Streamingdienste: Gerechtere Bezahlung für Künstler

von | 19.01.2024 | Digital

Per Streaming Musik zu hören ist zweifellos praktisch und komfortabel. Aber ist es auch fair für die Künstler? Es gibt Forderungen in der EU, die Algorithmen transparent zu machen und die Künstler fairer zu entlohnen.

Nur wenige haben heute noch ein Regal mit CDs in der Wohnung. Die meisten benutzen heute Streamingdienste wie Spotify, Applec Music und Co. Über 570 Millionen Menschen weltweit hören Musik allein bei Spotify – unangefochten Marktführer. Allein 16 Millionen in Deutschland.  Hinzu kommen viele andere Streamingdienste wie Apple Music, Amazon Music oder Deezer.

Was bekommen eigentlich die Künstler?

Aber wie viel bekommen eigentlich die Künstler? Viel zu wenig, sagen viele Künstler – und mittlerweile auch einige Politiker. Die EU denkt darüber nach, die Umsätze der Streamingdienste fairer zu verteilen.

Früher war es einfach: Mir gefällt eine Musik, da habe ich eine CD gekauft, dafür Geld bezahlt – und ein bestimmter Prozentsatz davon ging an die Künstler, die die Musik machen.

Heute ist das bei den Streamingdiensten komplizierter und auch kein sonderlich transparentes Verfahren. Spotify zahlt Künstlern für jeden Stream ihrer Musik – also jedes Mal, wenn ein Track/Titel auf Spotify abgespielt wurde – einen bestimmten Betrag. Aber auch nur, wenn der Track mindestens 30 Sekunden dauert und mindestens 1.000 Mal im Monat gespielt wurde.

Ein Prozent der Künstler bekommt 90% der Lizenzen

Ein Prozent der Künstler bekommt 90% der Lizenzen

Spotify: nur 0,3 Cent pro Stream

Das schließt sehr kleine Künstler schon mal aus. Kommen wir aber zu den konkreten Lizenzen: Im Durchschnitt zahlt Spotify einem Künstler etwa 0,3 bis 0,5 Cent pro Stream, also pro Abspielen. Das bedeutet, dass ein Künstler für 1.000 Streams etwa 3 bis 5 EUR erhält.

Wie viel genau, ist allerdings noch von vielen weiteren Faktoren abhängig. Wenn ein User zum Beispiel das kostenlose, werbefinanzierte Spotify benutzt, zahlt der Streamingdienst nur 0,07 Cent pro Stream – also nochmal deutlich weniger. Bei den anderen großen Streamingdiensten ist es vergleichbar.

Spotify verdient 18,7 Mrd. EUR pro Jahr

Aber vielleicht macht es die Masse: Die großen Streamingdienste bieten 100 Millionen Songs, viele hören den ganzen Tag lang Streams, 500 Mio. Benutz weltweit – da kommt doch bestimmt einiges zusammen.

Durchaus: Spotify allein hat im Jahr 2023 einen weltweiten Umsatz von 18,5 Milliarden Euro erzielt. Davon wurden 12,9 Milliarden Euro, also rund 70 Prozent, an die Musikindustrie ausgeschüttet. 70 Prozent ist wirklich viel, muss man sagen. Das war früher bei den CDs deutlich weniger. Ein Buchautor bekommt 10-14 Prozent. Doch bei 100 Mio. Songs wird diese Summe von 12,9 Mrd. Euro bereit gestreut.

90% der Einnahmen an 1% der Künstler

Jetzt kommt der ungerecht wirkende Teil: 90% der Ausschüttung geht an 1% der Künstler. Künstler mit einem hohen Bekanntheitsgrad und einer großen Fangemeinde können also deutlich mehr verdienen und werden sich nicht beklagen. So hat der kanadische Sänger The Weeknd im Jahr 2023 etwa 80 Millionen Euro von Spotify erhalten. Das entspricht etwa 4,3 Millionen Euro pro Monat oder 140.000 Euro pro Tag.

Diese Ungerechtigkeit sorgt nun sogar in der EU-Kommission für Unruhe. Die Politik denkt darüber nach, die Art der Ausschüttung anders zu gestalten. Keine Pauschalen für einen einzelnen Stream, sondern eine fairere Verteilung.

Das Argument ist einleuchtend: User User zahlt im Schnitt 10 EUR pro Monat. Wenn ein User nur ein Stück pro Monat hört, etwa ein imposantes Jazz-Solo oder ein Klavierkonzert, wieso sollten dann nicht 70% von 10 EUR, also 7 EUR dafür an den Künstler gehen?

Lediglich 0,3 Cent für diesen Stream würde bedeuten, dass Spotify die restlichen 9,99 EUR behält. Das ist natürlich ein Extrembeispiel, aber denkbar – und es belegt, dass das pauschale Modell ungerecht ist. Also müsste genau ermittelt werden, was jeder einzelne User hört und sein Monatsumsatz gerecht auf alle Künstler verteilt werden. Das ist komplizierter als heute, aber machbar – und gerechter.

Wir hören Musik und finden es praktisch

Wir hören Musik und finden es praktisch

Es braucht faire Regeln

Stattdessen bekommen Popsongs, vor allem die aus den Charts, einen unverhältnismäßig großen Stück vom Kuchen. Natürlich müssten bei diesem Prinzip mehr Daten gesammelt werden, zumindest, welche Musikstücke und wie oft jeder einzelne User in einem Monat hört. Vermutlich werden die Daten aber ohnehin schon erhoben.

Wirklich nicht einfach. Was sagen denn die Urheber, also die Künstler – und wie denkst du über die Pläne?

Auch die meisten Urheber, vor allem die Kleineren wünschen sich dringend Veränderungen. Und Transparenz. Denn wenn Spotify eine Playlist erstellt und einen Track dort einstellt, gibt es noch mal weniger pro Stream, weil der Track gewissermaßen ins Schaufenster gestellt wird.

Transparenz der Algorithmen könnte helfen

Es braucht also dringend Transparenz. Einige fordern, und das finde ich auch richtig, dass die Algorithmen einsehbar sein müssten, zumindest für Vertrauenspersonen. Und das Beispiel mit dem einen User, der nur ein Stück im Monat hört, ist absolut überzeugend: So etwas muss Berücksichtigung finden.

Denn sonst zahlt jeder, der nicht das 1% mit dem meisten Umsatz hört, mit. Auch kleine, europäische oder afrikanische Künstler sollten fair bezahlt werden. Es braucht wirklich dringend eine Reform. Denn die Flatrate für Musik ist ohnehin eine Abwertung für das Kulturgut Musik. Gleichzeitig sind Streamingdienste sehr komfortabel und bequem, sie bringen auch den kleinsten Künstler prinzipiell in jeden Winkel der Welt.

 

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