Wer kontrolliert eigentlich Podcasts?

Der Fall Joe Rogan/Spotify: Was sollen Podcasts dürfen?

Podcasts werden weltweit immer populärer. Bislang kontrolliert und reguliert sie niemand. Aber kann und wird das so bleiben? Die aktuelle Kritik an den Podcasts von Joe Rogan bei Spotify könnte das ändern.

„The Joe Rogan Experience“ ist einer der weltweit erfolgreichsten Podcasts. Oft hören sich mehrere Millionen Menschen eine Episode des amerikanischer Podcasters an. Der ist allerdings alles andere als unumstritten. Denn ein Markenzeichen des bullig aussehenden sind klare Worte.

Auch solche, die durchaus als rassistisch, sexistisch oder gefährlich gelten. Das hat den Streamingdienst Spotify in eine schwierige Situation gebracht, denn Musiker wie Neil Young wollten nicht mehr im selben Streamingdienst sein wie Rogan, der Impfgegnern eine Stimme gibt. Welche Verantwortung haben Streamingdienste eigentlich?

The Joe Rogan Experience
„The Joe Rogan Experience“: Einer der erfolgreichsten Podcasts der Welt

Wenn Neil Young ein Podcast nicht gefällt…

Joe Rogan ist hier in Deutschland kein bekannter Name. Aber es hat sich herumgesprochen, dass der durchaus bekannte Musiker Neil Young – und nach ihm auch einige andere – ihre Musik aus Spotify genommen haben. Als Protest. Was ist passiert?

Man kann wohl mit Fug und Recht sagen: In den USA ist Joe Rogan eine große Nummer. Ein Kommentator. Ein Podcaster. Und sein Podcast „The Joe Rogan Experience“ ist einer der meistgehörten Podcasts überhaupt. Er läuft exklusiv bei Spotify. Spotify ist nicht nur ein Streamingdienst für Musik, sondern auch der wichtigste Anbieter von Podcasts.

Nun hat Joe Rogan in seinem Podcast häufig sehr kontroverse Gäste im Studio. Zuletzt auffallend häufig Menschen, die militante Impfverweigerer sind – und in Rogans Podcast unwidersprochen gefährliche Verschwörungsphantasien verbreitet haben.

Das fand der Musiker Neil Young irgendwann unerträglich und hat angekündigt, seine Musik aus Protest aus Spotify entfernen zu lassen. Andere Musiker sind ihm gefolgt. Unter diesem Druck hat Spotify dann irgendwann einige Podcasts-Folgen aus dem Programm entfernt.

Spotify streamt nicht nur Musik, sondern auch Podcasts
Spotify streamt nicht nur Musik, sondern auch Podcasts

Wer ist verantwortlich für die Inhalte?

Jetzt könnte man doch aber argumentieren: Die Macher der Podcasts sind für die Inhalte verantwortlich, nicht Spotify oder andere Plattformen, wo die Podcasts ausgespielt werden.

Da kommen wir zu einem wichtigen Punkt: Welche Verantwortung hat jemand, der einen Podcast verteilt? Es ist am Ende dieselbe Frage, die wir bei Plattformen wie Youtube oder Facebook schon seit Jahren stellen und diskutieren. Podcasts sind bislang allerdings merkwürdigerweise kein Thema gewesen, dabei erreichen sie heute auch Millionen Menschen und einige sind keineswegs besser als das, was man im Netz so lesen kann.

Wer ist also verantwortlich für einen Podcast? Natürlich der Macher des Podcasts. Aber bei Joe Rogan kommt noch etwas Wichtiges dazu: Spotify hat rund 100 Millionen Dollar bezahlt, um den Podcast von Rogan exklusiv auf Spotify zu haben. Eine unglaubliche Summe. Die aber auch zeigt, was für ein riesiges Geschäfts das mittlerweile ist.

Wer einen populären Podcast exklusiv hat, zieht viele Menschen an. Die hören sich Werbung an oder werden zu zahlenden Nutzern. Auf jeden Fall zu Kunden. Und so verdient Spotify sein Geld. Das ist nicht ganz genauso wie bei Plattformen, aber so ähnlich.

Podcasts sind erfolgreich

Redefreiheit – oder Inhalte überprüfen?

Podcasts werden ja weltweit immer populärer – auch bei uns hier in Deutschland. Es gibt immer mehr davon. Aber überprüft werden sie eher nicht…

Moment; Da muss man wohl unterscheiden. Podcasts aus Medienhäusern, etwa hier im WDR oder in anderen ARD-Anstalten, aber natürlich auch die großer Zeitungen wie ZEIT oder Spiegel, entstehen mehr oder weniger nach den handwerklichen Regeln des Journalismus. Da käme wohl niemand auf die Idee, völlig irrwitzige Thesen unwidersprochen stehenzulassen. Anders sieht es aus mit Podcastern, die nicht in erster Linie Journalisten sind – oder sogar gar keine.

In den USA sind auch Radio-Shows deutlich kontroverser und einseitiger als bei uns. Meinungsstärker, polarisierender. Hier bei uns in Deutschland geht es ja generell sehr artig zu. In den USA fliegen auch schon mal die Fetzen. In Podcasts erst recht.

Da wird klare Kante gezeigt, die Meinung gesagt. Wo will man da also einsteigen und reglementieren? Nach welchen Kriterien soll das gehen? Nach Reichweite? Je nachdem, wo es ausgespielt wird? Ich halte das für sehr schwierig. Man muss sich auch fragen: Ist es richtig, dass ein Musiker wie Neil Young entscheiden darf, was andere machen, etwa ein Podcaster? Das finde ich auch bedenklich. Das ist Cancel Culture auf neuen Niveau: Der, der die meisten Fans hat, kann den mit weniger Fans rausdrücken – weil alles kommerziellen Regeln unterworfen ist.

Audios überprüfen? Schwierig!

Ein weiteres Problem dürfte doch wohl auch sein, die Inhalte überhaupt zu prüfen…

Ein Tweet ist maximal 280 Zeichen lang. Ein Post auf Facebook auch nicht viel länger. So etwas ist schnell analysiert. Ein Podcast kann mehrere Stunden dauern. Wer soll sich das alles anhören? Auch KI dürfte da überfordert sein. Es ist technisch schwierig, es ist inhaltlich schwierig, da Entscheidungen zu fällen.

In der Musik haben wir das Problem doch auch: Unheimlich viele Rapper sind vulgär, sexistisch, rassistisch, diskriminierend. Und trotzdem läuft die Musik auf Streaming-Plattformen und sogar im Radio. Manchmal macht es „Piep“. Wir müssen uns also die Frage stellen, wie mit Podcasts umgegangen werden muss. Radiosender brauchen eine Lizenz. Podcaster nicht.

Obwohl einige mehr Menschen erreichen als Radiosender. Das ist doch eine verrückte Situation. Der aktuelle Fall Joe Rogan, Spotify und Neil Young ist eine gute Gelegenheit, sich mal Gedanken darüber zu machen, welche Regeln für Podcasts gelten sollen.

Ganz ähnliche Fragen müssen wir uns ja auch bei Videos stellen, die auf Youtube oder auch Instagram oder Tiktok landen. Die Politik muss das Thema angehen, aber auch die Gesellschaft. Denn einfache Antworten gibt es auch die Fragen meiner Ansicht nach nicht.

 

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