Perplexitys Manager bieten dem großen Konzern Google 34,5 Milliarden Dollar für den Browser Chrome – und das ist strategisch ausgesprochen geschickt.
Ein im Vergleich zu OpenAI betrachtet relativ unbekanntes KI-Startup namens Perplexity hat Google ein Angebot gemacht, das selbst Tech-Veteranen staunen lässt: 34,5 Milliarden Dollar für den Chrome-Browser. Das ist fast das Doppelte von Perplexitys eigener Bewertung. Klingt verrückt? Dahinter steckt ein Plan, der unser aller Online-Leben fundamental verändern könnte.
Chrome: Mehr als nur ein Browser
Um zu verstehen, warum Perplexity bereit ist, sich derart zu verschulden, muss man Chrome richtig einordnen. Mit über 3,5 Milliarden Nutzern und einem Marktanteil von mehr als 60 Prozent ist Chrome nicht einfach nur ein Programm zum Surfen. Es ist das Tor zum Internet schlechthin.
Jeder Klick, jede Suchanfrage, jede besuchte Website läuft über Chrome. Google sammelt dabei kontinuierlich Daten über unser Verhalten, unsere Interessen und unsere Gewohnheiten. Diese Informationen sind das Fundament von Googles 2-Billionen-Dollar-Werbeimperium. Chrome ist also viel mehr als ein Browser – es ist eine Datensammelmaschine und der wichtigste Vertriebskanal für Googles Dienste.

Perfektes Timing dank Kartellrecht
Perplexitys Vorstoß kommt nicht von ungefähr. Das US-Justizministerium hat Google verklagt und vor Gericht Recht bekommen: Ein Richter erklärte Googles Monopol in der Online-Suche für illegal. Als Lösung schlägt die Regierung vor, dass Google Chrome verkaufen muss.
Genau hier setzt Perplexity an. Während Google noch gegen das Urteil kämpft und beteuert, Chrome nie verkaufen zu wollen, macht das KI-Startup bereits Nägel mit Köpfen. Die Botschaft ist klar: Falls ein Verkauf ansteht, stehen wir bereit.
Was Perplexity wirklich vorhat
Perplexity ist kein gewöhnliches Tech-Unternehmen. Das 2022 gegründete Startup hat sich auf KI-gestützte Suche spezialisiert und bereits im Juli einen eigenen Browser namens „Comet“ vorgestellt. Comet ist kein normaler Browser – er kann Webseiten automatisch zusammenfassen, Tabs intelligent organisieren und sogar komplexe Aufgaben wie Terminplanung übernehmen.
CEO Aravind Srinivas bezeichnet Comet als „kognitives Betriebssystem“. Das ist kein Marketing-Geschwätz, sondern Programm. Während Chrome uns heute noch zu Websites führt, die wir dann selbst durchsuchen müssen, soll Comet die Informationen direkt liefern, verarbeiten und präsentieren.
Mit Chrome würde Perplexity diesem Ansatz schlagartig Milliarden von Nutzern verschaffen. Statt mühsam Marktanteile zu erobern, könnte das Unternehmen die dominante Position sofort übernehmen.
Cleverer Schachzug: Google als Köder
Besonders clever: Perplexity verspricht, Google als Standard-Suchmaschine in Chrome zu behalten. Das klingt zunächst widersprüchlich – warum sollte man Milliarden für einen Browser ausgeben, nur um dann die Konkurrenz zu promoten?
Die Antwort liegt in der Strategie. Perplexity braucht Zeit, um seine KI-Suche zu perfektionieren und Nutzer schrittweise zu migrieren. Google als Standard zu behalten, besänftigt sowohl Regulierer als auch Nutzer. Gleichzeitig kann Perplexity nach und nach seine eigenen KI-Features einbauen und den Übergang sanft gestalten.
Das Ende der klassischen Websuche
Was bedeutet das für uns Nutzer? Die Art, wie wir online nach Informationen suchen, steht vor einer Revolution. Statt zehn blaue Links zu bekommen, die wir dann einzeln abklappern müssen, liefert KI-Suche direkte, kontextualisierte Antworten.
Ein Beispiel: Heute googeln wir „beste Restaurants München“ und müssen uns durch verschiedene Websites klicken. Mit KI-gestützter Suche bekommen wir eine personalisierte Liste mit Begründungen, Bewertungen und direkten Buchungslinks – alles in einer einzigen, intelligenten Antwort.
Neue Machtverhältnisse im Web
Sollte Perplexity Erfolg haben, verschiebt sich die Macht im Internet grundlegend. Google verliert seine Position als alleiniger Gatekeeper der Online-Information. Gleichzeitig entstehen neue Abhängigkeiten: Statt Googles Algorithmus entscheidet dann Perplexitys KI, welche Informationen wir sehen.
Das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits bekommen wir relevantere, besser aufbereitete Informationen. Andererseits wird eine neue Instanz zwischen uns und die Originalquellen geschaltet. Die Gefahr von Bias und Manipulation steigt.
Wahrscheinlichkeit und Alternativen
Wird der Deal tatsächlich zustande kommen? Vermutlich nicht. Google hat bisher keinerlei Interesse signalisiert, Chrome zu verkaufen. Das Unternehmen kämpft gegen das Kartellurteil und wird alle juristischen Mittel ausschöpfen.
Aber Perplexity ist nicht allein. Auch OpenAI, der Macher von ChatGPT, hat Interesse an Chrome bekundet. Yahoo und verschiedene Investmentfirmen sollen ebenfalls Ambitionen haben. Der Wert von Chrome wird auf 20 bis 50 Milliarden Dollar geschätzt – Perplexitys Angebot liegt also im realistischen Bereich.
Marketing-Coup oder ernsthafte Absicht?
Selbst wenn der Deal platzt, hat Perplexity bereits gewonnen. Die Schlagzeilen um das 34,5-Milliarden-Angebot katapultieren das relativ unbekannte Startup in die Liga der Tech-Giganten. Plötzlich reden alle über Perplexity, Comet und KI-gestützte Suche.
Das könnte der eigentliche Zweck der Übung sein: Aufmerksamkeit generieren, Investoren beeindrucken und sich als ernsthafter Konkurrent zu Google positionieren.
Die Zukunft des Browsens
Unabhängig vom Ausgang zeigt Perplexitys Vorstoß, wohin die Reise geht. Browser werden intelligenter, proaktiver und personalisierter. Sie entwickeln sich von passiven Werkzeugen zu aktiven Assistenten, die mitdenken, vorschlagen und automatisieren.
Diese Entwicklung ist unaufhaltsam. Ob sie von Perplexity, Google oder einem anderen Player vorangetrieben wird, spielt letztendlich eine untergeordnete Rolle. Die Frage ist nicht ob, sondern wann und wie schnell wir uns an diese neue Art des Online-Seins gewöhnen werden.
Die 34,5-Milliarden-Dollar-Frage ist damit beantwortet: Es geht um nichts Geringeres als die Neuerfindung des Internets.