Das Risko der Live-Streams

von | 18.03.2019 | Social Networks

Die Attentate in Christchurch sind auf Facebook besonders präsent gewesen. Einer der Täter hat die Morde sogar in einem Live-Video in die Welt gepustet. Was die Frage aufwirft: Warum darf eigentlich jeder, jederzeit und alles live streamen?

Die sogenannten „Sozialen Medien“: Sie haben sich angesichts der schrecklichen Ereignisse in Christchurch mal wieder als alles andere als sozial erwiesen.

Wie sozial ist es, wenn ein Massenmörder mit einer Actioncam auf dem Kopf wild um sich schießend herumlaufen kann – und seine hemmungslose Tat live bei Facebook zu sehen ist? Wenn es darüber hinaus im Anschluss nicht gelingt, das Video und alle Kopien aus dem Netzwerk zu entfernen?

Facebook, YouTube und Co. haben also zweifellos dabei geholfen, die Tat und den Täter groß zu machen.

Auch zuhauf Terrorvideos im Netz

Leider kein Einzelfall. Man denke nur an die vielen Videos der IS-Terroristen, die immer wieder in den Netzwerken kursieren. Aber auch an Hatespeech. Hetze. Hass. Das sind doch gute Gründe, sich mal zu fragen: Wollen wir als Gesellschaft das nicht verhindern – oder wenigstens eindämmen? Wenn wir das wollen, wie könnte das funktionieren?

Jede Form der Einschränkung wird immer gleich als Zensur gebrandmarkt. Dabei ist Zensur an sich nichts Schlechtes. Im Gegenteil: Das lateinische Wort „censura“, von dem das heutige Wort Zensur abstammt, bedeutet: strenge Kontrolle. Eine Kontrolle über das, was in Massenmedien für jeden frei zugänglich verteilt wird, ist doch nun sicher alles andere als schädlich. Ich erkenne keinen Wert darin, dass ein Attentäter seine Tat live im Netz übertragen kann. Und niemand hindert ihn daran.

Live-Streams sind ein besonderes Problem

Daher ist es zumindest eine Überlegung wert, ob es nicht eine Art „Live“-Führerschein geben sollte. Nur wer sich offiziell registriert und als tauglich dafür erweist, darf live etwas übertragen. Denn ein Zurücknehmen von etwas, das man live gesehen hat, das geht nicht. Deshalb sind die Hürden bewusst sehr hoch gehängt, um einen Radio- oder Fernsehsender an den Start zu bringen. Warum darf also online jeder live senden?

Und sollten wir die Sozialen Medien nicht zwingend verpflichten, Videos bei Anordnung im Blitztempo zu entfernen? Im vorliegenden Fall hat das unzureichend funktioniert. Wenn Videos geteilt oder kopiert werden, könnten sie mit einer Art Prüfziffer versehen werden. 1:1-Kopien ließen sich so schnell finden und entfernen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass die Netzwerke erst auf Anordnung aktiv werden und den ganzen Kopien hinterher jagen müssen.

Freie Meinungsäußerung? Ja, ein hohes Gut. Aber das kann wohl kaum bedeuten, dass derartige Inhalte ungehindert in den Netzwerken kursieren dürfen. Eine Gesellschaft muss in der Lage sein, so etwas zu stoppen – oder zu verhindern.

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