Facebook vor dem BGH

BGH-Urteil zu Facebook und Pseudonymen

Laut BGH dürfen Menschen, die vor Mai 2018 ein Konto eröffnet haben, ein Pseudonym verwenden – alle anderen müssen Klarnamen verwenden. Wieso ist das so?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich vor einigen Tagen mit Facebook beschäftigt. Und zwar ganz konkret mit einem Aspekt hier im Netzwerk: Nutzer müssen bei Facebook einen Klarnamen verwenden, sie dürfen kein Pseudonym benutzen. Also nicht RevengerHolger, sondern bitte mit echtem Namen unterwegs sein.

Ein Name, der mit dem echten Namen weitgehend übereinstimmt.  Doch dagegen hatten zwei User geklagt, die nicht mit ihrem echten Namen im Netzwerk präsent sein wollten. Sie wollten Pseudonyme verwenden. Dürfen sie, sagt der BGH – unter bestimmten Umständen.

Hinter einem Pseudonym kann man sich prima verstecken
Hinter einem Pseudonym kann man sich prima verstecken

Warum ist Klarname bei Facebook Pflicht?

Facebook argumentiert, das Netzwerk sei vor allem dazu da, dass sich Menschen finden und verbinden. Da wäre es kontraproduktiv, nicht den eigenen Namen zu benutzen. Klar: Wenn ich mich Snoopy123 nenne, finden mich meine Klassenkameraden aus der Grundschule natürlich nicht. Das Argument ist schlüssig. Außerdem seien Menschen, die ihren Klarnamen verwenden, achtsamer, wenn sie mit anderen Menschen umgehen. Das allerdings ist eine umstrittene Position. Es gibt Studien, die das Gegenteil belegen.

Auf jeden Fall hat Facebook in seinen Nutzungsbedingungen die Vorschrift, Klarnamen zu benutzen. Wenn jemand dagegen verstößt und ein Pseudonym verwendet, fordert Facebook ihn früher oder später auf, das zu ändern. Weigert sich jemand konsequent, wird auch schon mal das Konto gesperrt. Genau das ist zwei Personen passiert: Ein Mann und eine Frau haben dagegen geklagt. In den ersten Instanzen hat Facebook auch Recht bekommen. Jetzt beim BGH aber nicht mehr. Die beiden dürfen ihr Pseudonym verwenden. Eine Regelung, die für sie gilt – aber längst nicht für alle.

Warum das nicht für alle gilt

Jetzt können keineswegs alle Facebook-Nutzer ein Pseudonym verwenden. Die Entscheidung des BGH gilt nicht für alle. Für wen gilt die Entscheidung?

Der BGH hat einen Fall entschieden, der schon einige Jahre zurückliegt. Und da sah die Welt noch anders aus als heute. Vor Mai 2018 gab es die Datenschutzgrundverordnung noch nicht, dafür aber ein Telemediengesetz, das ausdrücklich das Recht vorsieht, dass Menschen sich auch pseudonym oder anonym in einer Plattform müssen anmelden können.

Ein verbrieftes Recht, nicht zum Klarnamen gezwungen sein zu müssen, könnte man sagen. Seit die DSGVO in Kraft ist, das ist seit Mai 2018, sieht die Sache anders aus: Die DSGVO sieht kein solches Privileg auf ein Pseudonym vor. Deshalb kann Facebook seitdem tatsächlich die Verwendung eines Klarnamens verlangen. Das bedeutet in der Praxis: User, die ihr Konto schon vor Mai 2018 bei Facebook eröffnet haben, können nun auf ein Pseudonym bestehen. Alle anderen, die ihr Konto nach Mai 2018 eröffnet haben, sind gezwungen, einen Klarnamen zu benutzen, da Facebook das in seinen Nutzungsbedingungen von den Nutzern erwartet.

Die DSGVO sieht kein Recht auf Pseudonyme mehr vor
Die DSGVO sieht kein Recht auf Pseudonyme mehr vor

Gilt das auch für andere Netzwerke?

Nicht explizit. Jedes Netzwerk hat seine eigenen Regeln. Unter ähnlichen Bedingungen würde vermutlich aber genauso entschieden: Vor Mai 2018 hatten wir alle ein Recht auf die Verwendung eines Pseudonyms, seit Mai 2018 aber nicht mehr. Die meisten anderen Netzwerke wie Instagram, Twitter oder TikTok bestehen aber sowieso nicht auf einen Klarnamen, sondern akzeptieren auch Fantasienamen und Pseudonyme. Dort gibt es das Problem also gar nicht. Es wäre im übrigen durchaus möglich, dass ein Netzwerk bei der Registrierung auf die Angabe der echten Daten besteht, muss diese aber ja nicht im Netzwerk anzeigen.

Ungeklärt: Klarname oder Pseudonym besser?

Wieso gibt es überhaupt immer wieder Streit darüber, ob Klarnamen Pflicht sein sollten?

Das liegt daran, dass man davon ausgeht, dass Menschen sich achtsamer ihren Mitmenschen gegenüber verhalten, wenn sie mit echtem Namen auftreten und einfacher zu identifizieren sind. Also die Annahme, dass ich eher lautstark polemisiere, beleidige oder auch Hass und Hetze verbreitet, wenn ich anonym in einem Netzwerk unterwegs bin. Allerdings ist das eine anfechtbare These.

An der ETH Zürich wurde dazu geforscht. Mit dem Ergebnis: Es wird immer häufiger unter Realnamen Hass und Hetze verbreitet. Das alleine scheint also keine Lösung zu sein. Außerdem versprechen sich viele Politiker auch eine einfachere Strafverfolgung, wenn Klarnamen vorgeschrieben sind. Allerdings ist das auch nicht richtig. Viel wichtiger wäre dann, dass sich Menschen mit ihrer Handynummer oder echten Adresse registrieren; es ist nicht entscheidend, dass dafür auch der Klarname angezeigt wird.

 

 

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