Elon Musk und Twitter: Was wäre, wenn Twitter ein Stadion wäre?

von | 20.12.2022 | Digital

Man muss Elon Musk fast dankbar sein: Seine Kapriolen der vergangenen Wochen machen deutlich, dass für öffentlichen Raum kaum Regeln existieren. Das wäre in anderen Bereichen so nicht denkbar. Hoffentlich.

Man stelle sich vor, der Betreiber eines Fußball-Stadions würde entscheiden, im Stadion dürfte nur noch Bier verkauft werden, kein Mineralwasser – weil Bier die Stimmung hebt, den Konsum steigert und sowieso einen besseren Deckungsbeitrag aufweist. Gut für den Betreiber also, der will ja verdienen. Und weil der so reich und mächtig ist, sind alle überglücklich, sich mit ihm zu zeigen.

Gewinnmaximierung und maximale Redefreiheit

Man stelle sich vor, die Fluchtwege würden bei populären Veranstaltungen ungeniert mit Stehplätzen zugestellt – klar, der Betreiber, der das Stadion vor kurzem für verteufelt viel Geld gekauft hat, der will halt optimalen „Return of Invest“.

Und weil der neue Stadion-Chef so locker und cool ist, gilt maximale Freiheit in der Wettkampfstätte. „Bei uns könnte Ihr Euch austoben!“, steht über den Eingängen. Und das ist wörtlich gemeint: Wenn die Hooligans in der Fankurve rassistische Lieder skandieren, auf ihren T-Shirts von US-Herstellern antisemitische Symbole prangen und Plakate vor sich hertragen, auf denen dem gegnerischen Trainer der Tod gewünscht wird, geht das in Ordnung, weil die Hausordnung des Stadions allen Gästen uneingeschränkte Rede- und Meinungsfreiheit garantiert.

Elon Musk hat auf Twitter abstimmen lassen

Jugendliche schützen? Warum denn…

Natürlich geht es auch in Ordnung, wenn pöbelnde Banden brutal Jugendliche drangsalieren. Denn die zu schützen, das ist schließlich Aufgabe der Eltern.

Und seit einigen Wochen schon wird darüber diskutiert, ob der Besuch der Toiletten nicht den Besuchern mit dem blauen Haken auf den Tickets vorbehalten bleiben sollte. Wer dafür zahlt, dessen Bedürfnisse sind einfach wichtiger.

Ich hoffe, wir würden so ein Stadion nicht zulassen.

Öffentlicher Raum braucht Schutz

Wir lassen aber zu, dass es öffentliche Plätze gibt, auf denen es genau so – und schlimmer! – zugeht. Twitter stellt einen öffentlichen Raum zur Verfügung – und deshalb geht es die Öffentlichkeit auch was an, welche Regeln dort gelten. Wer sich dort aufhält. Welcher Ton hier herrscht. Wer zu Schaden kommt.

All jene, die argumentieren, Twitter sei halt ein privates Unternehmen und könne deshalb machen was es wolle verkennt völlig die Realität. Kein Unternehmen kann machen was es will. Ganz besonders dann nicht, wenn es die öffentliche Sicherheit tangiert, die Gesundheit einzelner oder vieler, den gesellschaftlichen Zusammenhalt oder generell systemrelevant ist. In all diesen Bereichen gibt es strenge Regeln.

Auch Krankenhäuser werden heute privat betrieben. Aber wollen wir zulassen, dass jeder Betreiber selbst und eigenmächtig entscheidet, wie es betrieben wird?

Dasselbe gilt auch für öffentliche Plattformen – und für Twitter. Elon Musk zeigt, wie dramatisch es ist, dass ein Vakuum an Regeln für diese öffentlichen Plätze existiert

Die Politik muss endlich handeln. Nicht, um die Inhalte zu kontrollieren. Auf keinen Fall. Aber, um für eine öffentliche Ordnung zu sorgen.