Bodo Ramelow

Clubhouse ist keine Dorfkneipe, Herr Ramelow!

Wohl noch nie hat sich in Deutschland eine neue Plattform derart rasant verbreitet wie Clubhouse. Diesmal wollten viele Politiker nicht unter den Letzten, sondern unter den Ersten sein, die dabei sind. Unter anderem Bodo Ramelow – und der hat, wenige Tage nach dem Abheben der Clubhouse App in Deutschland, auch schon für den ersten handfesten Skandal gesorgt. Der Anlass selbst ist nicht so interessant – wohl aber, was dahinter steckt: Unkenntnis.

Vor zehn Tagen kannte in Deutschland noch kaum jemand Clubhouse. Heute ist die App zumindest in der Branche, bei Insidern und Journalisten in aller Munde.

Clubhouse bietet eine ganz neue Art von Plattform – eine Art virtueller Bühne. Es gibt „Speaker“, die öffentlich sprechen können – und ein Publikum, das zuhört. Live. Und wer mag, hebt die (virtuelle) Hand – und kann dann drangenommen werden für einen Redebeitrag.

Clubhouse App

Medien-Kompetenz geht anders

Charmantes Konzept, das alle gerne mal ausprobieren wollen. Auch Politiker wie Christian Lindner (FDP), Saskia Esken (SPD), Dorothee Bär (CSU) und Bodo Ramelow (Linke) wurden schon auf Clubhouse gesichtet.

Der Ministerpräsident von Thüringen hat dann am Wochenende auch schon für den ersten Eklat auf der jungen Plattform gesorgt: Ramelow bezeichnete die Bundeskanzlerin in einem Clubhouse-Chat als „Merkelchen“ – und berichtete obendrein, er spiele während der Ministerpräsidenten-Konferenzen rund um Corona schon mal „Candy Crush“.

Vermutlich dachte Bodo Ramelow: Hier auf Clubhouse zeige ich mich mal von meiner lockeren Seite.

Ein typischer Fall von Medien-Inkompetenz. Da wollen sich Politiker auf ein neues Medium einlassen und sich digital von der entspannten Seite zeigen. Sie verstehen aber partout nicht, dass eine Clubhouse-App eben keine Dorfkneipe ist, nicht mal ein Clubhouse.

Es lauschen zwar vielleicht nur ein paar Dutzend Leute virtuell im Clubhouse-Room, aber jeder kann alles aufnehmen durch bei Bedarf durchstechen. Ebenfalls online – und blitzschnell. Genau das ist bei Ramelows gewagten Einlassungen passiert.

Im Netz ist alles öffentlich

Merke: Im Netz und auf Plattformen ist generell nichts privat. Im Gegenteil: Alles ist öffentlich, zumindest potenziell.

Bei Clubhouse werden übrigens alle Chats gespeichert. „Temporär“, heißt es in den Nutzungsbedingungen. Wie lange genau, weiß niemand. Wenn aber Verstöße gemeldet werden, ist die Speicherung dauerhaft. Was auf Clubhouse gesagt wird, ist also auch „on tape“, sozusagen.

Bodo Ramelow ist nun in Erklärungsnot geraten und macht sich auf Twitter ganz klein – auch wieder öffentlich.

Zwar haben wir derzeit nun wirklich andere Probleme als die, welche Kosenamen ein Politiker für die Bundeskanzlerin wählt. Aber auch das ist eben das Netz: Aus jeder Fliege kann mühelos ein Elefant werden. Die sogenannten „Sozialen Medien“ haben einen Turboeffekt auf so ziemlich alles.

Gut möglich, dass der Linken-Politiker nun mit einem Shitstorm umgehen muss. Das Internet ist nämlich nicht nur öffentlich, sondern auch unbarmherzig.

 

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