Was, wenn der US-Präsident die Cloud ausknipst?

von | 15.10.2019 | Digital

Twitter wird US-Präsident Donald Trump wohl eher nicht abschalten (lassen). Denn wer könnte dann noch seine Tweets lesen? Aber die Cloud – warum nicht? Erst vor kurzem hat Donald Trump ein komplettes Land auf die Bann-Liste gesetzt: Venezueala.

Leichter fallen ihm Entscheidungen wie diese: Im August hat der US-Präsident die Exekutivanweisung 13884 unterzeichnet. Sie verbietet – zusammengefasst – jede Art von Transaktion und Dienstleistungen von US-Unternehmen mit Individuen aus Venezuela. Die Folge: Adobe knipst in Venezuela die Lichter aus.

Venezuela wird von der Adobe-Cloud ausgeschlossen

User aus Venezuela können ab 29. Oktober nicht mehr auf ihre in der Creative Cloud gespeicherten Fotos, Illustrationen, Skizzen, Videos oder Dokumente zugreifen. Darüber hinaus werden Adobe-Apps ihren Dienst versagen, da ihre Gültigkeitsdauer (in Abos) nicht mehr verlängert werden kann. Der komplette Kreativbereich in Venezuela wird damit ausgebremst. Weil Adobe sich an die Anordnungen aus Washington D.C. hält – was sollen sie auch sonst anderes machen.

Nicht das erste Mal, dass über die digitale Welt Handelsstreitigkeiten ausgefochten werden. Wir erinnern uns: Huawei-Smartphones dürfen von Google nicht mehr mit Software oder Updates versorgt werden. Auch das ist ein erheblicher Einschnitt – ohne jede Vorankündigung.

Diese Entwicklung macht ein erhebliches Problem deutlich: Wir alle sind viel zu abhängig von politischen Entscheidungen in den USA. Wir nutzen alle Android, iOS oder Windows. Wir verwenden Apps aus der Cloud. Wir speichern unsere Dokumente in der Cloud. Was, wenn Donald Trump einfallen sollte, auf Europa böse zu sein – und mit einem Federstrich anordnet, den Cloud-Stecker zu ziehen?

Cloud aus = Chaos total

Termine wären verschwunden. Kontakte weg. Wir könnten nicht mehr auf Office-Dokumente in der Cloud zugreifen – und die Apps würden schweigen. Mit einem Wort: Es würde schlichtweg Chaos ausbrechen. Die Fälle Huawei und Venezuela zeigen, dass solche Szenarien nicht ins Reich der Phantasie gehören, sondern einen schwindelerregend realen Charakter haben. Alles ist möglich.

Dessen sollten wir uns bewusst werden – schnell und unbedingt. Wenn schon Cloud, dann muss die Cloud eben in Europa betrieben werden. Es sollte durch entsprechende Gesetze unmöglich sein, dass der Betrieb einer Cloud eingestellt oder der Zugang zu Daten unmöglich gemacht werden kann. All das lässt sich durch entsprechende technische Vorkehrungen durchaus erreichen. Man muss es nur wollen. Und dafür ist ein Umdenken erforderlich.

Natürlich: Wir können uns auch eine eigene private Cloud einrichten. Oder noch mal besser hinhören, was WWW-Erfinder Tim Berners-Lee zu sagen hat. Er plädiert nämlich für eine Dezentralisierung des Webs. Das würde gleich mehrere Probleme lösen: Es würde die Macht der großen Cloud-Player schwächen – und auch mehr Beständigkeit beim Zugriff auf die eigenen Daten sicherstellen.