Doomscrolling: Krieg überall – auch auch im Hochformat

von | 18.03.2022 | Digital

Zwei Jahre Corona, jetzt Krieg in der Ukraine: Die Medien sind voll mit schlechten Nachrichten, Hiobsbotschaften und schlimmen Bildern. Das bringt einen Begriff an die Oberfläche, den viele noch nicht kannten: „Doomscrolling“. Was verbirgt sich dahinter?

Der Krieg in der Ukraine ist derzeit in den Medien allgegenwärtig. Denn die Bedrohung durch Russland und das, was da in der Ukraine vor sich geht, will eingeordnet und verstanden werden. Praktisch kein Tag vergeht ohne „Brennpunkt“ oder Extras. Aber auch die Sozialen Medien sind voll mit dem Thema.

So voll, dass manche Menschen sich schon überfordert fühlen. Denn es macht natürlich was mit einem, wenn man praktisch rund um die Uhr mit den unterschiedlichsten Aspekten des Kriegs konfrontiert wird. Auch auf dem Handy.

Der Begriff „Doomscrolling“

Der Begriff „Doomscrolling“ bezeichnet den „exzessiven Konsum negativer Nachrichten im und aus dem Internet“.

„Doom“ bedeutet im Englischen ja: Ein drohendes schwerwiegendes Problem, das unvermeidbar ist. Ein Gefühl von Gefahr, schwerwiegender Gefahr, Düsternis oder Verzweiflung. Der Tod, das Schicksal oder das Ende. Es gibt populäre Computerspiele, die so heißen.

Und genau das ist damit auch gemeint: Ich schaue in mein Handy und kann quasi unentwegt scrollen und scrollen – und es kommen immer mehr schlimme Nachrichten, Bilder und Erkenntnisse. Das Display ist voll damit. Und wie das mit dem Smartphone so ist: Die Algorithmen der Social Media wählen aus, was am meisten Aufmerksamkeit bekommt – und alles andere wird ausgeblendet.

Und so sehen wir reguläre Nachrichten, aber auch auf Facebook, Youtube, Twitter und sogar TikTik sehr viel über den Ukraine-Kriegt – und auch jede Menge schlimmer Bilder. Und als wäre das noch nicht schlimm und tragisch genug, sind auch noch jede Menge Fake-News darunter, die auch nicht gerade „Aufheller“ sind. Ein solches Doomscrolling, also der gesteigerte Konsum von vornehmlich negativen Schlagzeilen kann gesundheitsschädliche psychologische Folgen haben.

Kriegsbilder und Infos über den Krieg überall

Kriegsbilder und Infos über den Krieg überall

Gesundheitliche Folgen

Und genau das kann gesundheitliche Folgen haben. Und selbst die Jüngeren bleiben nicht verschont, da auch auf TikTok der Krieg eine Rolle spielt.

Auch auf TikTok wählen Algorithmen aus, was die User zu sehen bekommen – viel stärker als auf Instagram. Und so kommt es, dass auch TikTok-Nutzer Bilder aus dem Krieg zu sehen bekommen – zwischen all den üblichen Tanz- und Spaß-Videos, die da so üblich sind. Ein Panzer, der durch eine Wohnsiedlung rollt. Ein Soldat, der eine ukrainische Flagge hisst.

Menschen, die in einen oder aus einem Bunker laufen. Politiker in Soldaten-Kluft. Selbst ein Kind oder Jugendlicher nicht genau weiß, worum es hier geht, sind die Bilder doch eindeutig. Krieg. Konflikt. Leid. Kinder, denen es nicht gut geht. TikTok bringt die Bilder in die Köpfe der Kinder und Jugendlichen. Und sie müssen diese Bilder nicht abonnieren oder gezielt suchen, sie poppen so auf den Displays auf. Aus diesem Grund ist es aktuell wichtiger denn je, dass Eltern genau kontrollieren, was ihre Kinder am Handy machen – und mit ihnen sprechen.

Frau in Krisensituation

Jetzt werden viele sagen: Moment! Das ist erstaunlich, dass so viele Bilder aus der Ukraine zu sehen sind. Ich kann mich erinnern, dass die teilweise auch sehr brutalen Demonstrationen in Hongkong auf TikTok kaum zu sehen waren…

Ja, das fällt mir auch auf. Es verstärkt den Verdacht, dass die chinesische Regierung hier Einfluss genommen hat: Die Proteste in Hongkong sollte keiner sehen. Deswegen haben die Algorithmen sie ignoriert, muss man annehmen. Der Krieg in der Ukraine jedenfalls ist auf Instagram mehr als nur präsent.

Ukraine-Konflikt in Podcasts

Bilder ist eine Sache, Worte eine andere. Offensichtlich gibt es auch einige Podcasts, die sich mit dem Ukraine-Konflikt beschäftigen.

„Generäle auf allen Kanälen“, hat ein Kollege geschrieben. In Talkshows sowieso. Aber auch viele Podcasts beschäftigen sich mit dem Thema. Eine Art „Krisen-Podcast“, könnte man sagen. Mit Christian Drostens „Corona Virus Update“ vom NDR wurde ein Podcast geschaffen, der äußerst erfolgreich war und ist – in einer Krise entstanden.

Und fast hat man den Eindruck, da wollten viele nacheifern. Es sind einige neue Podcasts rund um den Krieg in der Ukraine entstanden. Der NDR ist mit zwei Podcasts dabei: „Krieg in Europa: Das Update zur Lage“ liefert zwei Mal(!) täglich Updates zum Konflikt. Außerdem gibt es den Podcast „Streitkräfte und Strategien“, den es schon länger gibt, ebenfalls täglich derzeit.

Der MDR hat einen Podcast „Was tun, Herr General?“ und den ARD-Podcast „Alles ist anders: Krieg in Europa“, der sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet. Aber auch Spiegel und viele andere haben Podcasts am Start. Einige gab es vorher schon, andere wurden neu erfunden. Auch in der Podcast-Welt ist Teil des Doomscrollings. Immerhin ist es bei Podcasts so, dass man sich gezielt aussucht, was man sich anhört.

Fake-News eindämmen

On top haben wir noch das Problem, dass auch Fake-News in den Sozialen Medien kursieren. Fotos, die alt sind, aber dem aktuellen Konflikt zugeordnet werden oder komplett gefälschte Fotos und Videos. Was tun?

Das ist ein wachsendes Problem. Ich kann nur empfehlen: Nicht alles glauben. Und schon gar nicht Teil des Problems sein und alles gleich in der eigenen Community teilen. Im Zweifel ist es hilfreich, bei mimikama.at mal nachzuschauen. Denn hier sind Fakten-Checker am Werk, die im Augenblick eine ganze Menge viral gehender Nachrichten und Fotos analysieren und den Wahrheitsgehalt einordnen. Das ist eine sehr wichtige Arbeit – auch und vor allem, damit man nicht auch noch unter den Fake-News leidet.