Kindesmissbrauch im Netz: Löschen statt Wegschauen

von | 09.12.2021 | Digital

Wenn die Polizei die Drahtzieher von pädokriminellen Foren dingfest machen, ist das immer ein Erfolg. Doch niemand kümmert sich darum, die Aufnahmen aus dem Netz zu entfernen.

Sexuelle Gewalt an Kindern – eins der schwersten Verbrechen, die Menschen in Friedenszeiten begehen können.

Das Internet macht das Verteilen und den Vertrieb von Fotos und Videos im Schatten der Anonymität im Netz besonders einfach. Das Konsumieren ebenso. Die Polizei kommt kaum nach damit, Täterinnen und Täter ausfindig zu machen. Denn im Darknet ist die Fahndungsarbeit besonders schwierig.

Mit Hilfe von Algorithmen Bilder aufspüren

Mit Hilfe von Algorithmen lassen sich Bilder aufspüren

Niemand kümmert sich um Löschung

Worum sich allerdings kaum jemand kümmert: Die Fotos und Videos mit Gewalt an jungen Menschen aus dem Netz zu entfernen. Denn das Schlimmste für Opfer und Angehörige ist, dass die Aufnahmen praktisch für immer „im Netz“ bleiben. Selbst wenn Täter mal dingfest gemacht und bestraft werden: Die Aufnahmen verbleiben häufig online, weil so viele Kopien kursieren.

Auf diesen bedrückenden Zustand haben die Kollegen vom NDR nachdrücklich hingewiesen, die das generell empfehlenswerte Online-Reportage-Format STRG-F machen. Viele Missbrauchsbilder der Pädokriminellen-Plattform „Boystown“, die deutsche Behörden im April 2021 abgeschaltet hatten, waren danach weiterhin online abrufbar. Nicht ungewöhnlich. Wie in der Reportage zu sehen, fühlt sich die Polizei nicht dafür zuständig, die unzähligen Kopien solcher Aufnahmen zu beseitigen.

Bedeutet: Ermittler nehmen Drahtzieher von Plattformen wie „Boystown“ fest. Doch die Fotos und Videos der Plattform werden bei den entsprechenden Speicherdiensten („Hostern“) nicht entfernt – bleiben also sichtbar. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis neue Foren auftauchen mit Links auf die Fotos und Videos.

 

Das Reportageformat STRG-F zeigt, wie einfach es ist, etwas zu unternehmen

Im Darknet vor allem Verweise (Links)

Als Laie staunt man da vielleicht. Zwar nutzen die  Täter zum Betreiben ihrer Plattformen das anonyme Darknet. Aber da Fotos und vor allem Videos viel Speicherplatz beanspruchen, werden die bei einschlägigen „Hostern“ gespeichert, die im „normalen“ Internet liegen, also keineswegs im Darknet. Viele der Hoster haben keine Ahnung davon.

Die Reportage zeigt: Macht man sich die Mühe, den Hostern die Links zu melden, entfernen sie diese meist innerhalb weniger Stunden. Das macht gar keinen großen Aufwand. Führt aber dazu, dass die Aufnahmen tatsächlich verschwinden und die Konsumentinnen und Konsumenten im Darknet „frustriert“ sind, weil die Links immer häufiger ins Leere laufen. Eine gute Zermürbungstaktik.

Werden die Aufnahmen nicht konsequent gelöscht – was derzeit leider Status quo ist –, werden die Opfer leider immer wieder zu Opfern. Das wäre völlig vermeidbar.

Löscharbeit ist dringend erforderlich

Es ist daher dringend erforderlich, neben der Fahndungsarbeit endlich auch mal Löscharbeit zu leisten. Bund und Länder sollten eine Stelle schaffen, die nichts anderes macht, als entdeckte Aufnahmen entfernen zu lassen. Sofort und immer wieder. Weltweit. Den nötigen Rechtsrahmen gibt es, dass Provider und Hoster solche Inhalte bei Meldung unverzüglich entfernen müssen.

Vermutlich würden sich sogar genügend Freiwillige melden, die bei der Meldearbeit mitmachen. Der Staat muss „lediglich“ den nötigen Rahmen dafür schaffen. Das kostet nicht viel – und bringt eine Menge.

Algorithmen können helfen, Aufnahmen mit Kindesmissbrauch zu entdecken

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