Amazon Go: Amazon kommt mit eigenen Supermärkten

von | 25.01.2018 | Digital

Amazon kennen wir bislang als riesigen Onlineshop: Hier gibt es nahezu alles. Einfach per Mausklick bestellen – und am nächsten Tag dem Kurier die Tür aufmachen. Doch Amazon will nun auch in die „reale“ Welt vordringen. Mit eigenen Shops. Amazon will den Supermarkt neu erfinden, ohne Kassen, ohne Schlangen und ohne Personal im Laden. Man nimmt sich, was man braucht – und geht raus. In Seattle hat nun ein solcher Laden aufgemacht. Amazon Go genannt.

Der erste Amazon Go Laden hat jetzt in USA in Seattle – übrigens die Stadt, in der auch Amazon selbst gegründet wurde –  geöffnet. Als Test. Die Kunden betreten den Laden, haben ihr Smartphone mit dabei. Sie müssen vorher eine App geladen haben, Amazon Go.

Wenn sie den Laden betreten, checken sie ein, so wie in einem Hotel. Dadurch weiß die App und vor allem auch Amazon, dass sie im Laden sind und gerade einkaufen wollen. Danach schnappen sie sich eine Einkaufstasche, gehen durch den Laden, legen alles, was sie mitnehmen wollen in ihre Tasche.

Sie müssen nichts wiegen oder scannen. Einfach in die Tasche legen, so als wäre es kostenlos. Am Ausgang halten die Kunden wieder ihr Smartphone an ein Lesegerät und checken aus. Alle Waren im Korb werden dann berechnet und dem Kundenkonto belastet. Fertig. Niemand kontrolliert irgend etwas, Amazon „weiß“, was mitgenommen wurde.

So wird alles getrackt

So ein Amazon Go Shop ist natürlich vollgestopft mit Hightech, man kann es sich denken. Überall hängen Kameras, die alles sehen und beobachten. Bewegt sich ein Kunde durch den Laden, bekommt das System das genau mit. Der virtuelle Aufpasser weiß also,  ob ich gerade vor den frischen Bananen stehe oder beim Eistee.

Mache ich eine Greifbewegung, wird genau aufgepasst, ob ich etwas entnehme und in meine Tasche tue. Darüber hinaus sind die Regale mit Sensoren ausgestattet, sogar mit Wagen. Sie registrieren also, ob etwas entnommen wird – und auch, wie viel, ob eine Packung oder zwei. Bei Frischwaren kann gewogen werden, wie viel entnommen wird. Auf diese Weise registriert das System, was eingekauft wird – und berechnet das.

Ohne Gesichtserkennung

Klingt spooky – und könnte bedeuten, dass die Kameras Gesichtserkennung anwenden, um die Bewegungen im Laden zu tracken. Aber angeblich ist das nicht der Fall. Durch das Einchecken am Eingang wird der Kunde als 3D-Objekt wahrgenommen und verfolgt, anhand von Größe, Kleidung, Farben etc. weiter kein Problem.

Auf Gesichtserkennung will Amazon verzichten. Zumindest erst einmal, schließlich handelt es sich nur um einen ersten Feldversuch. Da soll sich zeigen, wie zuverlässig die Technik arbeitet und wie zufrieden die Kunden sind.

ColiN00B / Pixabay

 

Ganz ohne Schlange und Kasse

Niemand steht gerne in der Schlange an der Kasse. Wenn das wegfällt, dürfte das viele erst mal freuen. Aber auch nur, wenn nicht zu viel oder das Falsche berechnet wird.

Das System ist natürlich sehr sensibel. Was passiert, wenn ein Kunde einen Joghurt aus dem Regal nimmt und an die falsche Stelle zurückstellt, ist mir unklar. Oder wenn das Kleinkind im Wagn nach Sachen greift und sie gleichzeitig mit Mama oder Papa in den Wagen legt.

Das sind zweifellos die Unwägbarkeiten, die im Test nun durchgespielt werden (müssen). Das Personal muss die Waren natürlich stets nachfüllen, exakt an den richtigen Positionen. Das alles lässt eine klinisch saubere Einkaufsatmosphäre erwarten.

Ladendiebstahl

Klingt so, als wäre es leicht, etwas mitgehen zu lassen. Doch offenbar ist Ladendiebstahl unmöglich. Eine Kollegin von der New York Times hat es versucht: Sie hat ein 4er-Pack Getränkedosen noch im Regal in eine Tüte eingewickelt und sich unauffällig unter den Arm geklemmt. Für die Kameras unsichtbar. Wurde berechnet!

 Datenschutz

Noch gibt es keine konkreten Angaben, welche Daten erhoben und gesammelt werden. Aber wir kennen Amazon: Man wird wohl kaum etwas tun können, selbst unbewusst, was nicht registriert würde. Lege ich eine Ware zurück ins Regal? Warum? Preis zu hoch? Oder nur ein Fehlgriff? Wie lange bleibe ich vor dem Organgensaft stehen?

Registriere ich die Sonderangebote? Amazon wäre nicht Amazon, wenn nicht alles bis ins Details registrierte und ausgeweidet würde. Wenn nicht gleich am Anfang, dann zweifellos später. Klar, Tante Emma wusste auch, welche Marmelade ich einkaufe. Aber die Möglichkeiten moderner Konzerne sind ungleich größer – und die Hemmung, diese Möglichkeiten zu nutzen, geht gegen Null.

 Ganz sicher. Amazon fackelt nicht lange. Jetzt werden erste Erkenntnisse und Erfahrungen gesammelt, dann wird der Konzern schauen, ob sich damit Erträge erwirtschaften lassen – und danach werden ganz sicher erste Ladenlokale eröffnet, erst in den USA, früher oder später auch bei uns.