Ab 2026 gelten neue Regeln für künstliche Intelligenz in der EU. Chatbots müssen sich als solche ausweisen, KI-generierte Bilder brauchen Kennzeichnungen. Doch das ist nicht die einzige digitale Neuerung im neuen Jahr.
Transparenz bei KI: Endlich Klarheit schaffen
Wer chattet da eigentlich mit mir? Ist das ein echter Mensch oder doch ein Bot? Diese Frage wird ab 2026 leichter zu beantworten sein. Der AI Act der Europäischen Union schreibt vor, dass KI-Systeme transparent arbeiten müssen. Die Regelung tritt im Laufe des Jahres gestaffelt in Kraft – und sie hat es in sich.
Konkret bedeutet das: Chatbots müssen sich eindeutig als solche zu erkennen geben. Es sei denn, es ist völlig offensichtlich, dass kein Mensch am anderen Ende sitzt. Wer also einen Kundenservice kontaktiert und mit einem Bot spricht, muss darüber informiert werden. Das gilt für alle Bereiche – vom Online-Shopping über Bankgeschäfte bis zur Behördenkommunikation.
Aber nicht nur Chatbots sind betroffen. Auch KI-generierte oder KI-manipulierte Inhalte müssen gekennzeichnet werden. Das betrifft Bilder, Videos, Texte und Audio-Dateien. Wer ein Bild mit Midjourney oder DALL-E erstellt, muss das kenntlich machen. Wer ein Video mit KI-Tools bearbeitet oder Deepfakes produziert, ebenfalls.
Die technische Umsetzung ist allerdings noch nicht bis ins Detail geklärt. Diskutiert werden Wasserzeichen in Bildern, Metadaten in Dateien oder deutliche Hinweise in der Benutzeroberfläche. Das Problem: Wasserzeichen lassen sich oft entfernen, Metadaten können gelöscht werden. Wie wirksam die Kennzeichnungspflicht in der Praxis sein wird, bleibt abzuwarten.
Für Unternehmen wird es ernst. Wer die Transparenzpflichten nicht einhält, riskiert empfindliche Strafen. Die EU-Verordnung sieht Bußgelder in Millionenhöhe vor – oder einen prozentualen Anteil vom weltweiten Umsatz. Das sollte ausreichen, um die meisten Firmen zum Umdenken zu bewegen.
Der digitale Ausweis kommt – aber langsam
Die zweite große Neuerung betrifft unsere Identität: Die EU Digital Wallet wird Realität. Laut eIDAS-2.0-Verordnung müssen alle EU-Staaten bis Dezember 2026 eine zertifizierte digitale Geldbörse bereitstellen. Das Konzept klingt verlockend: Personalausweis, Führerschein, Versichertenkarte – alles auf dem Smartphone, verschlüsselt und sicher.
Der Vorteil liegt auf der Hand. Wer zum Arzt geht, zeigt die digitale Versichertenkarte. Bei der Verkehrskontrolle den digitalen Führerschein. Beim Hotel-Check-in den digitalen Ausweis. Keine verlorenen Karten mehr, keine abgelaufenen Dokumente im Portemonnaie. Alles ist immer dabei, immer aktuell.
Die Wallet funktioniert europaweit. Wer im Urlaub in Italien oder Schweden ist, kann dieselbe App nutzen. Die Daten bleiben dabei dezentral auf dem eigenen Gerät gespeichert. Es gibt keine zentrale EU-Datenbank, die alle Informationen sammelt. Das ist ein wichtiger Unterschied zu manchen befürchteten Szenarien einer totalen digitalen Überwachung.
Allerdings: Der Zeitplan ist ambitioniert. In Deutschland läuft 2026 zunächst eine Pilotphase. Der breite Marktstart wird eher für 2027 erwartet. Welche Dokumente wann verfügbar sind und welche Behörden oder Unternehmen die Wallet akzeptieren, hängt stark von der nationalen Umsetzung ab. Die EU hat das langfristige Ziel ausgegeben, dass bis 2030 rund 80 Prozent der Bevölkerung die digitale Wallet nutzen können.
Wichtig zu wissen: Die Nutzung bleibt freiwillig. Niemand wird gezwungen, nur noch digital unterwegs zu sein. Klassische Ausweise und Karten bleiben weiterhin gültig. Wer sein Portemonnaie nicht ausdünnen möchte, kann alles beim Alten lassen.
Recht auf Reparatur: Smartphones sollen länger halten
Die dritte wichtige Änderung betrifft unseren Umgang mit Technik. Seit Juni 2025 gelten neue EU-Ökodesign-Regeln für Smartphones und Tablets – und 2026 zeigt sich, wie gut sie funktionieren. Das Ziel: Geräte sollen länger halten und besser reparierbar sein.
Konkret müssen Hersteller Ersatzteile wie Akkus, Displays oder Kameras bis zu sieben Jahre nach dem letzten Verkauf verfügbar halten. Außerdem sind sie verpflichtet, mindestens fünf Jahre lang Sicherheitsupdates bereitzustellen. Das ist ein großer Fortschritt gegenüber der bisherigen Praxis, bei der viele Geräte nach zwei oder drei Jahren faktisch veraltet waren.
Die EU-Richtlinie zum Recht auf Reparatur geht noch weiter. Hersteller dürfen Reparaturen nicht künstlich erschweren – etwa durch verklebte Gehäuse, proprietäre Schrauben oder Software-Sperren. Ersatzteile müssen zu angemessenen Preisen verfügbar sein. Und auch unabhängige Werkstätten sollen Zugang zu Reparaturanleitungen und Komponenten bekommen.
Für Verbraucher bedeutet das: Ein kaputtes Display oder ein schwächelnder Akku müssen nicht mehr das Aus für das Smartphone bedeuten. Reparieren wird zur realistischen Alternative zum Neukauf. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Weniger Elektroschrott ist das erklärte Ziel der EU.
Allerdings gelten die Regeln gestaffelt und nicht für alle Produktgruppen gleichzeitig. Bei Waschmaschinen, Geschirrspülern und anderen Haushaltsgeräten gibt es teilweise schon länger ähnliche Vorgaben. Ausnahmen existieren weiterhin bei sicherheitskritischen Komponenten – etwa wenn es um verschlüsselte Systemzugriffe geht.
Ob Reparaturen dadurch tatsächlich günstiger werden, hängt vom Wettbewerb ab. Wenn unabhängige Werkstätten besseren Zugang zu Ersatzteilen bekommen, könnte der Preis sinken. Wenn Hersteller ihre Monopolstellung verteidigen können, bleibt alles beim Alten.
EU reguliert die digitale Welt
Diese drei Neuerungen zeigen deutlich: Die EU nimmt die Gestaltung der digitalen Zukunft selbst in die Hand. Ob KI-Transparenz, digitale Identität oder Reparierbarkeit – überall entstehen verbindliche Regeln. Das Ziel: Mehr Schutz für Verbraucher, mehr Transparenz, mehr Nachhaltigkeit.
Ob alle Versprechen eingelöst werden, wird sich zeigen. Die Umsetzung liegt oft bei den Mitgliedsstaaten, und die sind unterschiedlich schnell. Auch die technische Durchsetzbarkeit mancher Regeln bleibt fraglich. Aber der politische Wille ist da – und das ist schon mal ein Anfang.