, sich unflätig oder strafrechtlich relevant im Netz zu äußern. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer ist ähnlicher Ansicht.

Studie belegt: Anonyme User diskutieren weniger aggressiv

Viele halten diese Forderung für „Irrsinn“ oder „weltfremd“. Das ist zwar eine Meinung, aber noch kein Argument. Ich gebe zu: Auch ich würde annehmen, dass mehr Anstand einzieht, wenn jeder Name bekannt und/oder für jeden sichtbar ist.

Eine Studie der Universität Zürich belegt genau das Gegenteil: Anonyme User kommentieren weniger aggressiv als User mit Klarnamen.

Das einzige Argument, das für eine Klarnamenpflicht spricht, scheint also – wissenschaftlich gesehen – ein Trugschluss zu sein. Ich habe deshalb mit Dorothee Bär (CSU) gesprochen, der Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt. Ihre Haltung ist eindeutig:

Ich halte 0,0 von der Klarnamenpflicht. Aus ganz verschiedenen Gründen. Ich kann verstehen, dass man die Hoffnung hat, so wie Sie es formuliert haben, dass es sich dadurch bessert. Ich persönlich sage aber: Allein mir fehlt der Glaube. Natürlich wäre es wünschenswert zu sagen: Lasst es uns doch einfach mal verbieten, diese Pseudonyme und dann wird alles gut. Dann wird eben nicht alles gut.

Dorothee Bär.

 

Klarnamen: Keine echten Vorteile, aber viele Nachteile

Also: Glasklar eine andere Haltung als Wolfgang Schäuble – und übrigens auch als Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch sie würde lieber eine Klarnamenpflicht oder etwas Vergleichbares einführen.

Dorothee Bär ist der Überzeugung, dass eine Klarnamenpflicht das Problem nicht löst. Denn heute schon begehen viele Straftaten im Netz unter Klarnamen. Und deutsche Täter zu ermitteln ist auch möglich, wenn keine Klarnamen verwendet werden.

Die Nachteile einer Klarnamenpflicht wären ungleich größer als die möglichen Vorteile. Abgesehen davon ist fraglich, wie sich das überhaupt durchsetzen ließe, wenn man kein komplettes Überwachungs-Internet will.

Daher gibt’s derzeit nur eins: Alles melden und anzeigen, was einem auffällt. Und die Politik muss Behörden und Justiz besser dafür ausstatten. Viel besser!

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