KI-Browser sind der neue heiße Scheiß. Nach Perplexity Comet und dem Dia-Browser legt jetzt auch OpenAI nach – mit ChatGPT Atlas. Wir haben uns den Browser angeschaut und verraten euch, ob sich der Umstieg lohnt.
Die Browser-Landschaft ist im Umbruch. Überall wird experimentiert, wie sich künstliche Intelligenz sinnvoll in unsere tägliche Surf-Erfahrung integrieren lässt. Microsoft hat seinen Copilot in Edge eingebaut,
Google werkelt an einer engeren Verzahnung von Gemini mit Chrome, und Perplexity hat mit Comet einen eigenen KI-Browser vorgestellt. Jetzt mischt auch OpenAI mit: ChatGPT Atlas heißt der neue Browser, der die KI-Power von ChatGPT direkt ins Surfen bringen soll.
Chromium-Basis: Keine Experimente beim Fundament
Die gute Nachricht vorweg: Ihr müsst euch nicht komplett umgewöhnen. Atlas basiert – wie Chrome, Edge und die meisten anderen Browser auch – auf Googles Open-Source-Plattform Chromium. Das bedeutet: Websites sehen und funktionieren genauso wie in Chrome. Eure liebgewonnenen Browser-Erweiterungen aus dem Chrome Web Store? Funktionieren. Lesezeichen und Passwörter? Lassen sich problemlos importieren.
Optisch hat OpenAI allerdings ein paar subtile Anpassungen vorgenommen. Die Adressleiste verschmilzt elegant mit dem Hintergrund, wenn ihr nicht gerade mit der Maus darüber fahrt. Alles wirkt etwas aufgeräumter und minimalistischer – aber im Kern bleibt es vertrautes Terrain.
ChatGPT überall: So ist die KI integriert
Der eigentliche Clou von Atlas ist natürlich die ChatGPT-Integration. Und die ist wirklich überall präsent. Öffnet ihr einen neuen Tab, begrüßt euch direkt ChatGPT. Die Adressleiste nimmt nicht nur URLs entgegen, sondern versteht auch eure Fragen an die KI. Ihr könnt also einfach lostippen: „Wie wird das Wetter morgen?“ oder „Fasse mir die wichtigsten Tech-News zusammen“ – und bekommt direkt Antworten.
Am rechten oberen Rand findet ihr einen Button „ChatGPT fragen“. Ein Klick darauf, und eine Seitenleiste klappt auf. Hier könnt ihr Fragen zur aktuell geöffneten Website stellen. Praktisch etwa, um lange Artikel zusammenfassen zu lassen oder komplizierte Sachverhalte erklärt zu bekommen.
Besonders clever: Markiert ihr Text in einem Eingabefeld (zum Beispiel in eurem Webmail-Interface), erscheint ein kleiner blauer Punkt. Darüber könnt ihr den Text umformulieren, kürzen oder in einem anderen Ton schreiben lassen. Das kennt ihr vielleicht schon von anderen KI-Tools – aber hier ist es nahtlos in den Browser integriert.
Der Agentenmodus: KI, die für euch surft
Hier wird es richtig spannend – allerdings nur für zahlende Kunden. Mit einem ChatGPT-Abo (Plus, Pro oder Team) bekommt ihr Zugriff auf den sogenannten Agentenmodus. Der unterscheidet Atlas wirklich von der Konkurrenz.
Der Clou: Die KI surft nicht nur für euch, sondern interagiert aktiv mit Websites. Ihr gebt eine Aufgabe vor („Finde die beste Sonnencreme und lege sie bei Amazon in den Warenkorb“), und Atlas macht sich an die Arbeit. Die KI zerlegt eure Anfrage in Einzelschritte und arbeitet diese nacheinander ab.
Optisch ist das ziemlich cool gelöst: Ein Glitzereffekt zeigt, dass die KI gerade die Kontrolle hat. Ein animierter Cursor bewegt sich über die Seite und führt die Aktionen aus. Über eine Schaltfläche am unteren Rand könnt ihr jederzeit eingreifen und die Kontrolle zurücknehmen.
Geduld mitbringen: Geschwindigkeit ist nicht alles
Klingt nach Zukunft? Ist es auch. Aber: Ihr braucht Geduld. Im Test von t3n dauerte schon die simple Aufgabe, eine Sonnencreme zu suchen und in den Warenkorb zu legen, ganze drei Minuten. Bei komplexeren Aufgaben könnt ihr euch entspannt zurücklehnen – oder gleich eine Kaffeepause einlegen.
Der Agentenmodus funktioniert bei einfachen Aufgaben durchaus zuverlässig. Die KI kann Informationen aus dem Web beziehen und basierend darauf handeln. Aber: Je komplexer die Aufgabe, desto größer die Fehleranfälligkeit. Im Test scheiterte Atlas beispielsweise daran, selbstständig eine Browser-Erweiterung zu installieren. Die KI fand die Erweiterung zwar und klickte auch auf „Installieren“, hatte aber keinen Zugriff auf das Bestätigungsfenster. Ihr Fazit daraus? Dass eine Google-Anmeldung nötig sei – was aber gar nicht das Problem war.
Datenschutz: Was weiß OpenAI über euch?
Ein wichtiger Punkt: Eure Privatsphäre. OpenAI verspricht, die von euch besuchten Websites standardmäßig nicht zum Training der KI zu verwenden. Wer das aber möchte, kann es in den Einstellungen aktivieren.
Atlas merkt sich allerdings Informationen über eure Webaktivitäten. Das soll der KI helfen, bessere Antworten zu liefern. Laut OpenAI werden keine persönlichen Daten wie Ausweisnummern, Bankinformationen oder Gesundheitsdaten gesammelt. Von außen überprüfen lässt sich das natürlich nicht. Immerhin: Ihr könnt die Erinnerungsfunktion komplett abschalten.
Ein kleines Extra für Mac-Nutzer: Wer macOS 15 und Apple Intelligence aktiviert hat, kann Website-Zusammenfassungen lokal auf dem Gerät ausführen lassen – ohne dass Daten zu OpenAI wandern.
Lohnt sich der Umstieg?
ChatGPT Atlas ist zweifellos der bislang beeindruckendste KI-Browser auf dem Markt. Der Agentenmodus zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Aber: Ist das ein Grund, von Chrome oder Firefox zu wechseln?
Für Poweruser, die bereits ein ChatGPT-Abo haben und keine großen Datenschutzbedenken haben, ist Atlas definitiv einen Blick wert. Der Agentenmodus kann tatsächlich Zeit sparen – wenn man die Geduld mitbringt.
Für Gelegenheitsnutzer sieht es anders aus. Die kostenlosen Features unterscheiden sich nicht dramatisch von dem, was ihr auch mit Browser-Erweiterungen für ChatGPT erreichen könnt. Und ob sich allein für den Browser ein Abo lohnt? Eher nicht.
Die eigentliche Herausforderung für OpenAI liegt ohnehin woanders: Google. Der Suchmaschinen-Gigant hat nicht nur die meistbesuchte Website der Welt, um Chrome zu bewerben, sondern integriert auch immer mehr KI-Features direkt in die Suche. Da wird es schwer für Atlas, wirklich Fuß zu fassen.
Fazit: ChatGPT Atlas ist ein spannender Blick in die Zukunft des Browsing. Aber die Zukunft ist noch nicht ganz fertig – sie braucht noch Zeit. Und Geduld. Viel Geduld.
