Facebook verzichtet künftig auf die Gesichtserkennung – und schaltet die Funktion ab. Es kommt nicht oft vor, dass Facebook auf etwas verzichtet. Was steckt dahinter?
Der Meta-Konzern hat überraschend bekannt gegeben, künftig im Facebook-Netzwerk auf jede Form von automatischer Gesichtserkennung verzichten zu wollen. Nicht Mark Zuckerberg, sondern Vicepresident Jerome Pesenti erklärt in einem aktuellen Blogeintrag die Hintergründe – und nennt vor allem „Datenschutzbedenken“ als Grund für die Abschaltung.
Kein „Deep Face“ mehr
Es geht dabei um eine Technologie, die sich „Deep Face“ nennt und seit gut zehn Jahren ein (für die meisten unsichtbarer) Bestandteil von Facebook ist. Der Konzern hat die biometrischen Daten von rund einer Milliarde Menschen gespeichert. Damit ist Facebook in der Lage, diese Personen auf Fotos oder Videos zu identifizieren.
Ein durchaus beliebter Einsatzzweck: User erhalten nach dem Upload eines Fotos die Möglichkeit, die darin enthaltenen Personen namentlich zu markieren und so zu verbinden.
Laut Facebook entscheidet sich ein Drittel der täglichen Nutzer dafür, die Gesichtserkennung zu aktivieren und zu nutzen (rund 640 Millionen Menschen). Mehrheitlich außerhalb Europas und viele vielleicht auch, ohne es zu wissen.
Diese Funktion ist in Europa stark umstritten und deshalb hier auch schon lange weitgehend abgeschaltet.
Facebook löscht Gesichtsdaten von einer Milliarde Menschen
Jetzt also verzichtet Facebook komplett darauf – und will seine Datenbank mit den biometrischen Gesichtsdaten löschen. Das ist eine gute Nachricht und bedeutet tatsächlich ein Mehr an Datenschutz.
Aber warum jetzt – und warum überhaupt?
Es ist absehbar, dass in Europa das massenhafte Erfassen und Speichern von biometrischen Daten ohnehin verboten wird. Möglicherweise sogar auch in den USA. Denn auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kippt erkennbar die Stimmung: Die Politik lässt sich längst nicht mehr so bedingungslos in Mark Zuckerbergs Verheißungen einwickeln wie früher.
Mark Zuckerberg wird sich gedacht haben: Warum also auf etwas beharren, was sowieso nicht mehr lange zu halten ist und dem Konzern keinen unmittelbaren Umsatz bringt? Die Gesichtserkennung ist vermutlich gar kein großes Opfer. Aber trotzdem gut, wenn Facebook die Daten nicht mehr hat.
Ausnahme: Mit Gesichts-Scan einloggen
Ganz von der Technologie verabschieden will sich Facebook aber auch nicht – und erwähnt im Blogbeitrag auch geplante Ausnahmen. Man sehe durchaus „eine Reihe von Fällen, in denen die Gesichtserkennung von hohem Wert für die Nutzer der Plattform sein kann“. Gemeint ist vor allem ein mögliches Login per Gesichtserkennung: Anstatt ein Passwort einzugeben, einfach mit Fingerabdruck-Scan oder Gesichts-Scan „ausweisen“. So wie wir es von modernen Handys kennen.
Allerdings ist das ein ganz anderer Vorgang: Hier werden zwar auch biometrische Daten genutzt – aber sie sollten nicht in einer zentralen Datenbank gespeichert werden. Das Gesicht wird dann zum Login genutzt, es ist aber nicht möglich, ein Gesicht einer Person zuzuordnen.
Der Fall Clearview zeigt, wie gefährlich biometrische Datenbanken sein können