Gesichtserkennung: So funktioniert sie

von | 01.03.2024 | KI

Mit KI Gesichter in Foto oder Kamerabilder identifizieren: Das wird „Gesichtserkennung“ genannt und hat jetzt zu einem Fahndungserfolg einer linken Terroristen der RAF geführt.

Daniela Klette, die RAF-Terroristen, wurde gefasst. Die Polizei feiert das als großen Sieg. Ist es ja auch. Doch in Wahrheit haben einige geholfen: ein Podcast des RBB, aber auch KI. Denn sowohl die Podcaster des RBB als auch die Polizei haben Gesichtserkennung benutzt, um die so lange untergetauchte Terroristen aufzuspüren.

Eine KI, die das ganze Netz und Social Media durchforstet – und dann auch für Treffer gesorgt hat. In diesem Fall eine tolle Sache. Aber es stellt sich die Frage: Wie funktioniert so eine Gesichtserkennung eigentlich und wie kann sie mit 30 Jahre alten Fotos so gute Ergebnisse erzielen?

Podcaster haben RAF-Terroristin aufgespürt

Wie haben es die Podcaster geschafft, mit einem Jahrzehnte alten Foto die RAF-Terroristen Daniela Klatte aufzuspüren?

Die Journalisten haben eine Bildersuche im Netz gestartet. Allerdings hilft hier die sonst sehr nützliche Rückwärts-Suche von Google nicht weiter. Die findet nur Bilder, die exakt dem entsprechen, das wir hochladen. Die Fotos der Terroristin Klatte sind aber ewig alt – sie sieht mittlerweile ganz anders aus, zumindest älter.

Deswegen braucht es da KI. Künstliche Intelligenz. Die kann mit Gesichtserkennung Erstaunliches leisten. Sie schaut sich Gesichter auf eine KI-Art an. Jeder von uns hat besondere Eigenschaften: Augenstand, Kopfform, Höhe und Stellung der Wangenknochen, Mundform, Stirn…

Das ist wie ein Fingerabdruck. KI ist super darin, Muster zu erkennen und zu unterscheiden. Deswegen kann KI heute mühelos Millionen von Gesichtern unterscheiden und einzelne Personen identifizieren – und das mit einem sehr hohen Maß an Zuverlässigkeit.

PimEyes hat mittlerweile zwei Milliarden Gesichter in der Datenbank

PimEyes hat mittlerweile zwei Milliarden Gesichter in der Datenbank

Podcaster haben RAF-Terroristin aufgespürt

Viele kennen nur Gesichtserkennung an Eingängen von Gebäuden, im Hochsicherheitsbereich. Oder die Massenüberwachung in China. Aber wie kann ich ein Gesicht finden, von jemandem, von dem wir nicht wissen, wo er sich aufhält?

Im aktuellen Fall haben die Reporter sehr wahrscheinlich eine spezielle KI benutzt, die Gesichter im Internet finden kann. Solche KIs durchforsten das gesamte Internet nach öffentlich zugänglichen Fotos, im Web, bei LinkedIn, in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter oder Youtube etc.

So entstehen schnell Datenbanken mit mehr als zwei Milliarden Fotos. Jedes einzelne Bild wird von der KI analysiert, die biometrischen Daten jedes einzelnen Gesichts erfasst. I

n der Datenbank sind nicht nur die Fotos gespeichert, sondern gewissermaßen die „Fingerabdrücke“ der Gesichter aller Personen auf den Bildern. Das erlaubt später, vergleichsweise schnell den kompletten Bestand zu durchforsten.

Man lädt ein Foto hoch, nach dem gesucht werden soll. Danach wird eine Art Fingerabdruck davon erzeugt, eine Beschreibung der Beschaffenheit eines Gesichts. Und danach wird dann gesucht.

Das BKA nutzt ein anderes System namens GES

Aber welche Methoden nutzt denn das BKA, um Gesichter zu identifizieren?

Das Bundeskriminalamt (BKA) nutzt nach eigenen Angaben ebenfalls ein Gesichtserkennungssystem zur Identifizierung unbekannter Täter, das im Amtsdeutsch als „GES“ bezeichnet wird. Ebenfalls eine KI. Sie codiert nach demselben Prinzip die anatomischen Merkmale eines Gesichts in sogenannten Templates und ermöglicht so einen schnellen Vergleich mit einer Datenbank von einer Million Einträgen in weniger als einer Sekunde.

Allerding sind in der Datenbank der Polizeien, „Inpol“ genannt, lediglich die erkennungsdienstlich erfassten und damit bekannten Straftäter hinterlegt. Rechtsstaatlich natürlich viel besser, da man keine Fotos von Unbekannten speichern möchte. Aber dadurch nicht annähernd so effektiv wie die öffentlichen KI-Systeme privater Anbieter.

Die finden mehr Menschen und Gesichter; und das zu einem geringen Preis. Ab 16 EUR im Monat für gelegentliche Suchen und 330 EUR im Monat für dauerhaftes Suchen. Das ist auch der Grund, weshalb amerikanische Polizeibehörden solche Dienste nutzen. In den USA spielt Datenschutz allerdings keine so große Rolle wie bei uns.

KI-Gesichtserkennung und das Missbrauchspotenzial

Jeden mit KI finden können: Das ist doch ein Eldorado für Stalker und Verrückte – darf das wirklich jeder nutzen, ist das rechtlich OK?

Genau das ist das Problem: Solche Gesichtserkennungs-KIs wie PimEyes sind für jeden zugänglich, nicht etwa nur für Behörden oder Polizei. Jeder kann stalken. In Europa sind solche Dienste nicht mehr legitim. Es ist ausdrücklich verboten, biometrische Daten zu speichern und solche Suchdienste anzubieten.

Deshalb hat PimEyes auch seinen Firmensitz gewechselt: Von Polen, also EU, zu den Seychellen. Deswegen gibt es den Dienst nach wie vor, weil er von EU-Recht so nicht so einfach einzufangen ist. Zwar hat PimEyes zeitweise die Suchen beschränkt: Nur mit Webcam – damit man angeblich nur nach sich selbst suchen kann.

Aber das lässt sich leicht umgehen. Es gibt einige weitere KI-Anbieter, die ähnliche Dienstleistungen anbieten – da darf man sich keine Illusionen machen. Ein Grund mehr, sich genau zu überlegen, welche Fotos man im Web und auf den Sozialen Netzwerken hochladen möchte. Denn so werden selbst die peinlichsten Aufnahmen auffindbar, wo auch immer sie sich im Netz verstecken mögen.

 

Schieb App