Deutschland checkt sein Netz: Erste bundesweite Mobilfunk-Messwoche startet

von | 27.05.2025 | Digital

Bund, Länder und Kommunen rufen zur Funkloch-Jagd auf – Bürgerbeteiligung soll Realität der Mobilfunkversorgung aufdecken

Deutschland testet sein Netz: Noch bis zum kommenden Sonntag läuft die erste bundesweite Mobilfunk-Messwoche. Eine ambitionierte Aktion von Bund, Ländern und Kommunen, bei der alle Smartphone-Nutzer mitmachen können – und sollten.

Das Ziel ist ehrgeizig: Die tatsächliche Netzqualität erfassen, Funklöcher aufspüren und die letzten weißen Flecken auf der deutschen Mobilfunk-Landkarte schließen.

Die App trackt die Bewegung(en) und merkt, ob Funklöcher vorliegen
Die App trackt die Bewegung(en) und merkt, ob Funklöcher vorliegen

Realitätscheck für die Mobilfunkversorgung

Bisher kennen wir hauptsächlich die Versorgungsdaten der Netzbetreiber. Die klingen auf dem Papier beeindruckend: 97,53 Prozent 4G-Flächenversorgung, über 93 Prozent 5G-Abdeckung. Doch diese Zahlen können von der Alltagsrealität erheblich abweichen. Wer kennt das nicht: Laut Anbieter sollte überall bestes Netz sein, aber im entscheidenden Moment – mitten in der Stadt oder auf dem Land – bricht die Verbindung weg.

Genau hier setzt die bundesweite Messwoche an. „Eine wichtige Erfolgsvoraussetzung ist, dass wir Transparenz über Netzlücken und Performance haben, um schneller handeln zu können“, erklärt Bundesdigitalminister Karsten Wildberger. Die Aktion ist als großangelegter Realitätsabgleich konzipiert: Stimmen die offiziellen Daten mit dem überein, was Nutzer täglich erleben?

So einfach funktioniert die Teilnahme

Mitmachen ist denkbar einfach und dauert nur wenige Minuten. Man benötigt lediglich die kostenlose „Breitbandmessung“-App der Bundesnetzagentur, die sowohl im App Store als auch bei Google Play verfügbar ist. Eine Registrierung ist nicht nötig.

Der Ablauf in drei Schritten:

  1. App herunterladen und die Funktion „Funklöcher erfassen“ aktivieren (nicht die normale Breitbandmessung!)
  2. App im Hintergrund laufen lassen, während man unterwegs ist
  3. Die App erfasst automatisch alle 50 Meter die Netzqualität

Die App dokumentiert dabei präzise, ob überhaupt Netz vorhanden ist und mit welcher Technologie das Smartphone verbunden ist – 2G, 4G oder 5G. Besonders clever: Funklöcher werden im Offline-Modus erfasst und erst bei der nächsten verfügbaren Internetverbindung übertragen. Alle Daten werden anonymisiert verarbeitet und fließen in eine wöchentlich aktualisierte Online-Karte ein.

Die Problematik der grauen und weißen Flecken

Die offiziellen Zahlen verschleiern ein wichtiges Detail: Knapp 14 Prozent der Bundesfläche gelten als „graue Flecken“ – Gebiete, die nur von einem oder zwei der vier Netzbetreiber versorgt werden. Wer Pech hat und beim falschen Anbieter ist, steht trotz theoretischer Abdeckung ohne Netz da.

Noch dramatischer sind die „weißen Flecken“: 2,1 Prozent der Landesfläche haben weder 4G noch 5G. Das mag nach wenig klingen, umfasst aber durchaus relevante Bereiche – gerade im ländlichen Raum, wo Menschen leben und arbeiten, die auf zuverlässige Mobilfunkversorgung angewiesen sind.

Mehr als nur Telefonieren: Wirtschaftsfaktor Mobilfunk

Die Bedeutung geht weit über das klassische Telefonieren hinaus. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer bringt es auf den Punkt: „Eine flächendeckende digitale Versorgung ist Grundvoraussetzung für unsere modernen Betriebe mit ihren vielfältigen digitalen Anwendungen – von der präzisen Ausbringung von Dünger bis hin zur Tierüberwachung in Echtzeit.“

Moderne Landwirtschaft, intelligente Energiesysteme, autonomes Fahren – all das funktioniert nur mit lückenloser Mobilfunkversorgung. Auch Notrufdienste sind darauf angewiesen. Ein Funkloch kann im Ernstfall lebensbedrohlich werden.

Strategischer Wandel: Von Haushalten zu Flächen

Parallel zur Messwoche vollzieht sich ein wichtiger strategischer Wandel: Die Bundesnetzagentur plant erstmalig, Flächen- statt Haushaltsauflagen zu erlassen. Bisher wurde gemessen, wie viele Haushalte Zugang zum Mobilfunk haben. Künftig soll die geografische Abdeckung im Fokus stehen.

Das ist ein Paradigmenwechsel, der besonders dem ländlichen Raum zugute kommt. Denn während in dicht besiedelten Gebieten eine Basisstation viele Haushalte versorgt, müssen auf dem Land oft weite Strecken für wenige Bewohner abgedeckt werden – ein Geschäft, das für Netzbetreiber wenig lukrativ ist.

Der Bundesrat hat eine entsprechende Entschließung gefasst und fordert eine Abdeckung von 99,5 Prozent des Bundesgebiets. Experten sehen das jedoch nur als Zwischenschritt – für topografisch herausfordernde Regionen könnte das noch nicht ausreichen.

Bürgerbeteiligung als Erfolgsfaktor

Die Mobilfunk-Messwoche zeigt, wie wichtig Bürgerbeteiligung bei der digitalen Infrastruktur ist. In Nordrhein-Westfalen machte eine ähnliche Aktion bereits Furore: Über 36.000 Teilnehmer erfassten mehr als 13 Millionen Messpunkte. Ein beeindruckendes Beispiel für Crowd-Intelligence.

Je mehr Menschen mitmachen, desto präziser wird das Bild der tatsächlichen Versorgung. Die Daten helfen nicht nur dabei, Problemzonen zu identifizieren, sondern auch positive Entwicklungen sichtbar zu machen. Sie bilden die Grundlage für gezielte Investitionen in den Netzausbau.

Fazit: Jeder Klick zählt

Die bundesweite Mobilfunk-Messwoche ist mehr als eine technische Datenerhebung – sie ist ein demokratisches Projekt. Erstmals können Bürger direkt dazu beitragen, die digitale Infrastruktur ihres Landes zu verbessern. Wer bis Sonntag mitmacht, hilft dabei, Deutschland fit für die digitale Zukunft zu machen.

Also: Smartphone zücken, App runterladen und Deutschland beim Netz-Check unterstützen. Jeder erfasste Messpunkt bringt uns der Vision einer lückenlosen Mobilfunkversorgung einen Schritt näher.