Endlich werden künstliche Grenzen eingerissen: Android- und iPhone-Nutzer können jetzt drahtlos per AirDrop Daten und Fotos austauschen. Google hat das ohne Apples Mitarbeit gebaut.
Jahrelang war es ein digitaler Krampf: Du stehst mit Freunden oder der Familie zusammen, willst schnell ein paar Fotos oder Videos teilen – und dann das. Du mit Android, sie mit iPhone. Oder umgekehrt. Statt eines schnellen Fingertipps musste man auf WhatsApp ausweichen, wo die Bilder komprimiert wurden, oder man schickte sich E-Mails mit Anhängen wie im Jahr 2010. Die unsichtbare Mauer zwischen Android und iOS hat genervt – bis jetzt.
Google hat eine kleine Revolution angezündet: Quick Share, Googles Antwort auf Apples AirDrop, kann jetzt mit genau diesem AirDrop kommunizieren. Das bedeutet: Android-Nutzer können Dateien direkt an iPhones schicken, iPhone-Nutzer direkt an Android-Geräte. Keine Cloud, keine Apps, keine Kompromisse bei der Qualität. Die Dateien wandern direkt von Gerät zu Gerät – so wie es sein sollte.
Wie funktioniert das?
Das Geniale: Ihr braucht keine zusätzlichen Apps. Google hat Quick Share so erweitert, dass es AirDrop erkennt und mit ihm spricht. Wenn ein Android-Nutzer Dateien verschicken will, tauchen plötzlich auch iPhones in der Nähe als mögliche Empfänger auf. Auf dem iPhone erscheint dann die gewohnte AirDrop-Anfrage – annehmen oder ablehnen, fertig.
Auch in die andere Richtung klappt es: iPhone-Nutzer können per AirDrop Dateien an Android-Geräte senden. Allerdings muss auf dem Android-Handy vorher der Empfang aktiviert werden, damit das iPhone es überhaupt findet.
Die Übertragung läuft direkt über WLAN und Bluetooth zwischen den Geräten. Keine Server dazwischen, keine Komprimierung, alles bleibt in Originalqualität. Google betont, dass die Funktion mit höchsten Sicherheitsstandards entwickelt und von unabhängigen Experten geprüft wurde.
Der Haken: Erstmal nur für Pixel 10
Klingt traumhaft? Ist es auch – mit einer Einschränkung. Google hat die Funktion bisher nur für die Pixel-10-Familie freigeschaltet. Das sind also aktuell das Pixel 10, Pixel 10 Pro und Pixel 10 Pro XL. Weitere Pixel-Modelle sollen in Zukunft folgen, aber wann genau und ob überhaupt andere Android-Hersteller wie Samsung, Xiaomi oder OnePlus nachziehen, ist noch unklar.
So aktiviert ihr die Funktion auf dem Pixel 10
Falls ihr ein Pixel 10 habt, müsst ihr die Funktion einmalig aktivieren. Das geht so:
- Einstellungen öffnen
- Euren Namen (ganz oben) auswählen
- Zu Alle Dienste > Datenschutz & Sicherheit > Systemdienste wechseln
- Quick Share Extension auswählen
- Aktualisieren aktivieren
- Handy neu starten
Nach dem Neustart ist euer Pixel 10 bereit für den direkten Datenaustausch mit iPhones.
So teilt ihr Dateien zwischen Android und iPhone
Von Android zu iPhone:
Öffnet Quick Share auf eurem Pixel 10, wählt die Dateien aus, die ihr verschicken wollt. Jetzt sollten auch iPhones in der Nähe als Empfänger erscheinen. Wählt das gewünschte iPhone aus, tippt auf Senden – und schon bekommt der iPhone-Nutzer eine AirDrop-Anfrage, die er bestätigen muss.
Von iPhone zu Android:
Wichtig: Auf dem Android-Gerät muss Quick Share eingeschaltet sein. Dann funktioniert es genauso wie bei der Übertragung zwischen iPhones. Auf dem iPhone wählt ihr die Dateien aus, tippt auf den Teilen-Button, wählt AirDrop – und jetzt sollte auch das Android-Gerät auftauchen.
Achtung: Aktuell funktioniert auf dem iPhone nur der AirDrop-Modus „Für alle (10 Minuten)„. Der Modus „Nur für Kontakte“ wird noch nicht unterstützt. Google sagt, man würde gerne mit Apple zusammenarbeiten, um auch das zu ermöglichen – ob Apple mitmacht, ist aber noch offen.
Apple wusste von nichts
Besonders pikant: Apple war offenbar nicht in die Entwicklung eingebunden. Google hat die Kompatibilität im Alleingang geschaffen. Ein Google-Sprecher sagte gegenüber The Verge: „Wir haben das selbst umgesetzt.“ Das zeigt, dass Google Apples geschlossenes System ohne dessen Hilfe geknackt hat.
Dabei hätte Apple eigentlich Handlungsbedarf: Die EU hat dem Konzern bereits im März 2026 als Deadline gesetzt, AirDrop für die Konkurrenz zu öffnen. Apple hatte damals lamentiert, das sei schlecht für die Nutzer. Google sieht das offensichtlich anders – und hat jetzt Fakten geschaffen.
Bleibt die Frage: Wie wird Apple reagieren? Technisch wäre es nur möglich, Googles Lösung zu blockieren, wenn Apple AirDrop auch für seine eigenen Nutzer einschränkt – und das wäre ein PR-Desaster. Sehr wahrscheinlich bleibt alles so, wie es ist.
Warum das wichtig ist
Diese Entwicklung ist mehr als nur ein nettes Feature. Sie markiert einen Wendepunkt: Die digitalen Mauern zwischen iOS und Android bröckeln. Erst kam RCS, das SMS als Nachrichtenstandard ablöst und auch zwischen iPhone und Android funktioniert. Dann kamen systemübergreifende Warnungen vor AirTags und anderen Trackern. Und jetzt Quick Share mit AirDrop.
Die Smartphone-Marke verliert langsam an Bedeutung – der Inhalt und die Bequemlichkeit gewinnen. Genau so sollte es sein. Denn am Ende des Tages wollt ihr doch einfach nur eure Fotos teilen, eure Videos verschicken, eure Dateien weitergeben – egal welches Gerät ihr in der Hand haltet.
Ausblick: Was kommt noch?
Google arbeitet parallel an einer weiteren Komfort-Funktion: „Restore Credentials“ sorgt dafür, dass Apps auf einem neuen Smartphone nicht mehr einzeln neu angemeldet werden müssen. Wer zum Pixel 10 wechselt – sogar von einem iPhone – findet seine Apps bereits eingeloggt vor. Keine Passwort-Marathons mehr, keine verlorenen Sessions.
Und vielleicht funktioniert Quick Share bald nicht nur mit iPhones, sondern auch mit iPads und Macs. Technisch nutzen die alle das gleiche AirDrop-Protokoll. Es wäre nur logisch, die Kompatibilität auch dahin auszudehnen.
Alternativen für alle anderen
Falls ihr kein Pixel 10 habt und trotzdem Dateien zwischen Android und iPhone austauschen wollt, gibt es Alternativen. Apps wie LocalSend funktionieren plattformübergreifend und sind kostenlos. Auch Snapdrop (im Browser) oder Send Anywhere sind solide Optionen. Aber natürlich wäre es viel eleganter, wenn das System-eigene Quick Share bzw. AirDrop überall funktionieren würde.
Ein Gewinn für alle
Googles Vorstoß ist ein Gewinn für alle. Endlich können Freunde, Familien und Kollegen Dateien direkt teilen, ohne über Umwege nachdenken zu müssen. Die Tatsache, dass Google das ohne Apples Segen hinbekommen hat, zeigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – und manchmal muss man den eben selbst ebnen.
Bleibt zu hoffen, dass Google die Funktion schnell auf mehr Geräte ausweitet. Und vielleicht animiert dieser Schritt ja auch Apple, die Tore noch ein Stück weiter zu öffnen. Die Nutzer hätten nichts dagegen.