AI Slop: Wenn das Internet in KI-Müll ertrinkt

von | 07.10.2025 | KI

OpenAI hat gerade Sora 2 vorgestellt, und es ist beeindruckend. Mit wenigen Klicks erstellt ihr jetzt Videos, die richtig gut aussehen. Noch krasser: Die neue Cameo-Funktion baut euer Gesicht nahtlos in die generierten Clips ein. Ihr müsst nur ein Foto hochladen, und schon tanzt, redet oder winkt eure digitale Version durch KI-generierte Welten. Cool, oder? Naja, kommt drauf an.

Denn während wir alle über die technischen Möglichkeiten staunen, überschwemmt eine Flut minderwertiger KI-Inhalte das Netz. Die haben sogar schon einen Namen bekommen: AI Slop. Und der Begriff trifft es ziemlich genau.

Woher kommt „AI Slop“?

Der Begriff „Slop“ stammt aus dem Englischen und bedeutet ursprünglich Schweinefutter oder Küchenabfälle – also minderwertiges Zeug, das man zusammenpanscht und verfüttert. In der Tech-Welt tauchte „AI Slop“ erstmals Anfang 2024 auf, als Nutzer auf Social Media bemerkten, dass ihre Feeds zunehmend von billig produzierten KI-Inhalten überflutet wurden.

Besonders auf Facebook und Instagram häuften sich plötzlich kitschige Bilder: Jesus aus Blumen, hyperrealistische Babys mit riesigen Augen, Soldaten, die weinende Kinder retten, oder absurd detaillierte Kuchen in Form von Prominenten. Alles von KI generiert. Alles irgendwie gleich. Alles ziemlich geschmacklos.

Die Leute reagierten genervt. „Not interested in AI Slop“ wurde zum geflügelten Wort. Der Begriff verbreitete sich rasend schnell, weil er perfekt beschreibt, was da passiert: Massenhaft produzierter digitaler Abfall, der das Internet verstopft wie Fett einen Abfluss.

Der Shrimp Jesus ist ein Musterbeispiel für AI Slop
Der Shrimp Jesus ist ein Musterbeispiel für AI Slop

Was macht AI Slop aus?

AI Slop hat bestimmte Erkennungsmerkmale. Es geht nicht um hochwertige KI-Kunst oder durchdachte KI-gestützte Inhalte. Es geht um das genaue Gegenteil:

Massenproduktion ohne Mehrwert: Hunderte nahezu identische Bilder, Texte oder Videos werden in kürzester Zeit erstellt – nicht weil jemand etwas zu sagen hat, sondern weil es einfach geht.

Engagement-Farming: Viele AI-Slop-Inhalte sind darauf ausgelegt, emotionale Reaktionen zu erzeugen. Rührende Geschichten über kranke Kinder, patriotische Militärmotive oder religiöse Symbole – alles mit dem Ziel, Likes, Shares und Kommentare abzugreifen.

Fehlende menschliche Kuration: AI Slop entsteht, wenn Leute KI-Tools nutzen, ohne die Ergebnisse kritisch zu prüfen oder zu verfeinern. Prompt rein, Bild raus, posten. Fertig.

Generische Ästhetik: Es gibt diesen typischen „AI-Look“ – überglatte Oberflächen, zu perfekte Symmetrie, unnatürliche Beleuchtung, manchmal bizarre anatomische Fehler. Bei Texten sind es gestelzte Formulierungen, unnötige Aufzählungen und diese typische „Als KI kann ich sagen…“-Tonlage.

Warum ist AI Slop ein Problem?

„Na und?“, könnt ihr jetzt denken. „Dann scrolle ich halt weiter.“ Aber AI Slop ist mehr als nur nervig. Es hat echte Konsequenzen.

Das Signal-Rausch-Verhältnis kippt: Wenn massenhaft minderwertige Inhalte produziert werden, wird es immer schwieriger, qualitativ hochwertige Informationen zu finden. Suchmaschinen kämpfen bereits damit, echte Expertise von generiertem Blabla zu unterscheiden. Rezensionen, Ratgeber, Nachrichtenartikel – überall taucht AI Slop auf und verdrängt menschliche Arbeit.

Desinformation wird einfacher: Mit Tools wie Sora 2 und Cameo können täuschend echte Videos erstellt werden. Heute noch als Spielerei, morgen als Werkzeug für Manipulation. Stellt euch vor, wie einfach es wird, Fake-Videos von Politikern, Prominenten oder normalen Menschen zu erstellen.

Kreative werden entwertet: Wenn das Netz voller billig generierter Inhalte ist, sinkt die Wertschätzung für echte kreative Arbeit. Warum sollte jemand einen Fotografen bezahlen, wenn KI-Bilder „gut genug“ sind? Das Problem: „Gut genug“ ist auf Dauer nicht gut genug.

Trainingsmaterial für zukünftige KIs: Hier wird es richtig absurd. KI-Modelle werden mit Internetdaten trainiert. Wenn das Internet zunehmend aus KI-generierten Inhalten besteht, trainieren wir KIs mit dem Output anderer KIs. Das führt zu einer Art digitalem Inzest, bei dem Modelle immer schlechter werden – ein Phänomen, das Forscher als „Model Collapse“ bezeichnen.

Ökologische Kosten: Jede KI-Generierung kostet Rechenleistung und damit Energie. Wenn Millionen Menschen täglich Videos, Bilder und Texte erzeugen, die niemand braucht und kaum jemand ansieht, ist das pure Verschwendung.

Was können wir tun?

Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Plattformen, sondern auch bei uns Nutzern. Wir müssen lernen, AI Slop zu erkennen und zu ignorieren. Nicht jeden Beitrag liken, nur weil er emotional ist. Nicht jedes Video teilen, nur weil es beeindruckend aussieht.

Gleichzeitig brauchen wir bessere Kennzeichnungspflichten. Wenn ein Video mit Sora erstellt wurde, sollte das klar ersichtlich sein. Wenn ein Text von ChatGPT stammt, gehört ein Hinweis dazu.

Und vor allem: Lasst uns echte Kreativität wertschätzen. Unterstützt Menschen, die Mühe in ihre Arbeit stecken. Teilt Inhalte, die einen Gedanken, eine Perspektive, eine Idee transportieren – nicht nur einen hübschen Algorithmus-Output.

AI Slop ist real

Sora 2 ist technologisch faszinierend. Aber es ist auch ein Brandbeschleuniger für ein Problem, das schon längst existiert. AI Slop ist real, es breitet sich aus, und wir müssen damit umgehen lernen. Nicht, indem wir KI verdammen – sondern indem wir bewusster damit umgehen. Qualität statt Quantität. Intention statt Inflation. Sonst ertrinken wir alle im digitalen Schweinefutter.