Amazon und seine Algorithmen: Wissen ist Macht

von | 15.07.2020 | Digital

Wer oder was Amazon ist, das müssen wir sicher niemandem erklären. Jeder kennt Amazon – als größtes Online-Warenhaus der Welt. Zwar ist Amazon längst sehr viel mehr als das. Aber eins lässt sich sagen: Das Unternehmen ist vor allem durch seine Algorithmen groß geworden. „Kunden, die das gekauft haben, die haben auch jenes gekauft“. Das ist eine Erfindung von Amazon – auch wenn das heute viele nachmachen. Was aber steckt genau dahinter? Was kann Amazon sonst noch so alles?

Wie hat es Amazon geschafft, der größte Onlineshop der Welt zu werden?

Nicht mit niedrigen Preisen oder besonderem Service, sondern: Indem Amazon von Anfang an versucht hat, möglichst viel über die Käufer in Erfahrung zu bringen. Was interessiert sie? Was schauen sie sich an – und was kaufen sie?

Welche Produkte werden zusammen in einen Warenkorb gelegt? Jeff Bezos Unternehmen war das erste, das das Potenzial einer genauen Analyse erkannt und gnadenlos in Algorithmen umgesetzt hat. „Das könnte Ihnen auch gefallen“ – basierend auf das eigene Einkaufsverhalten.

Das hat es vorher nicht gegeben und hat das Einkaufverhalten verändert. Hinzu kommen E-Mails mit Empfehlungen, die ebenfalls zum Kauf anregen. Amazon kennt seine Kunde bis ins Detail.

Auch interessant für Amazon: Bewerten und Rezensieren

Auch das Bewerten und Rezensieren gekaufter Artikel war eine Erfindung von Amazon, auch wenn wir das heute überall sehen.

Das spielt eine immense Rolle. Denn zum einen lieben wir es als Kunden, Rezensionen zu lesen und Bewertungen zu erfahren. Das beeinflusst unser Einkaufsverhalten enorm. Natürlich, das kann auch missbraucht werden, indem falsche Bewertungen eingestellt werden. Aber prinzipiell ist das ein guter Mechanismus.

Auch hier saugt Amazon aber jede Menge Informationen heraus – und kann die Kundschaft perfekt scannen und einschätzen. Wenn Google es geschafft hat, eine Netz-User perfekt zu kennen, um ihn oder ihr perfekt passende Werbung zu präsentieren, so hat es Amazon geschafft, im Onlineshop alles zu optimieren.

Wir sehen das, was uns interessiert. Amazon kennt uns so gut, dass es sogar ein Patent darauf hat, Ware schon bereitzustellen und zu verpacken, bevor wir selbst bestellt haben. Das sollten wir nicht unterschätzen: Amazon kennt uns nicht nur, sondern manipuliert uns auch.

Immer für den eigenen Vorteil: Was gut läuft, wird selbst hergestellt

Es gibt durchaus auch Kritik am intensiven Einsatz von Algorithmen bei Amazon. Mitunter werden Händler ausspioniert – und ausgebootet.

Amazon weiß ganz genau, was gut läuft. Was die Leute zum Beispiel bereit sind, für eine Tube Zahnpasta auszugeben, für eine Yoga-Matte oder einen Fernseher. Kann man schließlich alles bei Amazon kaufen. Heute ist Amazon nicht nur ein Onlineshop, sondern auch der größte Marktplatz. Wer Waren verkaufen will, muss hier fast zwangsweise vertreten sein, weil viele Menschen Amazon als Suchmaschine für Kaufprodukte sehen und verstehen.

Dadurch hat Amazon eine enorme Macht – basierend auf Daten. Die Händler müssen Provisionen für alles bezahlen: Wenn ein Kauf getätigt wird, wenn Amazon eine Zahlung bearbeitet, wenn Amazon Waren im Lager hält etc.

Aber Amazon geht sogar hin, und stellt immer wieder von besonders gut laufenden Produkten Eigenmarken her. Etwa Batterien oder Akkus. Handtücher. Geschirr. Messer. Körbchen für den Hund. Erst mal wartet Amazon, welche Waren gut laufen – und stellt sie dann unter eigener Marke selbst her, verdrängt die anderen Hersteller und verdient noch mehr.

Amazon ist ein Hai – verschluckt alle und jeden, ohne mit der Wimper zu zucken.

Amazon saugt auch aus anderen Quellen Daten – etwa Alexa

Amazon ist ein Meister darin, Daten zu sammeln und für sich und seinen unternehmerischen Erfolg zu nutzen. Amazon sammelt aber nicht nur Daten, wenn wir im Online-Store stöbern oder einkaufen.

Im Grunde immer, wenn wir mit Amazon in Verbindung stehen – und einen der vielen Dienste von Amazon nutzen. Bestes Beispiel ist zweifellos Alexa. Der Sprach-Assistent ist ein Eldorado für einen Datensammler wie Amazon.

alexa

Wer Alexa(s) zu Hause stehen hat, spricht mit dem Assistenten. So erfährt Amazon zum Beispiel, wann ich zu Hause bin – auch wann ich zu Hause bin. Amazon erfährt auch, worüber ich mich im Web informiere, zumindest wenn ich Alexa befrage. Wann ich zur Arbeite starte. Wann ich mich wecken lassen. Welche Personen sonst noch zu Hause sind.

Sofern ich andere Geräte damit steuere, wann ich fernsehe und was, wann ich die Lampe dimme, die Türe verriegele – oder welche Musik ich höre. Das wiederum lässt nicht nur generell ein Profil über mich zu, sondern auch im Speziellen: Heute Kuschel-Rock, morgen Baladen – das sagt etwas über meine Stimmung aus.

Amazon hat sogar ein Patent darauf, zu erkennen, in welchem Gefühlsmodus ich befinde, allein anhand meiner Stimme. Es ist erschreckend. Wir wissen nicht, welche Daten  konkret alle zum Einsatz kommen. Es sind viele.

Nachfragen: Welche Daten sammelt Amazon wirklich?

Wiele fragen sich: Lässt sich rausbekommen, welche Daten ein Konzern wie Amazon sammelt?

Theoretisch schon. Denn Amazon muss, wie jedes anderes Unternehmen auch, auf Nachfrage alle Daten rausrücken. Macht der Konzern aber nicht. Die Datenschützerin Katharina Nocun hat sich damit intensiv beschäftigt und musste mit Datenbehörden drohen, bevor Amazon überhaupt mal nennenswertes Material herausgerückt hat.

Da sieht man dann zum Beispiel den „Click Stream“: Amazon registriert ganz genau, wonach ich suche, auch wann, welche Bilder ich mir in groß anschaue, wie lange ich auf einer Produktseite verbleibe, ob ich etwas in den Warenkorb stecke oder auch wieder entferne. Das sind alles abenteuerlich konkrete Daten, die man im Zweifel nicht mal selbst über sich weiß.

Und wer viele Daten hat, kann gut vergleichen mit anderen Usern und so Schlüsse ziehen und ein Profil erstellen. Auch welche Musik ich mir bei Amazon anhöre, welche Serien ich schaue, ob ich mir eine Szene doppelt und dreifach anschaue oder schnell vorspule – wird alles registriert und in Informationen umgewandelt. Selbst Rückschlüsse auf das Schlafverhalten sind möglich…

Geld verdienen mit Cloud-Diensten

Was die meisten gar nicht wissen: Amazon ist auch ein Cloud-Dienst, ein sehr großer sogar.

Amazons Stärke sind seine Rechenzentren. Die sind ausfallsicher, super schneller, über die ganze Welt verteilt. Das hat Amazon zu einem Business gemacht. Nicht für uns Privat-User, aber für Firmen, Startups: Anstatt selbst ein Rechenzentrum aufzubauen, mietet man bei Amazon Server und Funktionen: Ob Datenbank, Web-Server, Speicherplatz, Gesichtserkennung, Sprachanalyse, was auch immer: Es gibt alles.

Viele Startups mieten diese Ressourcen bei Amazon – und zahlen dafür. Wenn sie wachsen, buchen sie einfach größere Dimensionen der Ressourcen bei Amazon. Deshalb sind auch viele Start-Ups von Amazon abhängig: Fallen deren Server aus oder gibt es in der Infrastruktur von Amazon Probleme, gibt es plötzlich viele Probleme in diversen Apps und Online-Anwendungen gleichzeitig. Die Abhängigkeit von Amazon ist riesig: Bei Verlagen, Industrie, Händlern und sogar Online-Unternehmen.