Instagram: Darf’s noch ein bisschen unechter sein?

von | 07.07.2020 | Social Networks

Auf Instagram setzt sich ein merkwürdiger Trend durch: Accounts von virtuellen Figuren, die es nicht gibt – und trotzdem Millionen von Fans um sich scharen. Schon bald könnten verstorbene Stars mit neuen Accounts auftauchen. Selbst Musik machen die Cyber-Sternchen.

Wer durch Instagram scrollt, bekommt einen Eindruck davon, was mit „Eye Candy“ gemeint ist: Alles sieht wundervoll aus. Die Menschen. Die Freunde. Das Essen. Der Strand. Der Urlaub. Das Auto.

Selbst Müll auf der Straße wirkt irgendwie ästhetisch, ist schließlich ein Foto auf Instagram. Und was nicht wirklich schön und lecker aussieht, das wird mit einem Filter auf Hochglanz poliert. Die Realität muss draußen bleiben.

Ein Kitsch-Netzwerk zum Mitmachen

Vor allem sogenannte Influencer – bei Instagram vor allem Influencerinnen – beherrschen die Spielregeln dieses vor allem auf Nabelschau fokussierten Bilder-Netzwerks. Die gut verdienenden Instagram-Stars setzen sich perfekt in Szene, gehören von ihrem optischen Erscheinungsbild selten in die Kategorie „Problemfälle“ – und das reicht dann meistens auch schon, um viele, viele andere Leute anzulocken. Die Message ist klar: So willst Du doch eigentlich auch sein/aussehen/leben – oder etwas nicht?

Instagram ist ein Kitsch-Netzwerk, das mit dem echten Leben so viel zu tun hat wie ein Hollywood-Blockbuster. Aber hier kann jede/r mitmachen.

Doch es setzt sich ein Trend durch, die – zumindest auf Instagram – irgendwie nur folgerichtig und logisch erscheint: Virtuelle Influencerinnen. Figuren, die es gar nicht gibt. Sie entstammen KI-Systemen, sehen aber so realistisch aus, dass man schon zwei Mal hinschauen muss, um den Bluff zu erkennen.

Miquela kommt aus der Retorte

Miquela ist ein Beispiel dafür. Das Gesicht so geformt und gestaltet, dass es in USA, Europa und vor allem in Asien gleichermaßen ansprechend aussieht. Doch das niedliche Gesicht mit den Sommersprossen ist kompletter Fake. Es gibt Miquale nicht.

Trotzdem hat „sie“ schon 2,4 Millionen Follower auf Instagram. Und produziert auch Musik, etwa „Automatic“. Auch die klingt natürlich total synthetisch – aber würde in der Rotation eines Pop-Senders nicht weiter unangenehm auffallen.

Weg mit der Realität

Die Kunstwelt endgültig künstlich machen – was für ein Schachzug! Weg mit dem letzten Rest von Realität. Wer will denn sowas?

Leider ist Miquela kein Einzelfall. Es gibt viele andere Beispiele. So hat etwa der Fastfood-Produzent „Kentucky Fried Chicken“ vor einiger Zeit seinen Gründer Colonel Sanders, der bereits seit 40 Jahren tot ist, in Form einer virtuellen Figur auferstehen lassen. Natürlich schlanker, smarter und besser aussehend als jemals in der Realität. Schließlich sind wir auf Instagram!

Soll das die Zukunft sein?

Virtuelle 3D-Models, die im Computer entstehen, die Klamotten anziehen, Edel-Champagner schlürfen, sich an Stränden wälzen oder sonst was machen; ohne Reisespesen und Fotografen – und trotzdem lukrativ.

Da die Marken sich drum kloppen, diese „CyberModels“ zu umgarnen und mit Gold zu überschütten wie bei Frau Holle. Das ist das 21. Jahrhundert!

Ich weiß nicht, wie es Euch geht. Aber mir wird übel dabei. Nun wird auch noch das letzte bisschen Realität ausgeknipst.

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