Wir befinden uns mitten in der zweiten Welle von Corona. Die Corona Warn App soll eigentlich ein Werkzeug sein, das uns schützt, schneller warnt, die Gesundheitsämter entlastet. Aber auch die App stößt längst an ihre Grenzen. Viele wollen mehr Daten haben, die die App aber aus Datenschutzgründen nicht bereitstellt. Doch die Forderungen werden lauter: Cluster-Nachverfolgung ist so eine Forderung. Was ist das – und ist das sinnvoll? Gemeinsam mit Dennis Horn habe ich mich in der neuesten Ausgabe vom Cosmotech Podcast intensiv mit dieser Frage beschäftigt.
Der Virologe Professor Christian Drosten verlangt schon lange nach einen Kontakttagebuch, in dem wir eintragen sollen, wen wir getroffen haben, wem wir begegnet sind. Um im Fall der Fälle diese Personen warnen zu können. Ist das mit „Clusternachverfolgung“ gemeint?
Nicht genau so, aber es geht in die Richtung. Die Grünen im Bundestag haben eine solche Clusterverfolgung vorgeschlagen. Cluster = Gruppe. Die Idee: Wenn sich mehrere Menschen treffen, etwa in einem Meeting, in einem Restaurant – wenn das wieder erlaubt ist – oder auch zu Hause, dann könnte eine/r einen Cluster eröffnen. Idealerweise direkt in der App. Es wird dann ein QR-Code generiert, denn alle Anwesenden scannen.
Die Apps wissen dann: Hier war ein Cluster zusammen. Auch ohne dass Bluetooth umständlich die Abstand messen müsste. Die Daten bleiben aber im Handy, werden nicht weitergegeben. Ist eine Person später infiziert, könnte die ganze Gruppe zuverlässig gewarnt werden. Das wäre ein enormer Fortschritt, ohne dass es Datenschutzbedenken gibt. Das könnte auch am Arbeitsplatz oder im Restaurant oder Konzert funktionieren. Eine gute Idee, die gute Chancen hat, in den nächsten Wochen umgesetzt zu werden.
Wir haben prominente Gesprächspartner diesmal im Podcast. Unter anderem Professor Julian Rümelin, der bei Anne Will gefordert hat, dass wir es wie in Südkorea machen sollen. Eine App, die trackt, nicht tracet. Was meint er damit genau?
Nun, Julian Rümelin argumentiert, dass war alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen sollten – und seiner Ansicht nach aus müssten -, die es erlauben, die Pandemie besser einzudämmen. Und vor allem, die überlasteten Gesundheitsämter zu entlasten. Denn die müssen im Fall eines positiven Testergebnisses wissen: Wo sind wir in den letzten 14 Tagen gewesen und wen haben wir getroffen.
Eine Tracking-App wüsste das alles natürlich und wäre in dieser Hinsicht sehr viel auskunftsfreudiger. Rümelin wünscht, dass die App das kann. Das ist umstritten. Dese Diskussion haben wir ja bereits gehabt: Wir als Gesellschaft haben uns für mehr Datenschutz entschieden. Deshalb lassen sich wohl nicht alle davon überzeugen, dass nun getrackt statt getracet werden soll. Denn das würde bedeuten: Die App weiß, wo wir waren. Das ist den meisten nicht recht.
Wie sehen das denn die Leute, die die App benutzen: Sind die zufrieden oder wünschen sie sich neue Funktionen?
Die Wirtschaftswoche hat da gerade eine Studie veröffentlicht. Mit interessantem Ergebnis: Dass viele die Meldungen verwirrend finden und sich präzisere Meldungen wünschen, überrascht nicht. Überraschend ist, dass über 80% der Menschen es begrüßen würden, wenn die Corona Warn App mehr Infos anzeigen würde.
Etwa: Wann und wo hat der Risikokontakt stattgefunden? Wann wird demnächst wirklich angezeigt. Wo aber nicht, denn das weiß die App nicht.
Wirklich überraschend aber ist, dass sich recht viele Menschen wünschen würden, die App würde sich auch den Ort merken. Das würde nicht wenige App-Muffel sogar motivieren, die App doch noch zu installieren. Es gibt also nicht nur solche Nutzer, die auf extremen Datenschutz achte, sondern auch nicht wenige, denen es wichtiger wäre, die App wüsste mehr. Ganz im Sinne von Rümelin also.
Ihr seht schon: Es gibt wirklich eine Menge zu besprechen. Und das machen wir im Podcast auch.
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