DNS Dienste

Quad9: Warum es ein Problem ist, wenn DNS-Dienste Inhalte sperren sollen

Wir alle nutzen DNS-Dienste – ununterbrochen. Jetzt ist der nicht-kommerzielle DNS-Dienst Quad9 in einem Rechtsstreit mit Sony Music unterlegen: Das Landgericht Hamburg sieht eine „Störerhaftung“ und verdonnert den Anbieter dazu, eine Webseite zu blockieren. Darin sehen nicht nur einige Netzaktivisten ein Problem – ich auch.

Hand aufs Herz: Wer weiß schon so genau, was ein DNS-Server macht und wozu so etwas überhaupt gut sein soll? In Wirklichkeit die Allerwenigsten. Dabei ist ein Internet ohne „Domain Name System“ (DNS) zwar denkbar, aber eine Zumutung. Denn dann könntet Ihr nicht einfach schieb.de in die Adresszeile eingeben, sondern müsstet die IP-Adresse des Servers eingeben: 54.93.189.161. Aber nicht nur bei schieb.de, sondern immer. Bei jeder E-Mail. Jeder App. Andauernd.

DNS-Server leisten diese „Übersetzungsarbeit“ – also das Nachschauen, welcher Server denn angesprochen werden soll – unbemerkt, andauernd und blitzschnell. Egal ob am PC, im Smartphone – oder in der Mikrowelle, die mit dem Internet verbunden ist.

DNS-Dienst Quad9

DNS-Dienste bekommen eine Menge vertraulicher Daten

Klingt nach einer komfortablen Sache. Nur: Der Betreiber des DNS-Servers eures Vertrauens bekommt jede einzelne Anfrage ans Internet mit: Welche Webseiten steuert ihr an, an welche Mail-Server wird Post verschickt – auch wann. Es fallen also eine Menge Daten an, die – zumindest theoretisch – abgegriffen und auch missbraucht werden könnten. Wer den kostenlosen DNS-Dienst von Google nutzt (8.8.8.8) greift zwar auf einen sehr schnellen DNS-Dienst zurück, kann aber nicht hundertprozentig sicher sein, dass die Nutzungsdaten von Google nicht verwendet werden. Es wäre zumindest denkbar.

Darum gibt es den in der Schweiz ansässigen DNS-Dienst Quad9, betrieben von einem gemeinnützigen Verein. Quad9 geht extrem diskret vor: Hier wird keine Anfrage gespeichert, und wer mag, kann den Dienst sogar verschlüsselt nutzen. Quad9 ist kostenlos für alle – denn der frei zugängliche DNS-Dienst arbeitet spendenfinanziert.

Julia Reda

Quad9 blockiert aktiv schädliche Webangebote

Das allein ist schon ein guter Grund, Quad9 als DNS-Dienst zu verwenden. Doch Quad9 bietet noch ein praktisches Extra: Der Dienst blockiert aktiv Webseiten und Mail-Server, die Malware verteilen, Phishing-Angriffe betreiben oder Bot-Netzwerke betreiben. Wenn das System feststellt, dass die Seite, die ihr aufrufen möchtet, bekanntlich infiziert ist, wird der Zugang automatisch gesperrt. So bleiben Daten und Computer sicher. Ein sehr praktischer Service.

Ausgerechnet dieser nützliche und datenschutzfreundliche DNS-Dienst Quad9 wurde nun aber von einem Hamburger Gericht dazu verdonnert, eine Webseite zu sperren, die wiederum auf andere Angebote verlinkt, auf der rechtswidrig Inhalte bereitgestellt werden. Eine gerichtlich angeordnete Netzsperre.

Netzsperren: Was daran problematisch ist

Julia Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte ist empört: Es gibt keinen direkten Bezug zwischen Quad9 und der Webseite mit den juristisch bedenklichen Inhalten, sagt sie. Während Provider nicht für die Inhalte haftbar gemacht werden können, die Kunden hochladen („Haftungsprivileg“ genannt), sollen die noch weiter von den Inhalten entfernten DNS-Anbieter belangt werden können? Das hält Julia Reda für „grundrechtlich problematisch“.

Zu Recht. Denn einen DNS-Betreiber für die Inhalte auf irgendeiner Webseite zu belangen, das ist in etwa so, als würden man den Betreiber einer Verkehrsampel für Rotlichtverstöße von Autofahrern zur Kasse bitten.

Absurd.

Und noch etwas bereitet Julia Reda Kopfzerbrechen: Wenn auf Anordnung ganze Webseiten und Onlinedienste gesperrt werden können, hat man schnell Zustände wie in Russland, China oder Türkei erreicht – wo das üblich ist.

Deshalb die – aus meiner Sicht völlig begründete – Forderung: Auch DNS-Dienste sollten dem Haftungsprivileg unterliegen, also nicht für Inhalte haften, für die andere Verantwortung tragen.

 

So funktioniert ein DNS-Dienst wie Quad9

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