Urheberrecht: Autoren klagen gegen ChatGPT

von | 21.07.2023 | Digital

Die US-Autorin Sarah Silverman sowie einige weitere Autoren klagen in den USA gegen OpenAI. Begründung: Der Chatbot ChatGPT habe ihre Werke ungefragt und unerlaubt gelesen – und würde den Inhalt wiedergeben. Eine Frage des Urheberrechts.

Reden wir mal wieder über Chatbots. Diese Alles-Wissen-Maschinen, die auf Knopfdruck nicht nur Fragen beantworten wie „Wer hat die Glühbirne erfunden“, sondern bei Bedarf auch eine Menge weiß über den erbitterten Streit zwischen Erfinder Thomas Alva Edison und Nikola Tesla – um nur ein Beispiel zu nennen. Manchmal hat man den Eindruck, diese Chatbots haben sich das ganze Wissen der Welt draufgeschafft.

Das ist zwar ein bisschen übertrieben, aber es geht in diese Richtung. Sie kennen auch die Inhalte von Büchern. Wie viele Kapitel hat die Bibel, wie heißt die Hauptfigur in „Fifty Shades of grey“ und auch eine Zusammenfassung über „Die Glocke“ oder „Harry Potter“ bekommt man mühelos. Einigen Autoren aus den USA gefällt das nicht: Sie haben jetzt geklagt gegen Betreiber OpenAI. Weil sie der Meinung sind, der Konzern verdiene Geld mit ihrem Werk Geld.

ChatGPT ist schon länger am Start - und bekommt jetzt Konkurrenz

ChatGPT ist schon länger am Start – und bekommt jetzt Konkurrenz

Sarah Silverman gegen ChatGPT

Die US-Komikerin Sarah Silverman hat zusammen mit anderen Autoren gegen OpenAI geklagt, die Firma, die ChatGPT betreibt.

Der konkret Vorwurf: Urheberrechtsverletzung! Die Autoren begründen ihre Klage damit, dass der Chatbot unter anderem mit ihren Texten, um genauer zu sein: mit ihren Bpchern trainiert wurde – und das ohne Wissen und Zustimmung der Autoren. Die Werke seien aber urheberrechtlich geschützt.

Dazu muss man wissen: KI-Systeme wie ChatGPT oder Bard von Google wurden und werden mit Milliarden von Texten „trainiert“, damit sie sich zum einen die sprachlichen Fähigkeiten draufschaffen, zum anderen aber auch das Wissen, das in den Texten zugrunde liegt. Dazu werden Bücher, Artikel, Berichte, Geschichten, Skripte, Diskussionen etc. verwendet, die öffentlich im Netz zugänglich sind. Sarah Silverman und einige weitere Autoren sind der Ansicht: Das geht nicht – und wenn es passiert, müsste es zumindest bezahlt werden.

Wie ChatGPT Bücher „liest“

Woher wissen die klagenden Autoren denn, dass ihre Bücher gelesen und für das Training verwendet wurden?

Das ist eine sehr gute und wichtige Frage. Man kann es nämlich nicht wissen. Sarah Silverman argumentiert, ChatGPT könne eine Menge Fragen über ihr jüngstes Buch beantworten. Das muss aber keineswegs zwingend bedeuten, dass ihr Buch verarbeitet wurde. Vielleicht wurden nur ein Dutzend Rezensionen und Besprechungen trainiert. Vielleicht beides. Das können wir nicht wissen – das wird nur OpenAI als Betreiber von ChatGPT beantworten können.

Dazu muss man wissen: Man könnte niemals ChatGPT oder einen anderen Chatbot, der nach ähnlichen Mustern arbeitet, dazu auffordern, eine Kopie des Buchs abzuliefern. Der KI-Bot kennt den Inhalt des Buchs, kann es aber nicht 1:1 zitieren. Bestenfalls kurze Passagen, und das wäre vom Zitatrecht gedeckt. KI-Systeme wie ChatGPT verarbeiten Texte wie wir es auch machen: Sie merken sich den Kontext, Besonderheiten, Zusammenfassungen – können aber nicht, wie ein Schauspieler, alles komplett aufsagen. Das Buch wurde von der KI möglicherweise gelesen, aber nicht als Kopie gespeichert.

Eine Frage des Urheberrechts

Der Fall ist ja vor allem deshalb interessant und erhält mediale Öffentlichkeit, weil eine Grundsatzfrage geklärt werden muss: Wo verlaufen im Bereich der Künstlichen Intelligenz die Grenzen des Urheberrechts?

Richtig: Und das ist eine sehr interessante Frage – weil es neues Terrain ist. Niemand käme auf die Idee, einen Schüler zu verklagen, der ein Buch liest und Fragen dazu beantwortet. Oder einen Autor einer Zeitungskolumne, der sich über einen Text auslässt.

Nun sind KI-Systeme wie Chatbots aber keine Individuen, sondern Geschäftsmodelle, die unsere gesamte Wissensgesellschaft umzukrempeln in der Lage sind. Sie sind dabei, sogar Suchmaschinen zu verdrängen. Da ist die Frage erlaubt, was sie dürfen und was sie nicht dürfen – und/oder welche Urheber dafür wie entlohnt werden müssen. Macht es einen Unterschied, ob ein Mensch einen Inhalt wiedergibt – oder eine Maschine? Diese Frage wird in der Tat zu klären sein – und die Antwort ist spannend und wegweisend.

Meine Gedanken dazu

Es gibt da verschiedene Aspekte. In der Kultur beeinflussen sich kreative Menschen ständig gegenseitig. Lernen voneinander, lassen sich inspirieren, entwickeln Ideen weiter. Das ist nicht nur gut so, sondern wichtig und richtig. Was natürlich nicht geht, ist, wenn jemand den Stil einer anderen Person einfach kopiert – das wäre eine Plagiat und wird zurecht geahndet. Nun ist ein Chatbot wie ChatGPT „generativ“, das bedeutet, er erzeugt Inhalte – im Zweifel im Stil eines Autors.

Ob da zu einem gewissen Zeitpunkt die Grenze zum Plagiat überschritten wird, das ist zu klären. Wir brauchen die Diskussion, denn das Urheberrecht muss – schon länger! – endlich mal im 21. Jahrhundert ankommen. Es wäre sicher fair, wenn wir kreativen Menschen, die Texte schreiben, Fotos oder Bilder machen, Musik erstellen, die von Maschinen repliziert wird, dafür eine pauschale Entlohnung bekommen, so ähnlich wie bei Gema und VG Wort oder VG Bild.

Vielleicht wird es früher oder später sogar eine Art Hebel geben: Wer nicht möchte, dass seine Werke von Chatbots verarbeitet werden, muss widersprechen können. So wie das bei Suchmaschinen auch der Fall ist.