Das Netz – ein Ort für den gepflegten Gedankenaustausch, für seriöse Informationen, geistreiche Kommentare und respektvollem Umgang miteinander? Schön wär’s… Mit der Realität hat das jedenfalls nichts zu tun. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass es im Netz ziemlich rau zugeht – zuweilen sogar völlig unzivilisiert. Beleidigungen, Demütigungen, Verleumdungen, Hass und Hetze – in vielen Bereichen des Netz leider Alltag. Das soll sich nun – zumindest ein wenig – ändern. Der Bundestag hat ein Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität und Rechtsextremismus beschlossen. Ob das was bringt?
Das „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ richtet sich vor allem gegen all jene, die meinen, sie könnten im Netz ungeniert überall Hass verbreiten und Menschen auch mit Gewalt drohen. Bislang waren nur Morddrohungen strafbar, künftig ist es auch die Androhung von Gewalt. „Pass auf: Wir hängen Dich auf!“ war also auch schon vorher strafbar, „Pass auf: Wir prügeln Dir den letzten Knochen aus dem Körper“ aber nicht, das war dann wohl eher Prosa.
Künftig können Gerichte Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren verhängen, wenn jemand im Netz Gewalt androht. Darauf weist auch die Justizministerin Christine Lambrecht hin. Die AfD stimmte – wenig überraschend – gegen das Gesetz. Die Linken aber auch. Die Grünen enthielten sich, mit der Begründung, „dass massenhaft Benutzerdaten ohne vorherige rechtliche Prüfung ans BKA gehen.“
Besserer Schutz von Kommunalpolitik
Aber das Gesetz soll auch Kommunalpolitiker besser schützen Ein weiterer zentraler Punkt im neuen Gesetz ist der bessere Schutz von Kommunalpolitikerinnen und -politikern. Denn bislang gilt der Tatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens für sie nicht, nur für Bundes- und Landespolitiker.
Der Schutz wird ausgedehnt, die Strafbarkeit soll auch für Taten gegen Personen bis hin zur kommunalen Ebene gelten. Sofern es sich um antisemitische Motive handelt, soll das bei der Strafzumessung besonders berücksichtigt werden.
Soziale Netzwerke müssen melden
OK, das Auge des Gesetzes soll also genauer hinschauen. Das gilt nicht nur, aber auch fürs Netz.
Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter müssen bestimmte Posts künftig nicht nur löschen, wie es das NetzDG vorsieht, sondern sofort dem Bundeskriminalamt (BKA) melden. Um die Täterinnen und Täter schnell zu identifizieren, müssen sie auch IP-Adressen weitergeben. Das soll den Behörden laut Lambrecht helfen, die Urheber von Hasskommentaren im Netz schnell zu finden und strafrechtlich zu verfolgen.
Aber genau dagegen richtet sich auch die Kritik: Die Provider sollen die IP-Adressen automatisch an die Behörden weitergeben. Ungeprüft. Daran stören sich Netzaktivisten und viele andere, etwa Renate Künast von den GRÜNEN, die selbst häufig genug im Netz bedroht wurde.
Durchsetzung des Gesetzes aber schwierig
Man könnte aber den Eindruck gewinnen: Es werden ständig neue Gesetze beschlossen oder diskutiert, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, ePrivacy Act, jetzt dieses Gesetz – so richtig besser wird es nicht.
Das hat vor allem mit dem Datenschutz zu tun. Es ist unglaublich schwierig, selbst in harten Kriminalfällen, an die nötigen Daten zu kommen – zumindest dann, wenn man nicht schnell genug ist. Denn die Vorratsdatenspeicherung ist ausgesetzt. IP-Adressen verlieren ganz schnell ihre Aussagekraft, schon nach wenigen Wochen.
Die Anonymität im Netz ist ein erhebliches Problem, wer Recht und Gesetz durchsetzen will. Und viele Menschen glauben zudem, das Recht der freien Meinungsäußerung enthalte keinerlei Beschränkung – was faktisch nicht stimmt.
Am Ende wird nur dann wirklich etwas passieren können, wenn mehr Nutzerdaten vorliegen, fürchte ich.