Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Was sich jetzt für Webseiten, Apps und digitale Dienste ändert

von | 03.07.2025 | Internet

Seit dem 28. Juni 2025 ist es offiziell: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) gilt – und verändert den digitalen Alltag in Deutschland. Ob Online-Shop, Banking-App oder Fahrkartenautomat: Viele digitale Angebote müssen jetzt barrierefrei sein. Ein riesiger Schritt für mehr digitale Teilhabe. Aber was heißt das konkret? Wer muss was umsetzen? Und warum betrifft uns das alle – auch wenn wir keine Behinderung haben?

Warum dieses Gesetz wichtig ist

In einer Welt, in der immer mehr über Smartphone, Laptop oder Touchscreen erledigt wird, ist eins klar: Wer digital nicht mitkommt, bleibt außen vor. Für Menschen mit Behinderungen ist das Alltag. Webseiten, die sich nicht per Tastatur bedienen lassen. Apps, die winzige Schriften nutzen. Automaten, die weder vorlesen noch einfache Sprache bieten. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz will genau das ändern.

Und das wurde Zeit. Schon 2019 hat die EU mit dem sogenannten European Accessibility Act den rechtlichen Rahmen gesetzt. Deutschland hat das Ganze jetzt in nationales Recht übersetzt – mit dem BFSG. Ziel: mehr Teilhabe, weniger digitale Hürden.

Handgesten und Mauscursor-Interaktionen

Was bedeutet Barrierefreiheit eigentlich?

Barrierefreiheit im digitalen Raum heißt: Jeder Mensch kann ein Angebot nutzen – unabhängig von Einschränkungen. Das betrifft zum Beispiel:

  • Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit
  • Menschen mit motorischen Einschränkungen
  • Ältere Menschen mit nachlassender Technik-Kompetenz
  • Menschen mit kognitiven oder sprachlichen Einschränkungen

Barrierefrei heißt also: klare Struktur, gute Kontraste, einfache Navigation, Bedienbarkeit per Tastatur, Vorlesefunktion, Untertitel – kurz: durchdachtes Design, das niemanden ausschließt.

Wer ist vom Gesetz betroffen?

Das Gesetz richtet sich vor allem an die Wirtschaft – also an Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher anbieten. Dazu gehören:

  • Online-Shops
  • Bankdienstleister
  • Mobilitätsanbieter (z. B. Bahnen, ÖPNV)
  • E-Book-Anbieter
  • Hersteller von Selbstbedienungsterminals wie Geldautomaten oder Ticketautomaten

Diese Anbieter müssen ihre digitalen Services jetzt so gestalten, dass sie den Anforderungen an Barrierefreiheit entsprechen – technisch, visuell und funktional.

Gilt das sofort – für alle?

Nein. Das BFSG sieht Übergangsfristen vor. Es gilt nur für neue Produkte und Angebote, die ab dem 28. Juni 2025 auf den Markt kommen. Alles, was vorher entwickelt oder verkauft wurde, ist erstmal außen vor. Das gilt auch für Webseiten oder Apps, die es schon länger gibt – sie müssen nicht nachträglich angepasst werden. Das sorgt für Kritik, denn damit bleiben viele bestehende Hürden bestehen.

Außerdem sind Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten von der Pflicht ausgenommen – auch das ist umstritten. Denn Barrierefreiheit ist heute oft mit geringem Aufwand umsetzbar, vor allem im Webbereich.

Was genau muss ich jetzt tun?

Wenn du zu den betroffenen Anbietern gehörst, solltest du dringend prüfen, ob dein digitales Angebot barrierefrei ist – oder es wird. Das bedeutet konkret:

  • Deine Webseite sollte sich mit der Tastatur steuern lassen
  • Bilder brauchen Alternativtexte („Alt-Tags“)
  • Videos benötigen Untertitel
  • Inhalte sollten auch für Screenreader zugänglich sein
  • Die Navigation muss logisch und verständlich aufgebaut sein
  • Texte sollten in klarer, einfacher Sprache formuliert sein

Hilfreich ist hier der Standard WCAG 2.1 (Web Content Accessibility Guidelines) – das ist quasi die Bibel der digitalen Barrierefreiheit. Die Umsetzung ist kein Hexenwerk, aber sie braucht Know-how und Sorgfalt.

Was passiert, wenn ich nichts tue?

Zunächst einmal: Es wird nicht automatisch abgemahnt, wenn dein Shop oder deine App nicht barrierefrei ist. Aber: Es gibt Beschwerdemöglichkeiten. Nutzerinnen und Nutzer können Verstöße melden – und die Behörden können dann handeln. Im schlimmsten Fall drohen Bußgelder.

Aber unabhängig von der rechtlichen Seite: Es geht hier um Verantwortung. Wenn du digitale Angebote machst, trägst du auch Verantwortung dafür, dass möglichst viele Menschen sie nutzen können – nicht nur die ohne Einschränkungen.

Und was bringt es allen anderen?

Barrierefreiheit nützt nicht nur Menschen mit Behinderungen. Auch ältere Nutzer, Menschen mit geringer Technik-Affinität oder schlicht gestresste User profitieren davon. Eine klare Struktur, verständliche Sprache, gute Kontraste – das hilft allen.

Und nicht zu vergessen: Suchmaschinen wie Google lieben barrierefreie Seiten. Wer sauber strukturiert, Texte klug betitelt und auf gute Lesbarkeit achtet, landet oft weiter oben im Ranking. Barrierefreiheit ist also auch ein Pluspunkt in Sachen SEO.

Fazit: Ein wichtiger Schritt, aber noch nicht das Ziel

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein echter Fortschritt. Es schafft verbindliche Regeln und erhöht den Druck auf Unternehmen, endlich für mehr digitale Teilhabe zu sorgen. Gleichzeitig bleibt Luft nach oben: Alte Angebote sind ausgenommen, kleine Unternehmen auch – das schmälert die Wirkung.

Trotzdem: Jetzt ist der perfekte Moment, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Nicht nur, weil das Gesetz es verlangt – sondern weil Barrierefreiheit fair, modern und zukunftsfähig ist. Wer heute barrierefrei denkt, denkt an morgen – und an alle.


Tipp: Du willst wissen, wie barrierefrei deine Seite ist? Tools wie WAVE, axe DevTools oder Google Lighthouse helfen dir beim Check. Fang am besten heute an – Barrieren abzubauen lohnt sich immer.


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